Abbitte vor US-Kongress
Dem USA-Chef von Volkswagen (VW), Michael Horn, steht im Zuge des Abgasskandals ein schwerer Gang bevor. Er wurde vor den US-Kongress zitiert und muss den Abgeordneten am Donnerstag zu den Manipulationen an VW-Fahrzeugen Rede und Antwort stehen. Bereits am Vorabend der Anhörung ließ Horn die wesentlichen Passagen seiner Erklärung veröffentlichen.
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Nachdem erste VW-Ingenieure bereits Geständnisse abgelegt hatten, wonach die Manipulationssoftware 2008 eingebaut wurde, gab Horn in der Erklärung offen zu, bereits kurz nach seinem Amtsantritt über die Lage informiert worden zu sein. „Im Frühjahr 2014 wurde ich unterrichtet, dass es mögliche Verstöße gegen die US-Emissionsrichtlinen gibt, die beseitigt werden können.“ Ihm sei auch mitgeteilt worden, dass die US-Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency (EPA) verschiedene Strafen für derartiges Zuwiderhandeln verhängen könnte. Laut Horn sollten eigentlich VW-Ingenieure in Kooperation mit den Behörden das Problem beheben.

Reuters/Carlo Allegri
Horn im April 2014 bei der New Yorker Automesse
Appell: Kunden müssen geduldig sein
„Im Namen unseres Unternehmens und meiner Kollegen in Deutschland möchte ich mich aufrichtig entschuldigen“, so Horn laut Manuskript. „Wir haben das Vertrauen unser Kunden, unserer Händler und unserer Angestellten genauso missbraucht wie das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörden.“ Der Konzern werde für die Aufklärung des Skandals mit allen zuständigen Behörden kooperieren und werde Mittel finden, um seine Kunden zu entschädigen. „Wir von Volkswagen übernehmen die volle Verantwortung für unser Handeln.“
Der Manager bittet in seiner Stellungnahme für Washington aber auch um Geduld - es stehe viel Arbeit bevor, die Aufklärung werde dauern. „Wir hatten noch nicht die Gelegenheit, alle Aspekte des Falls zu untersuchen.“ Schon unmittelbar nach der Aufdeckung des Skandals Ende September räumte Horn bei der Präsentation des neuen Passat in Brooklyn ein: „Wir waren unehrlich. Wir haben es völlig vermasselt.“
Knackpunkt: Wer traf Entscheidung?
Wer die Manipulationen in Auftrag gab, lässt sich der Erklärung Horns für den US-Kongress hingegen nicht entnehmen. Genau dieser Frage, wer die Entscheidung zu verantworten habe, müsse sich Horn aber unter anderem am Donnerstag im Kongress stellen, wie der Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses, Tim Murphy, im Vorfeld sagte. Bei der Anhörung zur Aufklärung des unternehmerischen Fehlverhaltens bei VW im Repräsentantenhaus werden neben Politikern auch Vertreter der EPA dabei sein.
Pläne für Rückrufaktion vorgelegt
VW will sich mit dem Rückruf der vom Abgasskandal betroffenen Dieselautos bis 2016 Zeit lassen. Die genauen Pläne für eine solche Serviceaktion legte der Konzern am Mittwoch dem deutschen Kraftfahrtbundesamt (KBA) vor. Nach der Zustimmung de Behörde werde man die Kunden detailliert infomieren, so VW. Das „umfangreiche Schreiben“ sei am Mittwoch eingegangen, es werde darin von einer Rückrufaktion gesprochen, bestätigte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Das KBA brauche nun einige Tage Zeit, um die Pläne zu prüfen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte an, den „amtlichen Rückruf aller von VW manipulierten Fahrzeuge vom Kraftfahrtbundesamt notfalls juristisch zu erzwingen“. Alle Rückrufmaßnahmen, die nur auf der Freiwilligkeit von VW beruhen, werde die DUH mit bereits vorbereiteten Klagen gegen das KBA angreifen.
„Brauchen Tausende Lösungen“
„Für die meisten Motoren genügt ein Update der Software in der lokalen Werkstatt“, sagte VW-Chef Matthias Müller der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe). „Manche Fahrzeuge könnten neue Injektoren und Katalysatoren brauchen.“ Die Entwicklung einer Lösung für die weltweit bis zu elf Millionen Fahrzeuge, bei denen der Dieselmotor vom Typ EA 189 eingebaut ist, ist aufwendig. „Es geht um den EA 189 in Kombination mit verschiedenen Getrieben und länderspezifischen Auslegungen“, sagte Müller. „Wir brauchen also nicht drei Lösungen, sondern Tausende." Bis Ende 2016 sollen laut Müller schließlich alle Autos in Ordnung sein.

APA/dpa/Ingo Wagner
Allein in Europa sind rund acht Millionen Autos von VW betroffen
Forderung: VW soll Kfz-Steuer nachzahlen
Für mögliche Steuerschäden durch die Abgasmanipulationen von VW soll nach Ansicht der deutschen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) der Konzern und nicht der deutsche Steuerzahler geradestehen. In einem Brief an den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verweise sein NRW-Amtskollege Norbert Walter-Borjans (SPD) auf Steuervorteile für Dieselfahrzeuge mit niedrigen Abgaswerten, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe).
Wegen der von VW eingestandenen Manipulationen könnten Kfz-Steuern zu niedrig festgesetzt worden sein. Es dürfe aber nicht dazu kommen, dass der Staat den Käufern von VW-Fahrzeugen Nachzahlungsbescheide schicke und die Autobesitzer auf diese Weise dazu zwinge, sich das Geld durch aufwendige Schadenersatzklagen bei VW zurückzuholen.
VW-Klägerin will Geld zurück
Eine erste Käuferin hat unterdessen in Deutschland Klage gegen den Autohersteller eingereicht. Die Klägerin habe gezielt ein umweltfreundliches Auto kaufen wollen, die angeblich niedrigen Abgaswerte seien für sie „kaufentscheidend“ gewesen, teilte die Kanzlei Jordan Fuhr Meyer am Mittwoch in Bochum mit. Die Kanzlei erhob auch Klage auf Schadenersatz.
Die Klägerin wirft VW außerdem vor, dass durch die anstehende Nachbesserung Motorleistung, Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit sowie weitere wichtige Parameter ihres Fahrzeugs sinken und der Kraftstoffverbrauch steigen werde. Nachbesserungen an dem Fahrzeug reichten „aus juristischer Sicht“ nicht aus, so Conradi. Deshalb habe die Kanzlei im Auftrag der Mandantin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und klage auf Rückabwicklung.
Pötsch neuer Aufsichtsratschef
VW hat zugegeben, in den vergangenen Jahren millionenfach Fahrzeuge mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Abgaswerte manipulieren kann. Der langjährige Vorstandschef Martin Winterkorn musste daraufhin seinen Sessel räumen.
Nachdem der 20-köpfige VW-Aufsichtsrat in der Vorwoche den früheren Porsche-Chef Müller zum Konzernchef berufen hatte, wählte das Gremium am Mittwoch den Österreicher Hans Dieter Pötsch zu seinem neuen Vorsitzenden. Damit ist das neue Führungsduo komplett, das Europas größten Autokonzern aus seiner bisher schwersten Krise steuern soll. Pötsch löst den übergangsweise amtierenden Berthold Huber ab.
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