Themenüberblick

Zerstörung geht weiter

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat in der zentralsyrischen Stadt Palmyra einen weiteren jahrhundertealten Tempel teilweise zerstört. Es handelt sich um den Baal-Tempel, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntag berichtete. Der Tempel bildet den größten Komplex in dem UNESCO-Weltkulturerbe.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Er war im ersten Jahrhundert nach Christus eine der bedeutendsten religiösen Stätten im Nahen Osten. Nach der Einnahme der Städt soll der IS im Theater von Palmyra Hinrichtungen vollzogen und ein Museum zum Gefängnis umgewandelt haben. Kürzlich enthaupteten IS-Kämpfer den über 80 Jahre alten Chefarchäologen von Palmyra. Erst Anfang letzter Woche war bekanntgeworden, dass die Terrormiliz in Palmyra den rund 2000 Jahre alten Tempel Baal Schamin zerstört hat.

Eine Bombe zerstört den Baal-Shamin Tempel

Reuters/Social Media

Die Sprengung des Tempels Baal Schamin

Bilder von Explosion veröffentlicht

Anhänger der IS-Terrormiliz verbreiteten Bilder der Explosion des Baal-Schamin-Tempels. Die seit letzten Dienstag im Internet kursierenden Fotos zeigen, dass das einzigartige Bauwerk offenbar völlig in Schutt und Asche gelegt wurde. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie Unbekannte den Tempel zunächst verminen. Weitere Bilder zeigen eine große Rauchsäule und Trümmer.

Eine Grafik der Lage der zerstörten Tempel in Palmyra

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BBC NY Times

Die UNESCO sprach von einem „Kriegsverbrechen“, UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Der IS hatte Palmyra Ende Mai von Truppen des Regimes eingenommen. Seitdem herrscht weltweit Sorge, dass die Extremisten die historischen Stätten als „Zeugnisse der Vielgötterei“ nach und nach zerstören - so wie sie es bereits im Nordirak mehrfach getan haben. Die einstige Handelsmetropole gilt als einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten.

Auch Kämpfe hinterließen Spuren

In Palmyra hatten der IS bisher eine rund 2.000 Jahre alte Löwenstatue zertrümmert und islamische Heiligengräber gesprengt. Zudem zerstörten sie wertvolle Statuen, die Schmugglern abgenommen worden sein sollen.

Der Baal Schamin Tempel in Palmyra

APA/EPA/Youssef Badawi

Palmyra im Jahr 2010

Bereits vor der Einnahme durch die IS-Fanatiker hatten Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen ihre Spuren in Palmyra hinterlassen - Säulen und Statuen stürzten durch die Gefechte um. Die Mehrheit der bis zu 100.000 Einwohner in der Neustadt bei Palmyra ist seit dem Fernbleiben der Touristen ohne Arbeit. In Palmyra befand sich auch ein berüchtigtes Gefängnis, in dem Syriens Machthaber Baschar al-Assad politische Gegner inhaftierte. Nach der Einnahme der Stadt sprengten die radikalislamistischen Sunniten das Gefängnis.

Historische Stätten vermint

Vor der Eroberung der Stadt durch die Dschihadisten wurden wichtige Kunstwerke aus dem örtlichen Museum in Sicherheit gebracht, doch plünderten die Extremisten mehrere der reich verzierten Mausoleen und verminten die historischen Stätten.

Der Name Palmyra bedeutet Stadt der Palmen und wurde erstmals im 19. Jahrhundert vor Christus erwähnt. Damals war die Stadt eine Station für Karawanen auf der Seidenstraße nach Asien und der Handelsstraße zwischen Mittelmeer und Persischem Golf. Ihr eigentlicher Aufstieg begann nach der Eroberung durch die Römer im ersten Jahrhundert vor Christus. Bald schon entwickelte sich die Stadt dank des Handels mit Gewürzen, Seide und Duftstoffen aus dem Osten sowie Statuen und Glaswaren aus Phönizien zu einer luxuriösen Metropole.

An Bedeutung verloren

Im Jahr 129 nach Christus erklärte der römische Kaiser Hadrian Palmyra zur „freien Stadt“ innerhalb seines Reiches. In dieser Epoche entstanden der berühmte Tempel zu Ehren des babylonischen Gottes Baal - dem Äquivalent von Zeus. Vor der Verbreitung des Christentums wurde die Dreifaltigkeit Baal, Jarhibol (Sonne) und Aglibol (Mond) angebetet. Einer der zerstörten Tempel war dem phönizischen Himmelsgott Baal Schamin gewidmet. Er war im Jahr 17 begonnen und von Kaiser Hadrian 130 erweitert und verschönert worden.

Als das Römische Reich im dritten Jahrhundert zu bröckeln begann, erklärte sich die Oasenstadt Palmyra für unabhängig. Römische Truppen im Westen und persische Truppen im Osten wurden in einer Revolte Zenobias zurückgeschlagen, die dann Königin wurde. Bis zum Jahr 270 eroberte Zenobia ganz Syrien und Teile Ägyptens und stand vor der Schwelle Kleinasiens. Doch als der römische Kaiser Aurelian die Stadt wieder einnahm, wurde die mächtige Königin nach Rom gebracht und Palmyra verlor an Bedeutung.

Link: