Nach „konstruktiven Gesprächen“
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (Medecins sans Frontieres, MSF) bekommt ab sofort Zugang zum Flüchtlingslager Traiskirchen. Das gab die Organisation am Freitagabend nach einem Gespräch mit Vertretern des Innenministeriums bekannt. Sowohl MSF als auch ein Sprecher des Innenressorts berichteten von „sehr konstruktiven Gesprächen“, bei denen die NGO auch ihre Kritik am Zustand im Lager darlegte.
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So wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) haben auch MSF-Vertreter das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen bereits am 6. August besichtigt. Erste Erkenntnisse und konkrete Forderungen wurden am Freitag mit Vertretern des Innenministeriums besprochen. Dabei habe man von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nun unter anderem den vollen und uneingeschränkten Zugang zum Zentrum gefordert, der im Gespräch „ab sofort zugesichert wurde“, wie MSF per Aussendung mitteilte.
„Es geht nicht um Schuldzuweisungen“
Man habe bei dem Gespräch dargelegt, dass eine umfassende Beurteilung der medizinisch-humanitären Situation im Betreuungszentrum erst möglich sei, wenn ungehinderter Zugang gewährt wird, so MSF. MSF-Österreich-Präsidentin Margaretha Mahle sagte gegenüber laut APA, man wolle eine Bestandsaufnahme tätigen. Es gehe dabei nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, zu schauen, wie man den Betroffenen am besten helfen kann - und zwar unter Einbindung von anderen Organisationen wie Caritas und Diakonie.
Auch Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck bezeichnete gegenüber der APA die Gespräche als „konstruktiv“. Angesichts der Obdachlosigkeit vieler Betroffener im Flüchtlingslager und der Hitzewelle gebe es Überlegungen, dass mobilen Teams von Ärzte ohne Grenzen „in Absprache mit dem Innenministerium“ im Erstaufnahmezentrum unterwegs sein können, um akute medizinische Bedürfnisse rasch erkennen und darauf reagieren zu können.
„Menschenwürdige Unterbringung“ sicherstellen
Generell appellierte MSF in der Aussendung an die Bundesregierung sowie an Länder und Gemeinden, „die unmittelbare Verantwortung für die Betreuung der in Österreich Schutz suchenden Menschen wahrzunehmen“ und eine „menschenwürdige Unterbringung“ sowie eine „medizinische und psychosoziale Betreuung nach gängigen humanitären Standards“ sicherzustellen.
Für jene Zeit, bis die entsprechenden Maßnahmen implementiert sind, empfiehlt Ärzte ohne Grenzen „in aller Dringlichkeit“, unabhängigen Organisationen wie Caritas und Diakonie ab sofort die Möglichkeit zu geben, auf dem Gelände des Zentrums einen mobilen medizinischen Dienst anzubieten.
Man werde in Traiskirchen mit Expertise unterstützend zur Verfügung stehen, betonte MSF - und wies darauf hin, dass die NGO medizinische Versorgung nur dann leistet, „wenn nicht genügend andere Strukturen verfügbar sind“.
Scharfe Kritik an Zuständen
Wie schon zuvor AI übte MSF scharfe Kritik an den Zuständen im Flüchtlingslager: Sowohl die Unterbringung als auch die medizinische und sanitäre Versorgung der Flüchtlinge würden „grobe Mängel“ aufweisen. Die Unterbringung von Flüchtlingen unter freiem Himmel stelle eine „unmittelbare Bedrohung der physischen und psychischen Gesundheit“ dar, so MSF.
Darüber hinaus würden viele der Menschen im Zentrum den Arztbesuch scheuen, da sie die Weitergabe personenbezogener medizinischer Daten an die Behörden und dadurch eine Verzögerung ihres Verfahrens befürchten. Außerdem bemängelte MSF eine „unzureichende Kapazität“ der derzeitigen medizinischen Betreuungseinrichtung.
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