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„Das ganze Gebiet ist ein Massengrab“

Seit elf Monaten läuft in Mexiko die Suche nach 43 Studenten, die im Bundesstaat Guerrero verschwunden sind. Einer, der die Angehörigen in ihrem Kampf gegen die lokalen Behörden unermüdlich unterstützte, war Miguel Angel Jimenez Blanco. Samstagabend wurde der Bürgerrechtler in seinem Taxi erschossen aufgefunden.

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Die Leiche wurde in seinem Sammeltaxi, das am Rande der Autobahn zwischen Acapulco und Mexiko-Stadt abgestellt worden war, gefunden, teilten die Justizbehörden des südmexikanischen Bundesstaates Guerrero am Sonntag (Ortszeit) mit. „Ein Fahrzeug ist ihm seit Donnerstag gefolgt“, sagte ein Mitglied der von Jimenez gegründeten Bürgerwehr der US-Zeitung „Los Angeles Times“.

Vorwurf der Vertuschung

Jimenez Blanco hatte vor zwei Jahren eine Bürgerwehr aus über 100 Frauen zum Schutz seiner Heimatstadt vor den Drogenkartellen gegründet. Als im Vorjahr 43 Studenten unter mysteriösen Umständen verschwanden, leitete er innerhalb des Verbands der Union der Völker und Organisationen von Guerrero (UPOEG) die Suche nach den jungen Männern. In dem Fall, der weltweit für Aufsehen sorgte, wurde er zu einem der schärfsten Kritiker der lokalen Behörden, denen er Vertuschung und Unterschlagung von Beweisen vorwarf.

Mexikanische Polizisten

Reuters/Jorge Dan Lopez

Mexikanische Soldaten an einem Massengrab in Guerrero

Die Gruppe junger Studenten war im vergangenen September in Iguala in Guerrero von der Polizei festgenommen und mutmaßlich der Drogenbande Guerreros Unidos übergeben worden. Mitglieder der Bande sollen die Studenten ermordet haben, die sie für Mitglieder eines verfeindeten Kartells hielten. Die Leichen sollen sie anschließend verbrannt haben. Nur eine Leiche konnte bisher identifiziert werden. Laut mexikanischer Regierung wurden die übrigen Leichen verbrannt und danach in einen Fluss nahe der Stadt Cocula geworfen. Eine Identifizierung sei daher unmöglich, so die Regierung.

Hundert Leichen entdeckt

Doch die Angehörigen misstrauten den Angaben der Behörden und setzten die Suche gemeinsam mit Jimenez Blanco fort. Der engagierte Aktivist begann die Region rund um die Touristenmetropole Acapulco systematisch abzusuchen und stieß dabei auf unzählige Gräber. Erst letzte Woche sagte Jimenez in einem Interview mit CNN Mexico, dass er und seine Helfer seit Oktober 129 Leichen entdeckt hätten: „Das ganze Gebiet ist ein Massengrab.“ Insgesamt werden in Mexiko über 20.000 Menschen vermisst.

Mario Vergara, dessen Bruder seit Juli 2014 in Guerrero vermisst wird, sagte gegenüber der „LA Times“, dass Jimenez Blanco Hunderte Familien motiviert habe, nach ihren Angehörigen zu suchen. Auf die Frage, ob die Suche, die derzeit wegen der Regensaison unterbrochen ist, nach dem Tod von Jimenez Blanco fortgesetzt werde, sagte Vergara: „Sie haben Miguel getötet; wir wissen nicht, warum. Vielleicht wegen der Suche, mit der wir der Regierung Feuer unter dem Hintern gemacht haben. Aber sie werden uns nicht stoppen.“

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