Suche nach weiteren Notbetten
7.500 Flüchtlinge sind bis Donnerstagabend über die ungarisch-österreichische Grenze gekommen. Die meisten wollen wie schon zuvor nach Deutschland. Das Innenministerium sprach von einer „steigenden Tendenz“, man erwarte noch Tausende weitere Flüchtlinge. Die Situation werde sich in den nächsten Tagen nicht ändern, sagte der Sprecher der Landespolizeidirektion Burgenland, Helmut Marban.
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Allein zu Mittag war in Nickelsdorf eine Gruppe von 1.000 Menschen aus Ungarn angekommen. Als die neuen Flüchtlinge eintrafen, waren die Einsatzkräfte noch mit der Versorgung und Verpflegung der an der Grenze bereits zuvor angekommenen Flüchtlinge beschäftigt - in der Früh hatten sich rund 3.700 Menschen am Grenzübergang befunden.
Polizeidirektor Hans Peter Doskozil zur aktuellen Lage
Burgenlands Polizeidirektor Hans Peter Doskozil schildert die aktuelle Lage in Nickelsdorf als schwierig - Tausende weitere Flüchtlinge werden wieder erwartet.
Über die Nacht sollen laut dem burgenländischen Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil noch Tausende weitere Flüchtlinge in Nickelsdorf ankommen - in der ZIB2 sprach er von bis zu 5.000 Menschen, die dann auch entsprechend verteilt werden müssten. Rund 30 Busse seien aktuell im Einsatz, um die Menschen im Burgenland, Niederösterreich und Wien zu verteilen, bis zu 3.000 Personen sollen aber trotz aller Anstrengungen im Freien an der Grenze übernachten müssen.
„Informationslage sehr dürftig“
Im Innenministerium in Wien tagte am Donnerstagnachmittag erneut der Einsatzstab. Hauptthemen waren die Schaffung von Transportkapazitäten und Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge, die vorläufig keine Möglichkeit haben, Richtung Deutschland weiterzureisen. „Weiterhin ist die Informationslage aus Ungarn sehr dürftig, was das Vorgehen und die Planung der dortigen Behörden betrifft“, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck. Das erfordere entsprechende Flexibilität, wenn sich die Lage ändere.
APA/Helmut Fohringer
Hunderte Flüchtlinge warteten auf dem Bahnhof Nickelsdorf
Die komplette Regierung widmet dem Flüchtlingsthema am Freitag eine mehrstündige Klausur. Dabei soll besprochen werden, wie man Asylwerber besser empfangen und unterbringen kann und welche Wege zu einer besseren Integration für Flüchtlinge führen. Ziel ist es, konkrete Maßnahmen zu präsentieren. Zudem muss sich die Regierung den Kopf über Mehrkosten für das Budget zerbrechen. An der Klausur nehmen auch die Klubchefs der Regierungsparteien sowie Flüchtlingskoordinator Christian Konrad teil.
500 neue Notbetten für Flüchtlinge
In Wien wurden am Donnerstag zwei weitere Notschlafstellen mit einer Kapazität von knapp 500 Betten in Betrieb genommen, in der Stadthalle und in Döbling. Der Bedarf wird steigen, daher prüft die Stadt derzeit auch Kasernen und mögliche Zwischennutzungen - mehr dazu in wien.ORF.at.
APA/Helmut Fohringer
Essensverteilung durch das Rote Kreuz in Nickelsdorf
Die Messe Tulln habe zur Betreuung von Flüchtlingen Platz angeboten, teilte das Rote Kreuz NÖ am Donnerstag mit. Bereits in der Nacht seien in der Halle 8 kurzfristig 250 Menschen untergebracht worden, die in der Früh per Zug den Weg nach Deutschland antraten. Das Quartier in Tulln werde bis zum 16. September zur Verfügung stehen. Die Einsatzorganisation bereite sich auf eine Belegung mit 450 Personen vor. Erneut rüste sich auch das Multiversum Schwechat, wo 500 Flüchtlinge übernachten können.
ÖBB setzen Ungarn-Verkehr temporär aus
Nachdem die ÖBB den Verkehr von und nach Ungarn über Hegyeshalom eingestellt hatten und keine Sonderzüge Richtung Deutschland zur Verfügung stellen konnten, wurde über andere Transportmöglichkeiten beraten. „Klar ist, dass Busse nicht dieselbe Kapazität haben wie Züge“, sagte Grundböck zur APA. Nach Angaben der Wiener Polizei hielten sich am Nachmittag noch etwa 1.000 Flüchtlinge auf dem Wiener Westbahnhof auf. Rund 900 sollen die Nacht am Bahnhof verbringen, hieß es am Abend. Insgesamt waren es laut Polizei 4.000, die sich am Donnerstag auf diesem Bahnhof befanden.
APA/Helmut Fohringer
Nach der oft wochenlangen Tortur sind viele Flüchtlinge völlig erschöpft
Die ÖBB hatten Donnerstagmittag Konsequenzen aus dem „zu großen Sicherheitsrisiko“ gezogen und aufgrund der „massiven Überlastung“ den Zugsverkehr zwischen Österreich und Ungarn vorübergehend eingestellt. Die aus Ungarn kommenden Züge seien „dermaßen überfüllt, dass wir sie auf keinen Fall weiterfahren lassen können. In Österreich dürfte so ein Zug den Bahnhof gar nicht verlassen“, sagte ÖBB-Sprecher Michael Braun. Ob der Verkehr am Freitag wieder anlaufen kann, sei noch nicht absehbar.
