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Partei zerbröselt

„Bunga-Bunga“ ist für Silvio Berlusconi abgehakt. Im „Ruby“-Prozess um Sexpartys mit minderjährigen Prostituierten gab es für den langjährigen italienischen Regierungschef 2015 einen endgültigen Freispruch. „Jetzt bin ich wieder im Spiel“, verkündete der „Cavaliere“ nach dem Urteil des höchsten Gerichts im März.

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Doch in der italienischen Politik wieder groß mitzumischen scheint dem 79-jährigen Medienzaren nicht zu gelingen. Ohnehin darf Berlusconi bis 2019 keine öffentlichen Ämter übernehmen. Aber auch als Chef der Forza Italia kann er nicht mehr so viel ausrichten. Denn seine Partei schwächelt. In Umfragen dümpelt sie bei elf Prozent.

Forza Italia kündigt Mitarbeiter

Die rechtskonservative Partei kündigte insgesamt 81 Mitarbeiter an den Parteisitzen in Rom und Mailand. Die Partei könne nicht mehr für die Personalkosten aufkommen, hieß es. Nur noch Freiwillige sollen künftig für die Gruppierung arbeiten, berichtete die Tageszeitung „La Stampa“ am Mittwoch.

Die politisch angeschlagene Forza Italia spürt vor allem die Folgen der starken Kürzungen der staatlichen Parteienfinanzierung in Italien. Die Partei musste daher bereits auf ihren repräsentativen Hauptsitz in einem Palast im Zentrum von Rom verzichten und in ein bescheideneres Gebäude ziehen. Nun muss die Gruppierung den Gürtel noch enger schnallen.

Vertraute verlassen das sinkende Schiff

Laut den 2014 in Kraft getretenen Regeln für die Parteienfinanzierung sollen private Finanzierungsformen für politische Gruppierungen gefördert und die staatlichen Beiträge stufenweise reduziert werden. Die 91 Millionen Euro, die die Parteien noch 2013 erhalten hatten, wurden 2015 um 50 Prozent reduziert, im kommenden Jahr sollen sie um 75 Prozent gegenüber 2013 gekürzt werden.

Künftig sollen die politischen Parteien in Italien überhaupt nicht mehr direkt vom Staat und unabhängig vom Willen der Bürger finanziell unterstützt werden. Sie erhalten zwar weiterhin Steuergelder, wenn die Steuerzahler zustimmen, einen gewissen Prozentsatz ihrer zu entrichtenden Einkommensteuer einer Partei zukommen zu lassen.

Berlusconis Forza Italia, die bisher hauptsächlich von den Finanzierungen aus den Kassen des Unternehmens des Medienmoguls über Wasser gehalten wurde, schreibt Verluste in Millionenhöhe. Abtrünnige um seinen alten Freund Denis Verdini haben Berlusconi verlassen und im Sommer eine eigene Fraktion gründete, die den Ministerpräsidenten Matteo Renzi unterstützt.

Mehrfachpremier im Ausgedinge

Bei einer gemeinsamen Massenkundgebung der Forza Italia mit der rechtspopulistischen Lega Nord in Bologna wurde Berlusconi im November ausgepfiffen. Lega-Chef Matteo Salvini, mit 42 Jahren etwa halb so alt wie er, machte dabei deutlich, wer Koch und wer Kellner ist im Mitte-rechts-Lager Italiens. In einer künftigen Allianz würde der Mann, der Italien 1994-95, 2001-2006 und 2008-2011 regierte und eine ganze Ära prägte, nur noch die zweite Geige spielen.

2015 hatte schon schlecht begonnen für Berlusconi, der 2014 anfangs die Reformpolitik des neuen Ministerpräsidenten Renzi unterstützt hatte. Renzi setzte im Jänner als Staatspräsident den Verfassungsrichter Sergio Mattarella durch, einen Mann, den Berlusconi partout nicht auf diesem Posten haben wollte. Das Verhältnis zu Renzi ist seither abgekühlt.

Nach Altersheim Besuch bei Putin

Seit April kann sich Berlusconi wieder frei bewegen. Da hatte er eine Strafe wegen Steuerbetrugs verbüßt, die von vier Jahren Haft auf zehneinhalb Monate Sozialdienst in einem Altersheim reduziert worden war. Er nutzt seine neue Freiheit für Reisen, besuchte seinen Freund Wladimir Putin auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und gab an der Seite des Kreml-Chefs Kommentare zur Weltlage ab, die daheim kaum noch einer hören wollte.

In einem Korruptionsverfahren um die Bestechung eines früheren linken Senators wurde Berlusconi im Juli zu einer Haftstrafe verurteilt, die er aber wohl nie wird antreten müssen. Einen Monat zuvor urteilte ein Gericht zu seinen Gunsten: Seiner Ex-Frau Veronica Lario (59) muss Berlusconi, der mit der 30-jährigen Francesca Pascale verlobt ist, statt der verlangten mehr als drei Millionen nur 1,4 Millionen Euro Unterhalt zahlen - im Monat.

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