Gemeinsames Erleben zählt
Gemeinsam spielen erfreut sich steigender Beliebtheit - auch im analogen Bereich. Trotz der Konkurrenz durch Videospiele und zum Teil auch gerade mit ihrer Hilfe steigt die Nachfrage bei Brett- und Kartenspielen in Österreich konstant. Renner sind weiterhin Party- und Quizspiele. Viele der neuen Spiele haben allerdings nur ein kurzes Leben.
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Heuer legte alleine der Brettspielmarkt im deutschsprachigen Raum bereits um acht Prozent zu, so der heimische Spielehersteller Piatnik gegenüber ORF.at. In den USA und Großbritannien stieg die Nachfrage nach nicht elektronischen Spielen in den vergangenen Jahren teilweise im zweistelligen Bereich - vor allem dank der starken Nachfrage nach Strategiespielen, die derzeit als besonders kreativitäts- und kommunikationssteigernd gelten.
Kommunikation beim Spielen wichtig
Laut heimischen Experten liegen derzeit kooperative und kommunikative Spiele im Trend, bei denen anhand des Verhaltens der Mitspieler der nächste Spielzug abgeschätzt wird. Partyspiele, Quizspiele und Strategiespiele sind laut Piatnik ebenfalls sehr beliebt, wobei der Hersteller im heurigen Weihnachtsgeschäft auch stark auf Genussspiele rund um die Themen Essen und Trinken setzt.
Strategiespiele, die mehr Zeit zum Erlernen brauchten, seien die Königsklasse der Spiele und würden auch in Österreich immer mehr Anhänger finden, meint Ferdinand de Cassan, Veranstalter des jährlichen Spielefestes in Wien. Sie würden als Kennerspiele gelten, die viel Freude beim Spielen bringen würden. Schachartige Spiele, bei den sich Denker schweigend gegenübersitzen, hätten mittlerweile hingegen ihren Reiz verloren.

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Strategiespiele gelten als Königsklasse der Spiele
Das Spielen beschränkt sich nicht mehr nur auf den heimatlichen Wohnzimmertisch, immer öfter bilden sich auch größere Spielerrunden, etwa in dezidierten Spielercafes. Ein Spieleabend sei mittlerweile selbstverständlich und werde spontan einberufen, meint De Cassan, mittlerweile würden auch alle Altersklassen spielen. Früher hätten gerade Senioren nur Spiele aus ihrer Jugend gespielt - und da habe es nur wenige gegeben.
Tausende Neuvorstellungen jedes Jahr
Jedes Jahr kommen inklusive Neuauflagen, Sammlungen und Kleinauflagen zwei- bis dreitausend neue Brettspiele auf den deutschsprachigen Markt, wobei der Unterschied zwischen Brett- und Kartenspielen etwa bei Quiz- und Partyspielen fließend ist. Nur wenige Neuvorstellungen halten sich wie Monopoly und Activity auch länger, die meisten Spiele verschwinden nach ein paar Jahren vom Markt und in der Versenkung.
Piatnik allein bekommt etwa jährlich 1.000 neue Ideen für neue Spiele angeboten. Diese kommen einerseits von den Autoren selbst, aber auch von darauf spezialisierten Agenturen wie etwa der heimischen White Castle. Piatnik entwickelt auch selbst Spiele, die wie die von externen Autoren angebotenen von Piatnik selbst ausführlich getestet werden.
Masse statt Klasse bei Spielen
Ein Grund für die Kurzlebigkeit ist laut White Castle, die unter anderem für Hasbro tätig ist, dass Kunden und Handel einerseits nach immer neuen Produkten verlangen. Vielen Spielen würde andererseits aber auch gar nicht die Zeit eingeräumt, genügend Fans anzusprechen, weil Regalplatz teuer sei und sie meist schon nach einer Saison von den Geschäften wieder ausgemustert werden.

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Bewährte Spielprinzipien werden oft in neuen, aktualisierten Versionen auf den Markt gebracht
Einen Spieleerfolg im Vorhinein sofort erkennen könne niemand, meint Anita Landgraf von White Castle, auch wenn man oft schon erkenne, wenn ein besonderes Spiele vorliege. Aber selbst dann könne noch immer jede Menge schiefgehen und das Spiel wieder schnell vom Markt verschwinden. Daher würden viele Verlage eben die Strategie fahren, möglichst viele Spiele auf den Markt zu bringen, um so die Wahrscheinlichkeit auf einen Dauerbrenner zu erhöhen.
Einfache Regeln als Erfolgsfaktor
Hilfreich beim Erfolg in der breiten Masse sind laut den Spielexperten einfache Regeln. Dabei gelte die Herausforderung, ein Spiel zu schaffen, das sich von bereits bestehenden Spielen abhebt. Mitunter werde ein bewährtes Spielekonzept mit neueren Mitteln einfach neu aufgelegt, beschreibt De Cassan. Die Gruppe der Vielspieler habe höhere Ansprüche, vor allem bei Neuartigkeit und Wiederspielreiz.
Es gebe viele Kriterien für ein gutes Spiel, die auch davon abhängen, welche Zielgruppe man ansprechen wolle, so Landgraf. Am Ende müsste ein gutes Spiel aber einfach Spaß machen, herausfordernd und auch nach mehreren Partien noch interessant sein. Im Idealfall würden beim Spielen Geschichten geschrieben, an die man sich auch außerhalb des Spiels immer wieder erinnert.
Videospiele helfen - und umgekehrt
Videospiele, vor allem auf Handys, werden mittlerweile nicht als Bedrohung sondern als Erweiterung und Zusatzangebot angesehen. App-Versionen bekannter Spiele würden oft den Absatz von Brett- und Kartenspielen steigern, schreibt der „Economist“. Das Internet hilft den analogen Spielen ebenfalls: Spielebegeisterte organisieren ihre Treffen über das Internet, Designer versuchen ihre Idee über Onlineplattformen zu finanzieren.

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Viele analoge Spiele werden durch digitale Zusatzgeräte erweitert
Viele Spieledesigner integrieren Handys oder Computer zudem in ihre physischen Brettspiele. Bei Ravensburger etwa machen derartige Hybridspiele, bei denen Smartphones fix ins Spielegeschehen integriert sind, bereits 30 Prozent des Umsatzes aus, schreibt „Neon“. Videospiele und anologe Spiele könnten sich durchaus gegenseitig befruchten, sagen auch Spielevermittlerin Landgraf und De Cassan.
Nadja Igler, ORF.at
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