„Wir haben keine Züge ungenützt herumstehen. Und die Wartung eines Zugs ist aufwendiger als die eines Autos“, sagte der ÖBB-Sprecher. „Seit 14 Tagen ist alles unterwegs, was Räder hat. Der Zustrom bleibt zu hoch. Wir tun, was wir können. Mehr geht nicht“, sagte Braun und verwies auf den nach Ende der Schulferien wieder aufgenommenen Normalbetrieb auf den Bahnstrecken. Er wies auch darauf hin, dass 1.200 Menschen die Nacht auf Donnerstag auf dem Wiener Westbahnhof verbrachten. Weitere Menschen habe man aus Sicherheitsgründen nicht dorthin bringen können. 500 Flüchtlinge hatten außerdem die Nacht auf dem Salzburger Hauptbahnhof verbracht.
MAV führt Zugsverkehr weiter
Nach eigenen Angaben wickelt die Ungarische Eisenbahn (MAV) auch am Donnerstag weiter Zugsverkehr vom Budapester Ostbahnhof (Keleti) nach Hegyeshalom ab. Das sagte MAV-Sprecherin Virag Löcsei gegenüber der APA. Anstelle der ausgefallenen Züge würden Ersatzzüge eingesetzt, die bis nach Hegyeshalom verkehren. Der normale Inlandszugverkehr in Ungarn werde unverändert abgesichert. Alle Stunden würden damit Züge vom Ostbahnhof in Richtung Hegyeshalom fahren.
Von Linz nach Passau
Flüchtlinge aus Syrien reisen jetzt mit Zügen von Linz nicht nur nach München, sondern auch nach Passau. Am Donnerstag seien in der bayerischen Stadt drei Regionalzüge mit rund 350 Personen angekommen, berichtete die dpa unter Berufung auf die Bundespolizei in Passau. Die oberösterreichische Polizei erklärte auf Anfrage der APA, es handle sich um Flüchtlinge, die die Nacht in einem Notquartier in Linz verbracht hätten. Man habe ihnen vorgeschlagen, nicht die überfüllten Züge nach München, sondern jene nach Passau zu nehmen.
Hunderte warten in Budapest
Trotz der Einstellung des Zugverkehrs zwischen Österreich und Ungarn hofften Hunderte auf dem Budapester Keleti-Bahnhof auf eine Ausreisemöglichkeit. Familien mit kleinen Kindern drängten sich laut dpa-Reportern an Ort und Stelle vor den Bahnsteigen, zumeist Kriegsflüchtlinge aus Syrien. Andere seien erschöpft auf dem Boden gelegen. Freiwillige Helfer versorgten die Wartenden mit Lebensmitteln und Kleidung. Über ein Megafon erklärte ein Flüchtling auf Arabisch die neue Lage. Er sagte, die Menschen sollten sich eine Fahrkarte bis zum nordungarischen Grenzbahnhof Hegyeshalom kaufen. Von dort aus könnten sie in Gruppen die Grenze nach Österreich überqueren.
Sammelstelle bei Röszke versinkt im Schlamm
An der ungarisch-serbischen Grenze trafen unterdessen in der Sammelstelle bei Röszke tagsüber Hunderte von Flüchtlingen ein. Die meisten seien über die Gleise nach Ungarn gekommen, andere wiederum über den Drahtzaun geklettert, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur MTI. Angesichts des Dauerregens standen die kleinen Zelte in der Sammelstelle bei Röszke im Schlamm, freiwillige Helfer kämpften bei der Versorgung der Flüchtlinge mit den hinderlichen Bedingungen.
Doch keine „Transitzonen“ an Ungarns Grenze
Die angekündigten „Transitzonen“ an der ungarisch-serbischen Grenze kommen unterdessen doch nicht zustande. Fünf Tage vor deren geplanter Eröffnung erklärte Kanzleiminister Janos Lazar am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Budapest, diese Zonen würden doch nicht eingerichtet, da sie „keinen Sinn“ hätten, wie ungarische Medien berichteten.
Die Zonen wären nach den ursprünglichen Plänen in einem schmalen Grenzstreifen hinter dem gerade in Bau befindlichen Grenzzaun geschaffen worden. Die Flüchtlinge hätten dort ihre Asylanträge stellen können, wobei sie bis zur Abklärung ihres Antrags nicht nach Ungarn hätten einreisen dürfen. Nun sollen die Asylanträge bei den Grenzübergängen gestellt werden können, gab Lazar weiter bekannt.
Vasilis Tsartsanis via facebook.com
Katastrophale Zustände an der mazedonisch-griechischen Grenze
Tausende durchnässt an mazedonischer Grenze
Indes konnten sich am Donnerstag Tausende Flüchtlinge im Norden Griechenlands trotz schwerer Regenfälle und Schlamms zur mazedonischen Grenze durchschlagen. Über Stunden regnete es, mehr als 4.000 Menschen passierten völlig durchnässt die Grenze vom griechischen Idomeni zum mazedonischen Gevgelija. Das berichteten griechische Medien und Augenzeugen. Weitere 3.000 Flüchtlinge hätte noch an der Grenze gewartet, immer mehr seien mit Bussen angekommen, wie es von weiteren Augenzeugen hieß.
Auch im griechischen Piräus trafen erneut Tausende Migranten von der überfüllten Insel Lesbos ein - dort sollen alleine diese Woche laut Polizeiangaben 22.500 Personen registriert worden sein. In Serbien seien am Donnerstag 5.540 registriert worden, sagte der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic am Abend im TV-Sender RTS in Belgrad. Mazedonien überlegt mittlerweile ebenfalls den Bau eines Zauns an der Grenze, hieß es am Donnerstag.
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