Tausende Jobs gestrichen
Die Deutsche Bank hat am Donnerstag einen Kahlschlag angekündigt. Die neue „Strategie 2020“ werde konzernweit rund 15.000 Stellen kosten. Das gab der neue Chef John Cryan am Donnerstag in Frankfurt bekannt. Zudem will sich der deutsche Branchenprimus aus mehreren Ländern komplett zurückziehen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Konkret setzt die Deutsche Bank einen Schlussstrich unter ihr Auslandsgeschäft in zehn Ländern. Argentinien, Chile, Mexiko, Peru, Uruguay, Dänemark, Finnland, Norwegen, Malta und Neuseeland werden demnach in Zukunft nicht mehr zum Tätigkeitsgebiet des größten deutschen Bankhauses zählen. Im europäischen Ausland soll das Privatkundengeschäft erhalten bleiben, Filialschließungen wird es aber geben.
Harter Sparkurs
Mit der „Strategie 2020“ fallen außerdem Tausende Stellen weg. Im eigenen Haus werden unter dem Strich 9.000 Arbeitsplätze abgebaut, 4.000 davon im Heimatmarkt Deutschland. Welche Geschäftsbereiche von den Stellenstreichungen betroffen sind, blieb offen. 6.000 Stellen fallen bei externen Dienstleistern, etwa in der IT, weg. Die Bank werde den Arbeitsplatzabbau „auf faire Art und Weise“ zusammen mit den Betriebsräten vornehmen, versicherte Cryan.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di pochte am Donnerstag hingegen darauf, dass die Deutsche Bank „für die Dauer des Umbaus betriebsbedingte Kündigungen“ ausschließe. Arbeitsplatzsicherheit sei eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Bank. Auch Konzernbetriebsratschef Alfred Herling bezeichnete die Fokussierung auf Personalabbau und Filialschließung als das „falsche Signal“. Damit dränge sich der „Eindruck auf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun die Suppe auslöffeln müssen, die ihnen das Topmanagement früherer Jahre mit Schadenersatzzahlungen und Abschreibungen in schwindelerregender Höhe eingebrockt hat“.
Filialschließungen stehen bevor
Erheblich schrumpfen wird die Belegschaft des DAX-Konzerns zusätzlich über den Verkauf von Beteiligungen - vor allem durch die ebenfalls bereits im April beschlossene Trennung von der Postbank. Das verringert den Mitarbeiterstamm in den nächsten zwei Jahren um weitere etwa 20.000 Vollzeitkräfte. Insgesamt wird der Mitarbeiterstamm des Deutsche-Bank-Konzerns somit bis 2018 um ein Viertel auf etwa 77.000 Vollzeitkräfte schrumpfen.
Neben dem intensiven Stellenabbau stehen der Bank zahlreiche Schließungen bevor. Allein in Deutschland will die Deutsche Bank mehr als 200 Filialen schließen. In „urbanen Ballungszentren“ sollen Niederlassungen zusammengelegt oder geschlossen werden, erläuterte der für das Privatkundengeschäft zuständige Vorstand Christian Sewing. „In der Fläche wollen wir präsent bleiben.“ 500 Filialen sollen in Deutschland bleiben.
Deutsche Bank soll „disziplinierter“ werden
Die Deutsche Bank wolle durch die Maßnahmen „einfacher und effizienter“ werden, begründete Cryan die Maßnahmen bei seiner ersten Pressekonferenz seit seinem Amtsantritt Anfang Juli.
Zudem sollten die Risiken verringert und die Kapitalausstattung verbessert werden. Die Führung der Deutschen Bank solle „disziplinierter und zielgerichteter“ werden, kündigte Cryan an. Dafür brauche man einen harten Sparkurs. „Dies ist nie eine einfache Aufgabe und wir tun dies auch nicht leichten Herzens“, sagte der Bankchef.
Investmentbanking wird zurückgefahren
Im Investmentbanking etwa wolle sich die Bank von der Hälfte der Kunden trennen. Den Rückzug aus dem Investmentbanking in Russland hatte Cryan nach einem mutmaßlichen Geldwäscheskandal schon vorgezogen. Die Deutsche Bank mache in der Sparte ohnehin 80 Prozent der Erträge mit knapp einem Drittel der Kunden.
„Das Zurückfahren des Geschäfts wird Erträge kosten“, räumte Cryan ein. Gleichzeitig sollen damit aber die Risiken in der Bilanz um ein Viertel zurückgehen, die die Bank mit teurem Eigenkapital unterlegen muss. Cryans Vorgänger Anshu Jain hatte sich hier keine so starken Einschnitte zugetraut.
Keine Dividende
Cryan will damit eine erneute Kapitalerhöhung vermeiden und das Kapitalpolster trotzdem auf 12,5 Prozent schrauben - „damit wir nicht mehr den Erwartungen von Regulatoren und den Märkten hinterherlaufen“, wie der Bankchef sagte. Bisher liegt die harte Kernkapitalquote bei 11,5 Prozent, Jain hatte mittelfristig elf Prozent für ausreichend gehalten. Die Aktionäre der Deutschen Bank müssen dazu für dieses und das nächste Jahr auf eine Dividende verzichten. Das spart allein zwei Mrd. Euro. Für die Bank ist es eine Zäsur: Zuletzt hatte das Institut 1934 die Ausschüttung gestrichen.
An Jains Ziel einer Eigenkapitalrendite von mindestens zehn Prozent nach Steuern hält Cryan fest - 2018 soll es erreicht sein. Kritikern versuchte der neue Chef den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Unsere Ziele mögen zwar weniger spektakulär sein als in der Vergangenheit, aber dafür soll die Deutsche Bank nachhaltige Gewinne erzielen.“ 2018 werde ein „entscheidendes Jahr“, prognostizierte der Bankchef. 2016 und 2017 würden dagegen „keine starken Jahre“.
IT als Sorgenkind
Bauchschmerzen bereitet Cryan die IT der Bank. Es sei „beunruhigend“, dass sich 35 Prozent der Hardware am „Ende des Lebenszyklus befindet“ oder „bereits darüber hinaus“. Zudem sei die IT-Infrastruktur zu 80 Prozent ausgelagert. Es gebe Tausende Applikationen, aber kaum gemeinsame Standards, weshalb die Systeme nicht zusammenarbeiten würden. Das will Cryan ändern. Bis 2020 solle die Hard- und Software auf dem „neusten digitalen Stand“ sein. Dafür will die Bank pro Jahr rund 800 Millionen Euro investieren, mit Start-ups zusammenarbeiten und ein eigenes Innovationszentrum aufbauen.
Alte und neue Skandale
Im dritten Quartal hielten alte und neue Skandale die Bank weiter auf Trab. Für die Aufarbeitung der juristischen Altlasten hat sie inzwischen 4,8 Mrd. Euro zur Seite gelegt, seit Juli mussten neue Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten über 1,2 Mrd. Euro gebildet werden. Das trug zum Rekordverlust von sechs Mrd. Euro bei. „Ein absolut enttäuschendes Ergebnis“, kommentierte Cryan.
Der Löwenanteil davon geht auf Aufräumarbeiten in der Bilanz zurück, die er bereits in Angriff genommen hat. Die Bank schreibt 5,8 Mrd. Euro ab, vor allem auf die Postbank und das Investmentbanking, das längst nicht mehr so lukrativ ist wie vor der Finanzkrise. Der ehemalige UBS-Finanzvorstand Cryan hatte am 1. Juli Jain an der Führungsspitze der Bank abgelöst. Der zweite Kochef Jürgen Fitschen bleibt noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 im Amt, ehe der Brite alleine das Ruder übernimmt.
Link: