Vorwurf der Marktmanipulation
Vor dem Landgericht im deutschen Stuttgart hat am Donnerstag ein Prozess gegen den früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinen damaligen Finanzvorstand Holger Härter begonnen. Den beiden wird Marktmanipulation vorgeworfen - sie sollen 2008 verschleiert haben, beim Branchenriesen VW eine Dreiviertelmehrheit von Porsche anzustreben.
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Der Plan scheiterte, VW drehte den Spieß um und machte den hoch verschuldeten Sportwagenbauer Porsche zu seiner Firmentochter. Die Verteidiger von Wiedeking und Härter weisen alle Vorwürfe gegen ihre Mandanten zurück. „Ich bin unschuldig“, betonte der 63-jährige Wiedeking unmittelbar vor dem Prozessauftakt. „Den gegen mich erhobenen Vorwürfen trete ich entschieden entgegen.“
„Unterstellte Nähe zu Piech schmerzt mich“
Er weise die Unterstellung der Staatsanwaltschaft zurück, er habe gemeinsame Sache mit dem früheren Firmenpatriarchen Ferdinand Piech gemacht und Anleger bewusst getäuscht, sagte Wiedeking vor Gericht. Piech sei einmal zitiert worden, er lasse sich sein Lebenswerk bei VW und Audi nicht von einem angestellten Manager ruinieren. „Die Staatsanwaltschaft hält es für ernsthaft möglich, dass ich mich trotz seiner öffentlich geäußerten Haltung mit Ferdinand Piech verschworen haben soll“, sagte Wiedeking. „Die mir unterstellte Nähe zu Ferdinand Piech, ich betonte das ausdrücklich, schmerzt mich richtig.“
Der Porsche-Enkel und Miteigner des Familienimperiums habe sich im Ringen um den Einfluss Porsches auf den viel größeren VW-Konzern 2008 lange gesträubt, schilderte Wiedeking weiter. Piech habe die eigene Familie im Unklaren gelassen, Wiedeking Knüppel zwischen die Beine geworfen und dann plötzlich seine Meinung geändert. Piech war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Sollten die beiden Topmanager wegen Marktmanipulation verurteilt werden, droht ihnen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Das gilt aber als unwahrscheinlich. Nach Einschätzung von Juristen wäre allenfalls eine Geldstrafe möglich.
Signalwirkung für Zivilverfahren
Dem Prozess wird eine Signalwirkung zugerechnet: Separat zum Strafprozess laufen in Niedersachsen eine Reihe von Zivilverfahren, in denen Anleger auf insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro Schadenersatz klagen. Durch hohe Schwankungen beim VW-Börsenkurs 2008 hatten sie schwere Verluste hinnehmen müssen. Die intransparente Kommunikation von Wiedeking und Härter hat aus Sicht der Zivilkläger diese Verluste mitverschuldet.
Porsches Übernahmeplan war auch wegen der Entwicklungen auf den Finanzmärkten und der hohen Schuldenlast des Sportwagenbauers gescheitert. Am Ende brachte es die Porsche-Holding nur auf 51 Prozent und musste das operative Geschäft der Porsche AG an VW verkaufen.
Porsche durch Neuaufstellung saniert
Wiedeking war in der Autobranche lange Zeit eine Art Lichtgestalt. Als der Maschinenbauer 1992 an die Spitze des Sportwagenherstellers Porsche berufen wurde, liefen die Geschäfte nicht so gut. Der gebürtige Westfale schaffte es, Überkapazitäten in der Produktion sowie im Personalbereich am Stammsitz Stuttgart-Zuffenhausen abzubauen und Porsche zum profitabelsten Autokonzern der Welt zu machen.
Der heute 63-Jährige wurde der bestverdienende angestellte Manager Deutschlands. Medienberichten zufolge soll er im Geschäftsjahr 2007/08 100,6 Mio. Euro für seine Tätigkeit bei Porsche eingestrichen haben. 2009 musste Wiedeking nach der verlorenen Übernahmeschlacht mit VW seinen Chefsessel räumen.
Eine Rückkehr in die Chefetage eines großen Konzerns hat Wiedeking nach seinem Porsche-Abgang ausgeschlossen. Sein Vermögen hat Wiedeking auch in zahlreiche Firmen investiert, etwa in die Restaurantkette Tialini, in mehrere Internetreiseportale und einen Schuhhersteller. Seine Frau und er sind seit Schulzeiten ein Paar, die beiden haben zwei Kinder.
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