Swoboda: Österreich verkennt Bedeutung
Der 2014 aus dem EU-Parlament ausgeschiedene Hannes Swoboda (SPÖ) ist überzeugt, dass die Bedeutung, die das EU-Parlament hat, von der heimischen Innenpolitik noch immer verkannt wird. Die Rolle der 751 europäischen Abgeordneten sei in der nationalen Politik „sicher noch nicht angekommen“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Grund seien mehrere Faktoren, nicht zuletzt ein „gewisser Neid der nationalen Abgeordneten auf EU-Parlamentarier“, so der langjährige EU-Parlamentarier, der von 2012 bis 2014 Chef der zweitgrößten Fraktion des Parlaments war, in einem Telefoninterview mit ORF.at.
Die österreichische Politik unternehme zu wenig, um die Rolle des EU-Parlaments hervorzustreichen. Vor allem eine andere Auswahl der Kandidaten sei nötig, so Swoboda. Diese sollte etwa ein Jahr vor der Wahl beginnen. Man könne eine parteiinterne Direktwahl überlegen. Zumindest aber sollten Kandidaten parteiinterne Anhörungen in den Bundesländern machen müssen, in denen sie darlegen, warum sie ins Europäische Parlament wollen und was ihre Agenda ist.
Zugzwang auf nationaler Ebene
Er habe das auch in seiner noch aktiven Zeit mehrmals vorgeschlagen, sei aber nie durchgedrungen. Das, so Swoboda, habe wohl auch damit zu tun, dass die Parteien dann auch auf nationaler Ebene unter Zugzwang gerieten - für Nationalratskandidaten gibt es in den meisten Parteien auch keine transparenten Verfahren oder Urwahlen.
Dazu komme, dass der Parlamentarismus in Österreich generell „keinen sehr hohen Stellenwert“ habe. Das habe sich etwas geändert, weil SPÖ und ÖVP keine Zweidrittelmehrheit mehr hätten. Das sei aber „aus der Not und nicht aus der Tugend heraus“ geschehen.
Gebranntes Kind
Swoboda ist ein gebranntes Kind: Der damalige SPÖ-Parteichef und Kanzler Viktor Klima hatte nicht Swoboda, sondern den parteilosen Quereinsteiger Hans-Peter Martin 1999 gegen Swobodas Willen zum Spitzenkandidaten für die Europawahl gemacht. Als die SPÖ-Delegation dann Swoboda und nicht Martin zu ihrem Leiter wählte, wurde Martin zum parteilosen EU-Abgeordneten.
„Ein Grenzfall“
Dass die proeuropäischen Fraktionen im EU-Parlament de facto verhindern, dass die rechten Fraktionen ENF (mit Front National und FPÖ) und EFD (mit der britischen UKIP) wichtige Funktionen im EU-Parlament wie einen Ausschussvorsitz bekommen, ist für Swoboda zwar „ein Grenzfall“, aber letztlich verständlich. Als Leiter einer parlamentarischen Delegation oder als Ausschussvorsitzender habe man etwa auch im Ausland eine stark repräsentative Funktion. Wenn jemand aber „Europa zerstören will“, könne man demjenigen schwer verantwortliche Funktionen geben.
Auf Nachfrage, ob die ENF nicht einfach für ein anderes Europa eintrete, betonte Swoboda, dass diese Fraktion für ein „schwammiges Europa“ eintrete, das in der Grundkonstruktion anders wäre.
Guido Tiefenthaler, ORF.at, aus Brüssel
Links: