Künstlerappell gegen Populismus und Schweigen
Mehrere prominente europäische Filmschaffende, darunter Michel Hazanavicius („The Artist“), Hanna Schygulla und Valeria Bruni Tedeschi, haben gestern an Europas Politiker und an die Bürger appelliert, in der Flüchtlingskrise gegen rechte Populisten aufzustehen. Bei der Übergabe von Unterschriften an EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und EU-Vizekommissionschef Frans Timmermanns, warnte Hazanavicius: „Der erste Verbündete des Populismus ist das Schweigen.“
Der mehrfach preisgekrönte französische Regisseur forderte von der Politik, sich gegen den rechten Diskurs zu stellen. Das Problem sei nicht, dass der Großteil der Menschen fremdenfeindlich sei, sondern dass sie schweigen würden.

ORF.at/Guido Tiefenthaler
Österreichische Initiative
„Man muss den Menschen die Möglichkeit bieten, sich der guten Sache anzuschließen“, begründete er die von österreichischen Filmschaffenden nach dem Tod von 71 Flüchtlingen im Sommer gestartete Initiative „For a Thousand Lives: Be Human“. Zahlreiche internationale Filmstars, darunter „Bond“-Star Daniel Craig, die Schauspielerinnen Juliette Binoche und Isabelle Huppert sowie die Regiegrößen Michael Haneke, Mike Leigh und Thomas Vinterberg, unterzeichneten die Initiative.
Chance, über sich hinauszuwachsen
Schauspielerin Schygulla erinnerte sich an ihr eigenes Schicksal als Flüchtlingskind nach 1945 und appellierte vor allem an die jungen Menschen, in den Flüchtlingen eine Chance zu sehen. Diese würden auf jeden Fall kommen, „wir haben nun die Möglichkeit, menschlich oder unmenschlich darauf zu reagieren. Wir werden uns besser fühlen, wenn wir Ersteres machen.“ Für sie selbst sei es eine Bereicherung für ihre Leben gewesen, mehrere Identitäten zu haben. „Dieses Irgendwie-anders-Sein hat es mir ermöglicht, über mich hinauszuwachsen.“ Genau das wünsche sie auch den Flüchtlingen. Und sie fügte hinzu: Die Zeiten, dass man „ganz rein“ sein wolle, sollten endgültig vorbei sein.
Filmemacherin Bruni Tedeschi betonte, es gehe „nicht um Großzügigkeit, sondern einen Akt im eigenen Interesse“. Denn „nicht nur wir“, sondern die Menschen, die jetzt nach Europa kämen, könnten viel geben.
„Schweigende Mehrheit aufrütteln“
EU-Parlamentspräsident Schulz begrüßte die Initiative. Das werde sich nicht unmittelbar in der Politik auswirken, könne aber die „schweigende Mehrheit“, die gegen Rassismus sei, aufrütteln. Europa sei nicht auf einem gemeinsamen Weg, denn in Europa „siegt derzeit der Nationalismus über den Gemeinschaftsgeist“.
Die österreichischen Delegationen im EU-Parlament von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS begrüßten in einer gemeinsamen Aussendung ebenfalls die Initiative. Es brauche den Einsatz der Zivilgesellschaft, und diese Initiative stärke diese, so etwa ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas. (tief)