Rumänien sieht keinen Grund
Nachdem Ungarn mit der Errichtung eines Zauns an der rumänisch-ungarischen Grenze begonnen hat, ist der ungarische Botschafter in Bukarest, Botond Zakonyi, am Mittwochnachmittag zu Gesprächen ins rumänische Außenministerium zitiert worden, wie am Abend bekanntwurde.
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Der Bau eines Zauns an der Grenze zu einem EU-Land „verstößt gegen den europäischen Geist“, kritisierte das rumänische Außenministerium. In dem Gebiet, in dem Ungarn den Zaun errichten will, „liegt keinerlei Sachverhalt vor, der den von den ungarischen Behörden behaupteten Migrationsdruck bestätigen würde“, betonte das rumänische Außenministerium.
Ungarn: Lügenspirale
Die rumänisch-ungarische Auseinandersetzung hat sich in den letzten Tagen deutlich verschärft, nachdem der rumänische Premierminister Victor Ponta am Montag, kurz nach Bekanntgabe der Pläne zum Bau des Grenzzauns, erklärt hatte, dass Rumänien, anders als Ungarn, Flüchtlinge nicht „mit der Keule und Seriennummern“ empfangen werde. Die Errichtung des Grenzzauns erinnere an das Europa der 1930er Jahre, fügte Ponta hinzu.
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto konterte mit der Behauptung, dass „einige rumänische Politiker sich in einer Lügenspirale“ verfangen hätten und Ponta offenbar nicht nur seine politische Position, sondern auch seine Selbstkontrolle verloren habe.
„Inakzeptabler Sprachgebrauch“
Rumäniens Außenminister Bogdan Aurescu erklärte am Mittwoch, dass Ungarn gegenüber Rumänien weiterhin einen „aus diplomatischer Sicht inakzeptablen Sprachgebrauch“ habe. Laut Aurescu handle es sich um den Versuch, Rumänien zu einem „künstlichen Streit“ zu provozieren. Der ungarische Botschafter habe den rumänischen Ministerialbeamten ein „Protestschreiben“ aushändigen wollen, was jedoch laut gängiger diplomatischer Praxis „nicht akzeptiert werden konnte“.
Ungarn will Zaun zu Kroatien bauen
Ungarn kündigte unterdessen einen Zaun auch an bestimmten Stellen der Grenze zu Kroatien an. Das sagte Ministerpräsident Viktor Orban in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“. Nur zwei Tage nach der Fertigstellung des Grenzzauns zu Serbien begann Ungarn mit dem Bau eines Zauns an der Grenze zu Rumänien.
Am Mittwoch wurde bereits mit Vorbereitungsarbeiten an der Grenze im Dreiländereck Ungarn - Serbien - Rumänien bei Kübekhaza begonnen, berichtet die ungarische Nachrichtenagentur MTI. Dazu wird die Trasse des geplanten Zauns mit Holzpflöcken markiert. Der Bereich, wo die Arbeiten durchgeführt wurden, wurde von Polizei und Soldaten beaufsichtigt.

Reuters/Stoyan Nenov
Die ungarische Polizei setzte Wasserwerfer über die Grenze zu Serbien hinweg ein
Serbien protestiert gegen Gewalt über Grenze
Serbien hat unterdessen gegen das Vorgehen der ungarischen Behörden gegen Flüchtlinge am serbisch-ungarischen Grenzübergang Röszke protestiert. Die serbische Regierung verurteile den Einsatz von Tränengas auf ihrem Territorium durch die ungarische Polizei, erklärte ein Regierungssprecher am Mittwochabend. Innenminister Nebojsa Stefanovic kündigte die Entsendung zusätzlicher serbischer Polizisten an den Grenzübergang an, um weitere Zusammenstöße zwischen Flüchtlingen und der ungarischen Polizei zu vermeiden.

APA/AP/Darko Vojinovic
Tausende wollen über die ungarische Grenze: Sie skandierten „öffnen, öffnen“
An dem Grenzübergang hatten sich im Niemandsland auf serbischer Seite wartende Flüchtlinge zuvor heftige Auseinandersetzungen mit der ungarischen Polizei geliefert. Polizisten wurden mit Steinen und Stöcken beworfen und setzten ihrerseits Tränengas und Wasserwerfer gegen die Flüchtlinge ein. Am Abend drangen Dutzende Flüchtlinge zeitweise auf ungarisches Gebiet vor, die Polizisten zogen sich ein Stück zurück. Am Abend fuhren drei ungarische Militärjeeps mit aufgepflanzten Gewehren an dem Grenzübergang auf und bezogen Position in etwa 100 Metern Entfernung.
Ban-Kritik „bizarr und empörend“
Der ungarische Außenminister Szijjarto hat am Mittwochabend die Aussage von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York über die Lage in Ungarn als „bizarr und empörend“ bezeichnet, zitiert die Ungarische Nachrichtenagentur MTI die Aussendung von Szijjarto. In dieser kritisierte der Außenminister, Ban Ki Moon hätte nicht auf der Basis „wahrer Tatsachen“ Stellung bezogen.

Reuters/Stoyan Nenov
Auch Tränengas kam zum Einsatz
Der UNO-Generalsekretär hatte auf einer Pressekonferenz hinsichtlich Zusammenstößen zwischen Migranten und Polizisten in Ungarn erklärt, ihn hätte der Anblick schockiert, wie mit diesen Flüchtlingen umgegangen werde, das sei inakzeptabel. Jedes Land habe innere Probleme, doch handle es sich in diesem Fall bei den Flüchtlingen um vor Krieg und Verfolgung fliehende Menschen, mit denen „wir Mitgefühl haben müssen“, erklärte Ban laut MTI. In seiner Aussendung hob Szijjarto weiter hervor, dass aggressive Einwanderer ungarische Polizisten angegriffen hätten, von denen vierzehn verletzt worden seien. Der Außenminister bedauere die Fehleinschätzung des UNO-Generalsekretärs.
Serbisches TV-Team verprügelt
Belgrader Medienberichten zufolge wurde am Nachmittag auch ein Team des serbischen staatlichen TV-Senders RTS von ungarischen Polizisten verprügelt. Dabei hätten drei Mitglieder des Teams die ungarischen Polizisten wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass sie Mitarbeiter des serbischen TV-Senders wären.
Am Abend beruhigte sich offenbar die Lage, wie ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz in der ZIB sagte. Die Flüchtlinge stiegen in Busse, die sie vorerst in serbische Auffanglager bringen sollten. Ihre Hoffnung, in den Westen zu gelangen, ist jetzt die Überquerung der Grenze zu Kroatien.
Grenzübergang soll 30 Tage geschlossen bleiben
Der ungarische Innenminister Sandor Pinter verfügte die Schließung der beiden Grenzübergänge bei Röszke für 30 Tage. Die Ausschreitungen ereigneten sich beim Grenzübergang an der alten Landstraße, die von Serbien nach Ungarn führt. Von der Schließung betroffen ist aber auch der nahe Grenzübergang an der Autobahn, die Belgrad und Budapest miteinander verbindet.
Die serbischen Behörden wurden darüber am Mittwochnachmittag durch eine diplomatische Note Ungarns informiert, teilte das Belgrader Außenministerium mit. Die Entscheidung der ungarischen Behörden stützt sich demnach auf ein bilaterales Abkommen über den Straßen-, Eisenbahn- und Flussverkehr. Die Entscheidung sei mit der Entgegennahme der diplomatischen Note in Kraft getreten, hieß es ferner.
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