Aufregung über Netanjahu-Bemerkung zu Holocaust

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Israels Premier Benjamin Netanjahu hat eine Kontroverse mit der Bemerkung ausgelöst, der frühere Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, habe Adolf Hitler zur Ermordung der europäischen Juden angestiftet.

Es sei „ein trauriger Tag“, wenn der israelische Regierungschef „den übelsten Kriegsverbrecher der Geschichte, Adolf Hitler“, von der Judenermordung entlaste, nur weil Netanjahu seine Nachbarn, die Palästinenser, hasse, sagte der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsbewegung (PLO), Saeb Erekat.

Rivlin: Hitler brachte unendliches Leid

Die Leiterin der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, Dina Porat, sagte, es sei nicht Husseini gewesen, „der Hitler auf die Idee der Ermordung der Juden brachte“.

Auch Israels Präsident Reuven Rivlin äußerte sich. Husseini und Hitler hätten einander getroffen, ob es einen kausalen Zusammenhang gebe, könne er aber nicht beurteilen, sagte Rivlin heute bei einem Besuch in Prag. „Hitler ist derjenige, der unendliches Leid über unsere Nation gebracht hat“, betonte der Präsident.

Deutschland bekennt sich zu Verantwortung

Die deutsche Regierung bekannte sich zur deutschen Verantwortung für den Holocaust und widersprach damit indirekt Netanjahu. „Wir wissen um die ureigene deutsche Verantwortung an diesem Menschheitsverbrechen. Ich sehe keinen Grund, dass wir unser Geschichtsbild in irgendeiner Weise ändern“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Seibert wollte in Berlin auf Nachfrage von Journalisten nicht auf die Netanjahu-Äußerung eingehen. Er betonte aber, dass die Deutschen die Entstehungsgeschichte des mörderischen Rassenwahns der Nationalsozialisten selbst sehr genau kennen.

Rede vor Zionistischem Weltkongress

Netanjahu machte seine Bemerkungen gestern bei einer Rede vor dem Zionistischen Weltkongress. Hitler habe die Juden „damals nicht auslöschen wollen“. „Er wollte sie ausweisen“, sagte Netanjahu. Husseini habe bei einem Treffen mit Hitler dann gesagt, wenn die Juden aus Europa ausgewiesen würden, dann kämen sie „alle hierhin“ - in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Auf die Frage Hitlers, was er mit den Juden machen solle, habe der Großmufti geantwortet: „Verbrennen.“

Disput über Tempelberg

Die Bemerkungen Netanjahus fielen in Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Disput über die Hoheitsrechte am Jerusalemer Tempelberg, auf dem heute der islamische Felsendom und die Al-Aksa-Moschee stehen. Laut Netanjahu verbreitete schon der damalige Großmufti Husseini die Behauptung, die Juden wollten das islamische Heiligtum zerstören. Durch solche Falschdarstellungen würden auch die gegenwärtigen Konflikte angeheizt.

Der Großmufti habe zwar „extreme antijüdische Ansichten“ vertreten, sagte Porat. Die Idee zur Ermordung der Juden gehe aber auf eine Zeit weit vor dem Treffen Hitlers mit dem Großmufti im November 1941 zurück. Schon bei einer Reichstagsrede habe Hitler die „Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ angedroht.