„Scharfer Protest“ in angespannter Lage
Türkische Jagdflugzeuge haben an der Grenze zu Syrien einen russischen Kampfjet abgefangen, der nach Angaben aus Ankara in den türkischen Luftraum eingedrungen war. Das russische Kampfflugzeug sei am Samstag zur Umkehr gezwungen worden, teilte das Außenministerium in Ankara am Montag mit.
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Der russische Botschafter in Ankara sei einbestellt worden, um ihm den „scharfen Protest“ der Regierung zu übermitteln. Russland wurde vor einer Wiederholung des Vorfalls gewarnt, andernfalls müsse es selbst die Verantwortung für „nicht gewollte Ereignisse“ tragen.
Während die Türkei die syrischen Rebellen unterstützt, ist Russland ein enger Verbündeter von Machthaber Baschar al-Assad. Russland fliegt seit Mittwoch zur Unterstützung Assads Luftangriffe auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und der ebenfalls dschihadistischen Al-Nusra-Front sowie andere islamistische Rebellen. Auch eine westlich-arabische Militärallianz unter Führung der USA fliegt seit einem Jahr Angriffe auf die Extremisten. Es wird befürchtet, dass es ohne eine genaue Koordination der Einsätze zu Konflikten mit den russischen Kampfflugzeugen kommt.
Attacken auch am Sonntag
Russlands Präsident Wladimir Putin beharrt darauf, die umstrittenen Luftschläge in Syrien ungeachtet westlicher Kritik fortzusetzen. Der Aussage aus Moskau, strategisch wichtige Ziele von Terrorgruppen künftig „noch intensiver“ bombardieren zu wollen, folgten am Sonntag neue Angriffe russischer Militärmaschinen. Nach Angaben von Aktivisten starben bei Angriffen - unter anderem auf von gemäßigten Rebellen kontrollierte Gebiete nördlich von Homs - mindestens fünf Zivilisten. Vom Beginn der Angriffe am Mittwoch bis zum Samstag waren Menschenrechtlern zufolge bereits 39 Zivilisten getötet worden. um die Truppen von Assad zu entlasten.
Moskau teilte der Agentur TASS zufolge am Sonntagnachmittag mit, binnen 24 Stunden zehn Stellungen des IS angegriffen zu haben. Als Ziel wurde unter anderem ein Trainingscamp der Extremisten in der Provinz Idlib genannt. Die Region wird weitgehend von einem islamistischen Rebellenbündnis unter Führung der Al-Nusra-Front kontrolliert und war bisher nicht für die Anwesenheit des IS bekannt.
Geharnischte Worte von Obama
Westlichen Informationen zufolge sollen bei den Angriffen der vergangenen Tage auch gemäßigte Rebellen getroffen worden sein. US-Präsident Barack Obama warf Russland am Samstag vor, den IS damit indirekt zu stärken. „Die russische Politik treibt (die Rebellen) in den Untergrund oder erzeugt eine Situation, in der sie geschwächt werden, und es stärkt den IS nur. Und das ist für niemanden gut.“
Der russisch-iranische Ansatz zur Lösung des Konflikts sei zum Scheitern verurteilt, so Obama weiter. „Aus ihrer Perspektive sind (die Rebellen und die Kämpfer der IS-Terrormiliz) alle Terroristen, und das ist ein Rezept für eine Katastrophe“, sagte er. Die USA seien dennoch bereit, Moskau und Teheran an einer politischen Lösung für die Zukunft des Landes zu beteiligen.
Cameron will US-Drohnen kaufen
Auch der britische Premierminister David Cameron kritisierte das Vorgehen Moskaus. „Es ist völlig klar, dass Russland nicht zwischen dem Islamischen Staat und rechtmäßigen syrischen Oppositionsgruppen unterscheidet. Damit unterstützen sie den Schlächter Assad, helfen ihm und machen die Sache nur noch schlimmer“, sagte Cameron. Der britische Premier kündige am Sonntag an, im Kampf gegen den IS 20 moderne Kampfdrohnen aus den USA anschaffen zu wollen.
„Russland begeht gerade einen ernsthaften Fehler“, sagte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Sonntag. Das Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg könne zu Moskaus Isolation führen. Die Türkei sei betrübt und beunruhigt.
Westen sieht russische Hilfe für Assad
Das militärische Eingreifen Russlands in den langjährigen Konflikt wird im Westen weniger als Versuch gesehen, den IS zu bekämpfen, als vielmehr dem verbündeten syrischen Machthaber Assad und seiner nach jahrelangen Kämpfen ausgelaugten Armee den Rücken zu stärken. Die Allianz mit Assad bietet für Russland die Möglichkeit der Einflussnahme im Nahen Osten.
Putin hatte Kritik am russischen Vorgehen schon zuvor zurückgewiesen. Die Attacken seines Landes würden den Terrororganisationen IS und Al-Nusra-Front gelten, ließ er seinen Sprecher am Freitag mitteilen. Regierungschef Dimitri Medwedew betonte am Samstag, Moskau wolle mit den Angriffen auch Islamisten von seinem eigenen Staatsgebiet fernhalten.
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