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Umsetzung wird eingemahnt

Vorsichtig erfreut haben heimische Umweltsprecher und Umweltschutzorganisationen auf das in Paris beschlossene Abkommen reagiert. Als „historisches Abkommen an einem historischen Tag“ bezeichnete Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) das Resultat. NGOs zeigen sich erfreut, warnen aber vor zu viel Euphorie.

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„Das Ende des fossilen Zeitalters ist eingeläutet, und die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft, unserer Energie- und Mobilitätssysteme ist somit gestartet“, sagte der Minister. Der 12. Dezember 2015 ist „ein guter Tag für die Welt, ein guter Tag für Europa und vor allem ist es ein guter Tag für die Kinder“, zeigte sich Rupprechter erfreut.

„Klares Signal“

Er gratulierte Frankreich zu dem Ergebnis: „Am Klimaschutz führt mit dem heutigen Tag kein Weg mehr vorbei“, kommentierte der Umweltminister das Abkommen. „Es ist auch ein klares Signal an Investoren, an die Wirtschaft, an die Politiker, aber auch an jeden Einzelnen bei seinen täglichen Entscheidungen.“

Eines zeigten die Verhandlungen noch - nämlich, „dass die EU, wenn sie geschlossen ist, etwas weiter bringen kann. Die Einigkeit macht uns stark, das hat man in Paris gesehen“. Nun sei klar zu sagen, „es ist nicht das Ende der Verhandlungen, jetzt geht es um das Umsetzen. Wir brauchen eine Dekarbonisierungsstrategie und einen völligen Ausstieg aus den Fossilen bis zur Mitte des Jahrhunderts.“

Faymann: Ausstieg aus fossiler Energie „unumstritten“

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte sich am Sonntag „erfreut“ über die Einigung in Paris. Unumstritten sei nun auch die Zielsetzung, aus der Nutzung fossiler Energieträger auszusteigen. Das hatte Faymann bereits bei der Eröffnung der COP21-Konferenz vor zwei Wochen als wichtiges Signal gefordert. „Österreich hält weiterhin an dem ehrgeizigen Ziel fest, den Anteil der erneuerbaren Energie bei der Stromproduktion bis zum Jahr 2030 auf 100 Prozent zu steigern“, bekräftigte der Bundeskanzler.

Faymanns Parteikollege und SPÖ-Umweltsprecher Hannes Weninger bezeichnete den Beschluss als „Jahrhundertchance“. „Der Klimawandel hat ein neues Bewusstsein dafür geschaffen, Ressourcen zu schonen, nicht weiter auf Kosten anderer zu leben und die Lebensqualität global zu bewerten“, sagte Weninger. Das Ziel, den Anstieg der Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius zu bringen, die Energieproduktion weltweit in Richtung erneuerbarer Energie umzubauen und die ärmsten Staaten auf diesem Weg massiv zu unterstützen, bezeichnete Weninger als „Win-win-Situation“ für die gesamte Menschheit.

Mitterlehner: Österreich „gut aufgestellt“

Der Weltklimavertrag sei „ein starkes Signal“ und „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“. Das betonte Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). „Globaler Klimaschutz hat jetzt eine breite Beteiligung, die aber erst noch mit Leben erfüllt werden muss.“ Alle Länder seien gefordert, konkrete Klimaschutzmaßnahmen im Sinne des Abkommens zu setzen. „Österreich hat im internationalen Vergleich ein besonders nachhaltig ausgerichtetes Energiesystem und ist daher für die künftigen Herausforderungen gut aufgestellt“, sagte Mitterlehner.

Grüne „erleichtert und froh“

„Wir können die österreichische Klima- und Energiepolitik auf völlig neue Beine stellen“, meinte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. „Wir brauchen daher einen konkreten Plan der Entscheidungsträger, wie wir diese Ziele umsetzen können.“ „Erleichtert und froh“ ist auch Christiane Brunner, die Umweltsprecherin der Grünen. Die Annahme des Klimaschutzabkommen sei für sie ein besonderer Moment, der „ein Auftrag ist, die Welt umzugestalten“, sagte sie der APA.

