Gewichte steuern Uhrwerk
Briten, die ihre Uhr nach den Glockenschlägen des „Big Ben“ richten, müssen diese womöglich nachstellen: Das Wahrzeichen ist nämlich seit etwa zwei Wochen nicht im Takt und geht bis zu sechs Sekunden vor. Dem Radiosender BBC Radio 4 fiel die Ungenauigkeit auf - der täglich live übertragene Klang der Glocke im Uhrturm des britischen Parlamentsgebäudes hatte das Radioprogramm zu früh unterbrochen.
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Der Radiosender habe daraufhin Steven Jaggs, den Uhrwart, informiert. Aber weder Jaggs noch die Uhrmacher des Parlamentsgebäudes haben eine Erklärung dafür. „Das ist eine mechanische Uhr“, so Jaggs. „Sie ist nicht digital, sie ist nicht elektronisch. Sie braucht eine Menge Liebe und Pflege.“
„Manchmal etwas launisch“
Die Uhrenmacher steigen bereits dreimal die Woche die 334 Stufen des Towers zur Uhr hinauf, um die Exaktheit der Uhr zu prüfen, wie der „Guardian“ berichtet. Die kleinsten Faktoren können die Genauigkeit der Glockenschläge beeinträchtigen - Wetter, Luftdruck oder ganz einfach die Tatsache, dass die Uhr 156 Jahre alt ist. Derzeit sei sein Team fast jeden Tag im Einsatz, sagt Ian Westworth, einer der Uhrmacher. „Wir wissen nicht, warum es passiert ist“, so Westworth. „Die Uhr ist manchmal etwas launisch.“
Der „Big Ben“
„Big Ben“ ist eigentlich der Name einer großen Glocke des berühmten Uhrturms, wird allgemein aber auch als Bezeichnung für den 96 Meter hohen Turm verwendet. 2012 wurde der Turm offiziell zu Ehren von Königin Elizabeth II. in Elizabeth Tower umbenannt.
Die Technik hinter dem alten Uhrwerk ist gefinkelt: Mit kleinen Gewichten, die an einem Pendel angebracht oder runtergenommen werden, wird es kalibriert. Man habe nun schrittweise das Gewicht etwas reduziert, obwohl das eigentlich ursprünglich dazu geführt hatte, dass die Uhr zu langsam ging. „Stellen Sie sich vor, Ihr Auto läuft 24 Stunden lang, 365 Tage im Jahr, und das in den letzten 156 Jahren“, bringt Westworth die Problematik gegenüber der BBC auf den Punkt.
Turm neigt sich
Der sandfarbene Westminster-Palast, der das britische Parlament beherbergt, ist mit dem Glockenturm eines der Wahrzeichen Londons. Das Haus ist stark sanierungsbedürftig. Rund sieben Milliarden Pfund (fast zehn Mrd. Euro) sollen die Renovierungsarbeiten Berichten zufolge kosten, 40 Jahre könnten sie dauern. Zuletzt diskutierte das Parlament über einen Umzug für die Zeit der Instandsetzung. Auch der Uhrturm selbst hat schon bessere Zeiten gesehen - das Wahrzeichen steht nicht mehr ganz vertikal, sondern neigt sich Richtung Nordwesten. Einsturzgefahr besteht laut Wissenschaftlern aber erst in ein paar tausend Jahren.
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