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Viele Nein-Stimmen von CDU/CSU

Mit großer Mehrheit stimmten die deutschen Abgeordneten im Bundestag am Freitag für Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel verlor allerdings in ihren eigenen Reihen an Unterstützung für ihren Griechenland-Kurs.

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60 Abgeordnete von CDU/CSU stimmten am Freitag gegen das Paket, fast doppelt so viele wie bei der letzten Abstimmung über Griechenland. Weitere fünf Abgeordete der Union enthielten sich der Stimme. Nach der Fraktionssitzung vom Donnerstagabend war die Union von 48 Abweichlern ausgegangen. Insgesamt stimmten 241 CDU/CSU-Abgeordnete mit Ja.

Geschlossener zeigte sich die SPD: Hier stimmten 175 Abgeordnete mit Ja, vier mit Nein, darunter der frühere deutsche Finanzminister und Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Von der Linken kamen 53 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen, von den Grünen 23 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie 33 Enthaltungen. 32 Abgeordnete nahmen nicht an der Abstimmung teil, etwa weil sie im Urlaub waren. Insgesamt stimmten 439 Abgeordnete für die Verhandlungen, 119 waren dagegen, 40 enthielten sich.

Regierung warb eindringlich um Zustimmung

In einer kontrovers geführten Debatte warb Merkel eindringlich um die Stimmen der Abgeordneten. Während der schwierigen Gespräche mit der Regierung in Athen habe ein „Scherbenhaufen“ und ein unkontrolliertes Ausscheiden des Landes aus der Euro-Zone gedroht. „Chaos und Gewalt könnten die Folgen sein“, so Merkel. Daher seien Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm die richtige Entscheidung: „Wir würden grob fahrlässig, ja unverantwortlich handeln, wenn wir diesen Weg nicht wenigstens versuchen würden“, sagte sie den aus dem Sommerurlaub zurückgeholten Abgeordneten.

Merkel, der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Finanzminister Wolfang Schäuble warfen der linken SYRIZA-Regierung in Athen vor, in ihren sechs Monaten Amtszeit Griechenland weiter heruntergewirtschaftet zu haben. „Das Ergebnis war ein Scherbenhaufen“, kritisierte Merkel. Die deutsche Regierung habe sich daher entschieden, „einen letzten Versuch“ zu unternehmen, dem Land mit einem dritten Programm zu helfen. Weder habe man das Grundprinzip aufgeben wollen, Hilfe nur bei Gegenleistung zu gewähren, noch wolle man das Land „ausbluten“ lassen.

Schäuble glaubt an erfolgreichen Abschluss

Gabriel forderte neben dem Hilfsprogramm neue Wachstumsimpulse. Er appellierte an die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. „Deutschland ist ein starkes, aber eben auch ein mitfühlendes Land“, sagte er. Er forderte auch, dass die Debatte über einen „Grexit“, also den Ausstieg der Griechen aus dem Euro, der Vergangenheit angehören müsse.

Schäuble sagte, ein drittes Programm sei eine letzte Chance für Griechenland, unter den Bedingungen der Mitgliedschaft in der Euro-Zone aus der Krise zu kommen. Um wettbewerbsfähig zu werden und an den Kapitalmarkt zurückkehren zu können, müsse das Land grundlegende Reformen umsetzen. Daher stünden schwierige Verhandlungen bevor: „Wir glauben, dass die Chance besteht, dass wir diese Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss bringen können.“

Heftige Angriffe der Opposition

Die Opposition nutzte die Sondersitzung zu heftigen Angriffen auf die Politik der Bundesregierung und auf Schäuble, der noch am Donnerstag ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro als möglicherweise bessere Lösung bezeichnet hatte. „Sie sind dabei, die europäische Idee zu zerstören“, warf Linken-Fraktionschef Gregor Gysi dem Finanzminister vor. „Wir hatten international schon einen guten Ruf, und Sie haben begonnen, es zu zerstören.“ Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte in der Debatte zur Rolle Deutschlands: „Wir tragen zur Schwäche Europas bei in einer Zeit, in der wir stark sein müssen.“ Es dürfe kein Europa geben, in dem der Stärkere gegen den Schwächeren stehe.

Die Abgeordneten stimmten zunächst nur der Aufnahme von Gesprächen über ein drittes Hilfsprogramm sowie einer Brückenfinanzierung bis zum Abschluss der Verhandlungen zu. Dabei geht es um drei Jahre Stabilitätshilfe aus dem Euro-Rettungsfonds ESM. In diesem Zeitraum wird Griechenland bis zu 86 Milliarden Euro benötigen. Einigen sich die Regierung in Athen und die internationalen Geldgeber auf ein Programm, muss der deutsche Bundestag erneut abstimmen.

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