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Serbien fordert Antwort der EU

Nach den Ausschreitungen an der ungarischen Grenze bei Röszke sind 29 Menschen festgenommen worden. Das harte Vorgehen der Regierung in Budapest gegen die Flüchtlinge sorgte für scharfe Kritik. Serbiens Premier nannte die Aktion des Nachbarlandes „brutal“ und „nicht europäisch“. Von Amnesty International (AI) kam der Vorwurf, die Polizei habe Flüchtlingskinder von ihren Eltern getrennt.

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Mindestens neun Menschen, darunter mindestens vier Kinder, seien von der ungarischen Polizei abgesondert worden, als eine Flüchtlingsgruppe versucht habe, den ungarischen Grenzzaun zu überwinden. „Die Familien versuchen verzweifelt, mit ihren Kindern wiedervereint zu werden“, sagte die Krisenreaktionsdirektorin von Amnesty, Tirana Hassan, im ungarischen Röszke an der Grenze zu Serbien.

„Sie haben nicht nur die traumatische Reise an die Grenze und den Einsatz von Gewalt der Polizei erlebt - sie haben jetzt die Sicherheit verloren, bei ihren Eltern zu sein“, sagte Hassan über die Flüchtlingskinder. Diese seien vermutlich in ein nahe gelegenes Gebäude des Grenzschutzes gebracht worden. „Die ungarischen Behörden müssen diese Kinder sofort ihren Familien übergeben“, forderte Hassan.

Familien werden zusammengeführt

Drei betroffene Flüchtlingsfamilien sollen indes wieder zusammengeführt werden, sagte eine Sprecherin des ungarischen Landespolizeipräsidiums (ORFK) am Donnerstag der APA. Die Angehörigen der drei vorübergehend zerrissenen Familien hatten die Nacht auf Donnerstag in einem Gebäude des Grenzübergangs verbracht und waren nach ärztlicher Untersuchung in Begleitung des ungarischen Vizelandespolizeipräsidenten Janos Balogh in die Transitzone bei Röszke begleitet worden. Der serbische Arbeits- und Sozialminister Aleksandar Vulin sagte, dass einige Flüchtlinge, die nach den Auseinandersetzungen auf ungarischem Gebiet geblieben waren, nach Serbien zurückgekehrt seien.

Ungarn: „Bekannter Terrorist“ verhaftet

Unter den 29 Personen, die nach den Krawallen laut offiziellen ungarischen Angaben im Niemandsland zwischen den beiden Landesgrenzen festgenommen wurden, sei auch ein den Behörden bekannter „Terrorist“, so György Bakondi, ein Sicherheitsberater von Ministerpräsident Viktor Orban, im staatlichen Fernsehen am Mittwochabend. Der Name des Mannes sei in der Datenbank der Sicherheitsdienste, ergänzte ein Regierungssprecher.

Angesichts der Situation, welche die öffentliche Sicherheit gefährden könnte, wollen die ungarischen Behörden die zwei Grenzübergänge zu Serbien bei Röszke vorläufig für 30 Tage geschlossen halten. Die serbischen Behörden wurden darüber am Mittwochnachmittag durch eine diplomatische Note Ungarns informiert, teilte das Belgrader Außenministerium mit. Die Entscheidung der ungarischen Behörden stütze sich auf ein bilaterales Abkommen über den Straßen-, Eisenbahn- und Flussverkehr. Die Entscheidung sei mit der Entgegennahme der diplomatischen Note in Kraft getreten, hieß es ferner.

Vucic: „Werden europäische Werte beschützen“

Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic forderte die Europäische Union auf, darauf zu reagieren. „Sollte die EU keine Antwort geben, werden wir einen Weg finden, unsere Grenzen und auch die europäischen Werte zu beschützen“, sagte Vucic. Das Vorgehen des Nachbarlandes sei „brutal“ und „nicht europäisch“. Serbien sei nicht durch eigenes Verschulden in eine schwierige Situation geraten. Er werde mit verantwortungsvoller Politik seinem Volk helfen und nicht zulassen, dass es von jemandem „erniedrigt“ wird, so Vucic. Zudem werde er es niemandem erlauben, Tränengas auf serbischem Gebiet einzusetzen.

Serbiens Premierminister Aleksandar Vucic

Reuters/Bernadett Szabo

Serbiens Premier Aleksandar Vucic

Bereits Mittwochabend habe die serbische Regierung den Einsatz von Tränengas auf ihrem Territorium durch die ungarische Polizei scharf verurteilt. Innenminister Nebojsa Stefanovic kündigte die Entsendung zusätzlicher Polizisten an den Grenzübergang an, um weitere Zusammenstöße zwischen Flüchtlingen und der ungarischen Polizei zu vermeiden.

UNO-Generalsekretär schockiert

Kritik an Ungarn äußerte auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. Ihn habe der Anblick schockiert. Wie mit diesen Flüchtlingen umgegangen werde, sei inakzeptabel, sagte Ban auf einer Pressekonferenz in New York. Jedes Land habe innere Probleme, doch handle es sich in diesem Fall bei den Flüchtlingen um vor Krieg und Verfolgung fliehende Menschen, mit denen „wir Mitgefühl haben müssen“, sagte Ban.

Polizei setzte Tränengas ein

Die Lage an der serbisch-ungarischen Grenze war am Mittwoch eskaliert. Hunderte Flüchtlinge steckten den ganzen Tag über im Gebiet zwischen den beiden Staatsgrenzen fest. Am Nachmittag kam es zu schweren Zusammenstößen am Grenzübergang Röszke, danach drängten Dutzende Flüchtlinge am Abend die ungarische Polizei zurück und drangen zeitweise auf ungarisches Gebiet vor. Die Polizisten schossen Tränengasgranaten auf die Menge ab. 20 Polizisten und zwei Kinder, die nach ungarischen Angaben über den Grenzzaun geworfen worden waren, wurden verletzt.

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