Börsengang soll Fiat Auftrieb geben
Der Autokonzern Fiat Chrysler (FCA) verkauft einen Teil seiner wertvollsten Marke. Neun Prozent der Ferrari-Anteile sollen als Streubesitz an der New Yorker Börse platziert werden. Derzeit hält der weltweit siebentgrößte Autohersteller 90 Prozent an der Edelmarke, die restlichen zehn Prozent besitzt Piero Ferrari, Sohn des 1988 verstorbenen Gründers Enzo Ferrari. Ihn macht der Börsengang zum Milliardär.
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Insgesamt werden 17,175 Millionen Aktien an der New York Stock Exchange (NYSE) platziert. Die Preisspanne pro Aktie liegt zwischen 48 und 52 Dollar (42,3 bis 45,8 Euro), teilte FCA am Montag mit. Den Banken UBS, Bank of America Merrill Lynch, Banco Santander, Mediobanca und JPMorgan Chase, die den Börsengang flankieren, wurde eine Option für den Erwerb eines einprozentigen Anteils an den Aktien garantiert. Die Papiere werden unter dem Kürzel „RACE“ gelistet.
Kein Auto, sondern ein Luxusgut
Ein genaues Datum für den Beginn des Aktienhandels nannte FCA jedoch nicht. Nach Angaben der Forschungsgruppe Dealogic soll er am 20. Oktober losgehen. Der Börsengang war lange angekündigt gewesen, bereits im Juli wurden die ersten Unterlagen bei der US-Aufsicht SEC eingereicht. Bis zu 893,1 Millionen Dollar (786,2 Mio. Euro) will Ferrari mit dem Börsengang erlösen. Insgesamt bewertet sich Ferrari mit bis zu 9,82 Milliarden Dollar (8,64 Mrd. Euro).

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Börsenwert dank Exklusivität der Fahrzeuge und starkem Markenimage
Fiat-Chrysler-Konzernchef und Ferrari-Oberhaupt Sergio Marchionne wird seit Monaten nicht müde, Ferrari nicht als Automobilhersteller, sondern als Luxusartikelhersteller zu positionieren. Ferrari solle in einer Reihe mit Firmen wie Prada und Hermes genannt werden - Unternehmen, die an der Börse mit rund dem zwanzigfachen Jahresgewinn gehandelt werden, was um mehr als das Doppelte der mittleren Bewertung in der Autobranche entspricht.
Der wertsteigernde Nimbus der Marke könnte Ferrari laut den Aussagen auf das Zwölf- bis 14-fache der Gewinne des Jahres 2015 bringen. Für den Vermögensverwalter Adam Wyden von ADW Capital Partners LP ist ein Luxusaufschlag „wegen des kapitalintensiven Charakters von Ferrari, des Niveaus der Gewinnmarge, der operativen Ausrichtung und der wenig elastischen Preise gerechtfertigt“. Laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg tragen neun der zehn wertvollsten Autos, die jemals in einer öffentlichen Versteigerung verkauft wurden, das Emblem mit dem sich aufbäumenden schwarzen Pferd.
Große Nachfrage, aber auch Zweifel
Das Interesse an den Aktien scheint jedenfalls groß. Die Nachfrage nach Ferrari-Aktien habe bereits die verfügbare Menge um das Vierfache überstiegen, berichtete die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ vergangene Woche. Und sie könnte die verfügbare Menge um das Zehnfache übersteigen.

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Ferrari-Kunden gelten als besonders loyal
Doch ob die Strategie für Ferrari langfristig lukrativ ist, steht in den Sternen. „Es wird interessant sein zu sehen, was mit der Bewertung über einen längeren Zeitraum passiert“, sagte Sascha Gommel von der Researchabteilung der Commerzbank AG. Ferrari sei eine „sehr starke Marke“, sie könnte aber auch ein bisschen überschätzt werden. „Der Markt ist zurzeit einfach zu aufgeregt.“ Ähnlich äußerte sich Analyst Arndt Ellinghorst vom Researchhaus Evercore ISI: Langfristig hätten andere Autokonzerne wie BMW bessere Wachstumsaussichten. Schließlich verfüge der Münchner Konzern über eine größere Angebotspalette.
Fiat braucht Geld
Während Luxushersteller wie Rolls-Royce, Bentley und Bugatti unter eigener Ägide ins Schlingern kamen und erst unter dem Dach erfolgreicher Konzerne wie Volkswagen oder BMW wieder aufblühten, schlägt Ferrari nun den entgegengesetzten Weg ein. Denn Marchionne sammelt das Geld aus dem Börsengang ein, um seine ehrgeizigen Expansionspläne für die FCA zu finanzieren. Unter anderem soll damit die angeschlagene Fiat-Tochter Alfa Romeo auf den US-Markt zurückgebracht werden.

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Der Sohn von Ferrari-Gründer Enzo Ferrari, Piero Ferrari, hält zehn Prozent der Aktien
Investitionen von 48 Milliarden Euro sollen den Autokonzern mit Marken wie Alfa Romeo, Jeep und Dodge wieder nach vorne bringen. Damit will Fiat Chrysler bis 2018 zur Creme de la Creme der Autowelt aufschließen. Der Konzerngewinn soll sich auf fünf Milliarden Euro verfünffachen, der Absatz um 60 Prozent zulegen. Zugleich hofft Fiat nach dem Börsengang von Ferrari auf bessere Chancen für die angestrebte Fusion mit dem Konkurrenten General Motors (GM). Der US-Konzern wehrte sich bisher gegen einen Zusammenschluss mit FCA.
Piero Ferrari wird Milliardär
Piero Ferrari könnte mit seinem Zehnprozentanteil laut dem „Billionaires Index“ von Bloomberg sein Vermögen dank dem Börsengang auf 1,3 Milliarden Dollar (1,14 Mrd. Euro) aufstocken. Der Alfa-Romeo-Pilot Enzo Ferrari hatte 1929 sein eigenes Rennteam gegründet, die Scuderia Ferrari. 1948 baute Ferrari den ersten Rennwagen für die Straße.
1950 stieg das Team in die Formel 1 ein und erlangte mit 16 Weltmeisterschaftstiteln und 225 Siegen Kultstatus. Diese Vergangenheit brachte in den 1980er Jahren einen Nachfrageboom. 2010 wurde unter dem Namen Ferrari World im Emirat Abu Dhabi ein 25 Hektar großer Themenpark für Kunden und Fans des Sportwagenherstellers eröffnet. Er dient vor allem den Ferrari-Freunden, ihre Loyalität für die Sportwagenmarke zu steigern: Von den 7.255 Ferraris, die 2014 aus der Produktionsstätte in Maranello rollten, wurden etwa 60 Prozent an Personen verkauft, die bereits zuvor Ferrari-Kunden waren.

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Ein riesiger Themenpark für Ferrari-Freunde in Abu Dhabi
Produktion wird hochgefahren
Das bereinigte EBITDA von Ferrari wurde im letzten Jahr mit 693 Millionen Euro angegeben, und die Gewinnmarge erreichte 25 Prozent des Umsatzes. Im ersten Halbjahr 2015 war der Gewinn um 8,9 Prozent gestiegen. Es wird erwartet, dass Ferrari im dritten Quartal einen Umsatz zwischen 720 und 730 Millionen Euro gemacht hat, neun bis zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Auch künftig will sich Ferrari ausschließlich auf das oberste Segment des Sportwagenmarktes konzentrieren. Die Stückzahlen sollen von derzeit etwa 7.200 Fahrzeugen auf rund 9.000 im Jahr 2019 steigen. Zuvor galt ein Produktionslimit von 7.000 Exemplaren.
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