Das sei Rückenwind für ihre weitere Arbeit, sagte die Umweltsprecherin, denn die Botschaft des historischen Vertrags sei klar: „Raus aus der fossilen Energie und hin zu den Erneuerbaren.“ Brunner kündigte erneut an, dass sie ab Montag die österreichische Bundesregierung in die Verantwortung nehmen will. „Denn im Text steht, dass jedes Land Verantwortung trägt und so viel tun soll, wie es kann.“

Auch NEOS und TS erfreut

NEOS-Chef Matthias Strolz fand es erfreulich, dass sich immerhin 195 Staaten auf einen Klimakompromiss einigen haben können. Das sei „ein Riesenschritt nach vorne“, meinte er in der ORF-„Pressestunde“. Denn: „Wir haben keinen zweiten Planeten, wir können nicht auswandern.“

Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar meinte: „Die Weltgemeinschaft hat es geschafft, eine Einigung zu erzielen, auch wenn es sich hier nur um eine Absichtserklärung handelt.“ Es bleibe zu hoffen, dass nun „auch Taten folgen und alle ihre Hausaufgaben machen“. Auch Österreich sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen, „genug zu tun gäbe es ja, vor allem bei den Emissionen“, sagte Lugar.

WWF: Fortschritt, aber noch kein Durchbruch

Für den WWF war das beschlossene Abkommen „ein großer Fortschritt für die Menschheit, aber noch nicht der finale Durchbruch“. Das Abkommen würde erstmals alle Staaten in die Klimaschutzpflicht nehmen und sende auch ein klares Zeichen, dass Waldschutz unerlässlich ist, um die globale Temperaturerwärmung unter der kritischen 1,5-Grad-Schwelle zu halten. Alle Länder seien nun aufgefordert, sofortige Maßnahmen zur Reduktion ihrer Treibhausgase und zum Waldschutz sowie zum nachhaltigen Landmanagement einzuleiten.

„Das Glas ist jetzt nicht mehr leer, sondern endlich halb voll. Es ist nun der Rahmen gesetzt, die wissenschaftlichen Grundlagen sind anerkannt und die Methoden für effektiven Klimaschutz sind beschlossen. Damit sind die Schienen in Richtung Ausstieg aus den fossilen Energien und für den Schutz der Wälder gelegt“, sagte WWF-Energiereferent Karl Schellmann.

Greenpeace will raschere Umsetzung

Aus Sicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace ist das Abkommen zwar ein historischer Schritt, greift aber noch nicht weit genug, um den Klimawandel einzudämmen. Kritisiert wird die späte Umsetzung. „Das wäre so, als ob man sich jetzt dazu entscheidet, die Stromkosten zu senken, aber erst in einem Jahr das brennende Licht in der Wohnung abdreht“, sagte Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace in Österreich. „Ein guter Ansatz, doch an der Umsetzung hakt es noch.“

Trotz der zeitlichen Verzögerung bedeutete dieses Ziel ein absehbares Ende von Kohle, Öl und Gas. Das Ende der fossilen Ära sei eingeläutet. Allerdings müsse auch Österreich eine verbindliche Klimafinanzierungszusage für den Zeitraum nach 2020 auf den Tisch legen.

Industrie warnt vor Vorpreschen der EU

Für die Industriellenvereinigung (IV) ist das Abkommen „insgesamt ein wichtiger Schritt“, es sei aber nicht ausreichend für einen alle Staaten umfassenden wirksamen Klimaschutz. IV-Präsident Georg Kapsch vermisst etwa die Klärung der Frage nach fairen Wettbewerbsbedingungen. Er warnt vor einem „weiteren klimapolitischen Alleingang“ und damit der „schleichenden Demontage des Industrie- und Arbeitsstandortes Europa“. Einzelne Staaten wie etwa die USA und China hätten sich in Paris mit Verweis auf innerstaatliche Rahmenbedingungen quergelegt.

Kritische Töne kamen von der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission. Obwohl mit dem Abkommen ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz erreicht worden sei, „bleibt globale Klimagerechtigkeit für gefährdete Bevölkerungsgruppen noch weitgehend unerreicht“, sagte Geschäftsführer Heinz Hödl. Es sei ein „Erfolg ohne Fairness für die Ärmsten“ erzielt worden. Das Abkommen sei aber „nicht ausreichend, um Klimagerechtigkeit sicherzustellen“.

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