Ankünfte an österreichischer Südgrenze
Am Beispiel Kroatien hat sich in den vergangenen Tagen gezeigt, wie schlecht es derzeit um die EU-Solidarität in puncto Flüchtlinge bestellt ist. Zu Tausenden brachte der Balkan-Staat Schutzsuchende außer Landes - nach Ungarn oder nach Slowenien. Zwischenziel bleibt Österreich, eigentliches Ziel Deutschland. Grund genug für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, eine Forderung an Zagreb zu stellen.
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So soll Merkel Kroatiens Regierung einem Bericht der kroatischen Tageszeitung „Jutarnji List“ zufolge aufgefordert haben, Flüchtlinge von einer schnellen Weiterreise mit dem Ziel Westeuropa abzuhalten. Merkel habe von der Führung in Zagreb verlangt, die Flüchtlinge für eine gewisse Zeit im Land zu halten, berichtete das Blatt am Samstag. Die Zeitung bezog sich dabei auf das Telefonat Merkels mit dem kroatischen Regierungschef Zoran Milanovic am Freitag.
Zagreb: Können Menschen nicht festhalten
Milanovic habe Merkels angebliche Forderung mit dem Argument abgelehnt, Menschen könnten nicht gegen ihren Willen festgehalten werden. Die deutsche Regierung verwies am Abend auf Anfrage auf eine frühere Mitteilung. Darin hatte Regierungssprecher Steffen Seibert erklärt, dass Milanovic der deutschen Kanzlerin von den Anstrengungen Kroatiens berichtet habe, seinen Verpflichtungen vollständig nachzukommen und dabei eine menschenwürdige Behandlung aller Flüchtlinge zu gewährleisten.
Slowenien öffnete Grenzen
Slowenien öffnete unterdessen seine Grenzen. Schutzsuchende, die seit Freitag aus Kroatien an die slowenische Grenze im Südosten des Landes kommen, dürften auf geordnete und kontrollierte Weise in das Land einreisen: „Wir wünschen uns einen kontrollierten Durchfluss der Menschen zu ihren gewünschten Destinationen“, sagte Regierungschef Miro Cerar. Dabei koordiniert sich Slowenien laut Cerar bereits mit Österreich.
Slowenien werde den Flüchtlingen ermöglichen, sich im Land erst einmal auszuruhen. „Danach werden wir in Kooperation mit Österreich, Deutschland und anderen EU-Ländern dafür sorgen, dass sich der Strom dorthin verlagert, wo es nötig ist.“ Korridore kommen laut Cerar aber nicht infrage: „Korridore sind keine Lösung, zu der wir ermutigen würden.“
Hunderte kamen über Südgrenze
Für einen Teil der angekommenen Flüchtlinge wird Slowenien laut dem Regierungschef selbst sorgen können. „Wenn unsere Kapazitäten ausgeschöpft sind, dann werden wir eine Vereinbarung mit anderen Ländern finden müssen“, so der Premier. Wenn es nicht bald eine europäische Lösung gebe, könnte das Flüchtlingsproblem außer Kontrolle geraten, befürchtet Cerar.
Doch erste Flüchtlinge hatten Slowenien am Samstag in Richtung Österreich verlassen. In Spielfeld, dem ehemals bekanntesten Grenzübergang der Region, waren am Samstagnachmittag etwa 320 Menschen angekommen. Sie wurden vom Roten Kreuz auf einem Parkplatz erstversorgt und wurden nach Graz und Feldkirchen in die Notunterkünfte gebracht - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

APA/Ingrid Kornberger
Die Flüchtlinge wurden in Spielfeld erstversorgt
Zu Fuß nach Bad Radkersburg
Auch andernorts gab es erste Ankünfte: Im slowenischen Grenzort Gornja Radgona (Oberradkersburg) ließen die slowenischen Behörden am späteren Nachmittag rund 350 Flüchtlinge in Richtung Österreich weitermarschieren. Die Schutzsuchenden wirkten deutlich erleichtert, machten das Victory-Zeichen. Unter den Flüchtlingen befindet sich eine große Anzahl von Kindern.
Am Abend wurde begonnen, die Flüchtlinge nach und nach mit Bussen nach Feldkirchen bei Graz zu bringen. Fahrzeuge des Bundesheeres würden so lange „non stop“ pendeln, bis alle Menschen untergebracht sind, hatte das Bundesheer am Abend bestätigt. In der Zwischenzeit waren für die Flüchtlinge Sanitäranlagen organisiert worden.
Österreich will bei Dublin „hart bleiben“
Der Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Hermann Muhr, dementierte unterdessen NGO-Informationen, wonach es eine Absprache zwischen österreichischen und slowenischen Behörden gegeben habe. „Es gibt keinen Korridor und keine Absprachen dazu. Es gibt keine Sonderregelungen.“ Man sollte keine falschen Erwartungen wecken, so Muhr. Mikl-Leitner hatte zuvor betont, dass Österreich bei Dublin „hart bleiben“ werde.
Die Ministerin könne nicht verstehen, dass sowohl in Kroatien als auch in Slowenien keine Asylanträge gestellt werden. Gleichzeitig machte Mikl-Leitner klar, dass sie bei den beiden Ländern die Dublin-Regeln sehr wohl anwenden werde. Jeder könne in Österreich einen Asylantrag stellen, aber ebenso selbstverständlich werde bei jedem einzelnen ein „Dublin-Verfahren“ zur Rückstellung nach Kroatien oder Slowenien eingeleitet.
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