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Organisatorische Herausforderung

Rund 5.000 schulpflichtige Kinder von Asylwerbern werden ab Herbst einen Schulplatz brauchen. Doch zur Frage, wo und wie diese Kinder unterrichtet werden sollen, ist noch vieles offen. Während einige Bundesländer noch den Bedarf erheben, fordern andere bereits lautstark Unterstützung vom Bund.

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Wie viele Kinder von Asylwerbern in den jeweiligen Bundesländern ab September einen Pflichtschulplatz brauchen, ist noch unklar, klar ist nur, dass es in vielen Gemeinden einige neue Mitschüler geben wird. Denn jedes Kind - unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status - hat in Österreich das Recht auf einen Schulbesuch. In einem Rundschreiben informierte das Bildungsministerium die Landesschulräte über mögliche Probleme. Eines davon könnte die Fluktuation der Schüler werden.

Traiskirchen ist vorbereitet

In Traiskirchen ist man laut dem niederösterreichischen Landesschulratspräsidenten Hermann Helm auf die Situation vorbereitet. So werde es statt der bisher zwei Brückenklassen heuer vier geben, sagte Helm gegenüber dem Ö1-Morgenjournal. „Man wird Klassen teilen müssen, man wird zusätzliche Lehrer anstellen müssen, man wird Kurssysteme einrichten müssen“, sagte Helm und betonte gleichzeitig, dass man „standortbezogene Lösungen“ finden wolle. Wie viele Flüchtlingskinder in zwei Wochen einen Platz brauchen werden, wisse er noch nicht genau, man sei aber vorbereitet, habe auch genug Ressourcen - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Länder fordern Unterstützung vom Bund

Im Burgenland ist man derzeit dabei, den Bedarf zu erheben. Auch weil es durch die Unterbringung zu lokal unterschiedlichen Anforderungen kommen könne, erklärte der zuständige Landesschulratspräsident Heinz Josef Zitz. In Kärnten rechnet man durch die zusätzlichen Schüler mit einem Bedarf von 50 zusätzlichen Dienstposten, wie Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger schätzt. Unterstützung erhofft man sich schon allein wegen der finanziell schwierigen Situation in dem südlichen Bundesland vom Bund.

Auch in Tirol sieht man den Bund in der Pflicht, für etwaige zusätzliche Lehrer aufzukommen. Der steirische Lehrergewerkschafter Josef Pilko sieht ebenfalls die Bezahlung der zusätzlich notwendigen mehr als 150 Dienstposten als größtes Problem. „Es muss einmal von Regierungsseite - vom Bund beginnend - klargestellt werden, sind wir bereit, das auch zu finanzieren?“ - mehr dazu in steiermark.ORF.at

„Nur 0,7 Prozent aller Schulpflichtigen“

Derzeit werde intensiv mit dem Finanzministerium verhandelt, heißt es dazu aus dem Bildungsministerium. „Wir bereiten die Situation seit Mai intensiv vor“, versicherte Sektionsleiter Kurt Nekula in der ZIB. Die Landesschulräte seien gut aufgestellt, ist Nekula überzeugt, „es ist ja nicht die erste Flüchtlingswelle“. Man habe über den Sommer mit allen Bereichen Gespräche geführt und die Ergebnisse in einem Rundschreiben an die Landesschulräte zusammengefasst. Zudem stünden 2.000 Dienstposten zur Unterstützung zur Verfügung.

ZIB-Studiogast: Kurt Nekula (SPÖ)

Kurt Nekula in der ZIB zur Kritik der Lehrergewerkschaft, warum das Schreiben aus dem Bundesministerium erst jetzt vorliegt.

Das Bildungsministerium hat in dem Schreiben auch erklärt, verstärkt Lehrer, die etwa Arabisch oder Kurdisch können, einzusetzen. Es werde gerade abgeklärt, ob es auch unter den Asylwerbern Lehrpersonal gebe, das man hier einsetzen könne, erklärte Nekula. Man dürfe aber nicht vergessen, dass diese geschätzten 5.000 Schüler „nur 0,7 Prozent aller schulpflichtigen Kinder“ seien, betont der Ministeriumsleiter.

Diese Zahl entspricht in etwa dem jährlichen demografischen Schülerrückgang. An Volksschulen, Haupt- und Neuen Mittelschulen gibt es laut Statistik Austria insgesamt etwas mehr als 28.000 Klassen - hochgerechnet käme damit in rund jede sechste Klasse ein Flüchtlingskind. Auch die Klassenschülerhöchstzahl von 25 an den Pflichtschulen soll nicht überschritten werden.

Wien optimistisch

„Das geht sich sicher aus“, hieß es dazu aus dem Wiener Stadtschulrat gegenüber der APA. Es gebe auch genügend Schulen mit Klassen mit nur 22 oder 23 Schülern: „Zur Not eröffnet man da oder dort eine neue Klasse.“ In der Bundeshauptstadt rechnet man mit etwa 350 Flüchtlingskindern, die zu Schulbeginn eine spezielle Betreuung benötigen werden.

Gegenüber Radio Wien erklärte der Wiener Stadtschulrat, man habe Erfahrung mit Migrantenkindern. Schon lange gebe es speziell geschulte Lehrer, und schon lange gebe es das Projekt „Neu in Wien“, bei dem Quereinsteiger auch unter dem Schuljahr in bestehende Klassen integriert werden und spezielle Förderungen bekommen - mehr dazu in wien.ORF.at.

Hohe Fluktuation erwartet

Dennoch bleibt die derzeitige Flüchtlingssituation für die Schulen eine organisatorische Herausforderungen. So sei zu erwarten, dass viele junge Flüchtlinge wegen der Verlegung in ein anderes Quartier „oft von einem Tag auf den anderen die Schule wechseln müssen, sodass sich für die betreffenden Schulklassen eine teilweise hohe Fluktuation ergibt“, heißt es in einem Rundschreiben des Bildungsministeriums.

Grundsätzlich sind Flüchtlingskinder, weil sie meist noch kein Deutsch sprechen, als außerordentliche Schüler einzustufen und haben damit die Möglichkeit, an Sprachförderkursen teilzunehmen. „Außerordentlich“ bleibt man grundsätzlich für zwölf Monate, dieser Status kann aber für ein weiteres Jahr verlängert werden, wenn die Sprache „ohne eigenes Verschulden“ nicht ausreichend erlernt werden konnte.

Im Salzburger Stadtteil Liefering gibt es seit einem Jahr eine Willkommensklasse. Dort erhalten Flüchtlingskinder verschiedener Altersgruppen Deutschunterricht und lernen Lesen und Schreiben, bis sie in andere Klassen kommen - mehr dazu in salzburg.ORF.at.

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