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Golfstaat braucht Reformen

Mit großen Ölreserven und lukrativen Rohstoffexporten hat Saudi-Arabien bisher auf großem Fuß gelebt. Am Mittwoch will der saudische König Salman vor der Schura-Versammlung, dem beratenden Gremium Saudi-Arabiens, eine Rede über die künftigen innen- und außenpolitischen Strategien des Landes halten. Denn die Golfmonarchie leidet nicht nur unter dem weiter fallenden Ölpreis.

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Erst am Montag hatte der Ölpreis einen neuen Tiefstand erreicht. Derzeit liegt der Preis für ein Fass Rohöl je nach Sorte zwischen 30 und 36 Dollar. Die Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC) und damit auch das Mitgliedsland Saudi-Arabien ist nicht ganz unbeteiligt am derzeitigen Ölpreis, weigert sich Riad doch, den Export zu drosseln. Vielmehr will das wahhabitische Königreich einen längeren Atem beweisen als die Schieferölproduzenten in den USA.

Wie lange Riad das selbst noch tragen kann, ist fraglich. Denn mit der erwarteten Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran, den größten Kontrahenten Saudi-Arabiens in der Region, kehrt kommendes Jahr eine Ölgroßmacht auf den Markt zurück. Mit dem schiitischen Iran kämpft Saudi-Arabien um den Führungsanspruch im Nahen Osten. Vor diesem Hintergrund ist auch die vor Kurzem von Riad initiierte Anti-Terror-Allianz im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu sehen.

Unsicherheitsfaktor Iran

Dieses Machtspiel könnte sich nun auch auf den wirtschaftlichen Bereich übertragen. Der Iran verfügt über die viertgrößten Öllreserven der Welt. Analysten rechnen für den Iran langfristig mit einer Förderung von rund 4,7 Millionen Barrel pro Tag. Unklar ist, wie viel Öl Teheran bereits jetzt in der Hinterhand hat und mit dem Auslaufen der Sanktionen mit einem Schlag auf den Markt bringen könnte. Ein solcher Schritt würde für erhebliche Turbulenzen sorgen.

Der Ölpreis sorgt schon jetzt für Schwierigkeiten in der Golfregion. Die Situation werde Auswirkungen auf Entwicklungsprojekte haben, heißt es etwa aus Katar. Doch Saudi-Arabien steht schlechter da als andere Ölproduzenten vom Golf. Vom Internationalen Währungsfonds (IWF) gibt es bereits eine Warnung für die Regierung in Riad: Sollte das Königreich seine Ausgabenpolitik wie bisher fortsetzen, könnte es sein Finanzvermögen innerhalb von fünf Jahren aufgebraucht haben.

Vermögenswerte um 90 Mrd. Dollar verkauft

Saudi-Arabien besaß zwar bisher üppige Währungsreserven in Höhe von fast 730 Mrd. Dollar (rund 670 Mrd. Euro). Doch Schätzungen zufolge schrumpften diese Reserven allein in diesem Jahr bereits um etwa 70 Milliarden Dollar. Der Staatshaushalt lebt zu 90 Prozent von den Öleinnahmen. Heuer droht laut IWF ein Haushaltsdefizit von über 21 Prozent des BIP, im kommenden Jahr von 19 Prozent. Laut IWF wurden in den vergangenen zwölf Monaten Vermögenswerte im Ausland im Umfang von 90 Mrd. Dollar verkauft. Das könne nicht über Jahre durchgehalten werden, so der IWF. Reformen seien dringend notwendig.

Denn bisher war Sparen in der Golfmonarchie kein Thema. Jahrelang wurde in milliardenschwere Großprojekte investiert. Seinen Beschäftigten gegenüber zeigte sich das Königreich durchaus spendabel. So gewährte etwa König Salman erst im Frühjahr den Staatsbediensteten bei Amtsantritt zwei Extragehälter. Dennoch zeigen sich in ersten Ansätzen die schwelenden sozialen Konflikte. Viele junge Saudis besitzen zwar einen Hochschulabschluss, finden aber keinen Arbeitsplatz, weil ausländische Arbeitskräfte günstiger sind. Schätzungen zufolge liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei rund 30 Prozent.

Sparstift ansetzen

In engem Kreis soll der saudische Vizekronprinz Mohammed bin Salman laut Reuters bereits Ende vergangener Woche drastische Wirtschaftsreformen vorgestellt haben. Geplant seien eine strengere Ausgabenpolitik und Privatisierungen von staatlichen Einrichtungen, auch die Einnahmen sollten breiter aufgestellt werden. So könnten etwa die Steuern auf Tabak erhöht werden. Neue gemeinnützige Organisationen sollen zunehmend Aufgaben etwa im Gesundheits- und Bildungsbereich übernehmen. Auch das System der Wasser- und Stromsubventionen soll laut Mohammed bin Salman so geändert werden, dass künftig nur noch mittlere und untere Einkommensschichten davon profitieren.

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