Themenüberblick

„Fast drei Tonnen Sprengstoff“

Mindestens 120 Menschen sind bei einem der tödlichsten Anschläge in den vergangenen Monaten im Irak ums Leben gekommen. Auf einem belebten Markt in Bani Saad rund 35 Kilometer nordöstlich von Bagdad sprengte ein Selbstmordattentäter sich und sein Auto in die Luft. An diesem Freitag waren besonders viele Menschen auf dem Platz. Sie wollten für das Fest am Ende des Fastenmonats Ramadan einkaufen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

In Fernsehbildern waren Leichen inmitten der Trümmer total zerstörter Gebäude und brennender Fahrzeuge zu sehen. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete von einem fünf Meter großen und zwei Meter tiefen Krater sowie schweren Zerstörungen am Anschlagsort. War anfangs noch von 35 Toten und 70 Verletzten die Rede, stieg diese Zahl schnell an.

Zerstörtes Auto

APA/AP/Karim Kadim

Die Autobombe ließ auf dem Markt in Bani Saad ein Trümmerfeld zurück

120 Menschen seien getötet und 130 weitere verletzt worden, sagte am Samstag Muthana al-Tamimi, Vorsteher der Provinz Didschala, der Nachrichtenseite Almada Press. Bereits am Freitag zeigten sich die Provinzbehörden tief betroffen. Sie verordneten eine dreitägige Trauer. Zum Schutz vor weiteren Anschlägen schloss die Provinzverwaltung zudem alle Festplätze für weitere Feierlichkeiten
zum Fest des Fastenbrechens, Id al-Fitr. Die Feiern am Ende des Ramadan dauern traditionell drei Tage an.

IS bekannte sich zu Attentat

Bereit kurze Zeit nach dem Anschlag bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) über den Kurznachrichtendienst Twitter dazu. Ein Selbstmordattentäter habe sich in einem mit fast drei Tonnen Sprengstoff beladenen Fahrzeug in die Luft gesprengt, hieß es. Die sunnitische Terrororganisation erklärte nach Angaben des US-Senders CNN, das Attentat habe einer Zusammenkunft schiitischer Milizen gegolten.

Gezielt gegen schiitische Zivilisten

Der Anschlag dürfte sich wohl gezielt gegen schiitische Zivilisten gerichtet haben. Für die Schiiten endet der islamische Fastenmonat Ramadan erst an diesem Samstag, einen Tag später als bei den Sunniten. Märkte sind in den Tagen vor dem Id-al-Fitr-Fest zum Fastenbrechen meist sehr voll, weil sich die Menschen mit Lebensmitteln zum Fest eindecken.

Jedes Jahr zum Ramadan gebe es einen Anschlag, sagte Behördenchef Abbas Hadi Saleh gegenüber AFP. „Sie werfen uns vor, Schiiten zu sein.“ Der jetzige Anschlag sei der schlimmste in der Provinz Didschala seit dem Jahr 2003.

Das Attentat ist auch eines der blutigsten seit dem Erstarken des IS. Die Miliz hatte im Sommer vergangenen Jahres weite Teile des Irak erobert. Die Provinz Didschala war eigentlich im Jänner für befreit erklärt worden - vereinzelte Anschläge des IS gibt es dort aber immer wieder.

Kurden werfen IS Giftgaseinsatz vor

In Syrien setzte der IS kurdischen Angaben zufolge Giftgas ein. Die Kurdenmiliz YPG teilte am Samstag mit, sie sei am 28. und 29. Juni in der nordöstlichen Provinz Hasaka von IS-Kämpfern mit Giftgas angegriffen worden. Um was für ein Gas es sich konkret handelte, sei aber unklar.

Dank rascher Behandlung in einem Krankenhaus habe es keine Toten unter den betroffenen Kurdenkämpfern gegeben. Auch die in Großbritannien ansässige oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, sie habe Belege für den Einsatz von Giftgas durch die IS-Miliz in der Region Ende Juni. Die Beobachtungsstelle erhält ihre Informationen von einem Netzwerk von Aktivisten an Ort und Stelle, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Link: