Wirbel im Hauptquartier
Die US-Stadt Peoria im Bundesstaat Illinois ist seit Jahrzehnten der Sitz von Caterpillar, dem weltweit größten Hersteller von Baumaschinen. Für Stadt und Umland ist das Unternehmen eine wirtschaftliche Lebensader. Der Gedanke an ihr Versiegen versetzt lokale Politiker in Angst und Bange.
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„Wir mögen ein internationales Unternehmen sein, aber alle Straßen führen nach Peoria“, verkündete Caterpillar-Chef Doug Oberhelman 2015 in der Lokalzeitung „Journal Star“. Gerne betont der weltgrößte Produzent von Baugerät in prägnantem Gelb seine Verbindung mit der Stadt im Mittleren Westen. In den vergangenen Jahren zeichneten sich allerdings wachsende Anspannungen zwischen der Politik und dem Unternehmen ab. Bei den etwa 15.400 Beschäftigten in und um Peoria wuchs die Angst vor einer Abwanderung der Firmenzentrale. „Cat“ ist einer der größten Arbeitgeber der Region.
Neuer Campus als Bleibegarantie
Bei den Reibereien ging es laut „Bloomberg Business“ unter anderem um die temporäre Erhöhung der bundesstaatlichen Körperschaftsteuer von 4,8 auf sieben Prozent. Caterpillar-Chef Oberhelman beschwerte sich 2011 in einem Brief beim damaligen demokratischen Gouverneur Pat Quinn über das wirtschaftsfeindliche Klima und ließ anklingen, dass mindestens vier andere Bundesstaaten dem Baumaschinengiganten eine Umsiedelung schmackhaft machen wollten.
Obwohl Oberhelman in dem Brief betonte, „eine Verlegung werde nicht in Erwägung gezogen", war die Stadt in Unruhe. Die erlösende Entwarnung kam erst, als das Unternehmen im Februar 2015 den Bau eines neuen Firmencampus in Peoria ankündigte. Bruce Rauner, seit heuer republikanischer Gouverneur von Illinois, brachte bei der Ankündigung seine Erleichterung mehr als deutlich zum Ausdruck: „Das ist ein großartiger Tag für Illinois.“ Rauner, dessen Gouverneurskampagne von Oberhelman unterstützt wurde, bestritt auch, dass das Unternehmen auf Boni bestanden habe: „Caterpillar hat nicht nach einem Spezialdeal oder Steuervergünstigungen gefragt. Dafür danke ich.“

Caterpillar Inc.
Modell des geplanten Caterpillar-Campus
Ein Viertel in „Cat“-Gelb
Die neue Zentrale, so „Bloomberg“, soll sich über sechs Häuserblocks erstrecken und 3.200 Angestellte beherbergen. Das sind 1.000 Personen mehr, als jetzt in der Zentrale von Caterpillar arbeiten. Um das Firmengebäude mit begrünten Dächern und einer Teilfassade aus Metall im charakteristischen Caterpillar-Gelb herum soll ein ganzes Viertel für Angestellte und Einwohner entstehen.
Fakten zur Firma
Caterpillar ist 1925 aus einem Zusammenschluss der Holt Manufacturing Company und der C. L. Best Tractor Company entstanden. Das Kerngeschäft besteht aus schwerem Baugerät, Stromversorgungssystemen, Industriegasturbinen, Bergbaumaschinen, Lokomotiven und Gasförderung. In den 1970er Jahren beschäftigte „Cat“ in Illinois rund 35.000 Menschen. Aufgrund der Abwanderung von Produktionsstätten in Absatzgebiete sind es heute noch etwa 15.400.
Mit Fitnessanlagen, Shops und Erholungsmöglichkeiten will man die Gegend aufpolieren, was Bürgermeister Jim Ardis gerade recht kommt. Er hat den Ausbau des Stadtteils Warehouse District angekündigt, unter anderem um der Wohnungsnot in Peoria Herr zu werden. Der Bürgermeister kooperiert bei seinem Vorhaben eng mit Caterpillar, zahlreiche Ausbauten im Viertel werden von der Firma durchgeführt.
Wirtschaftliche Negativentwicklungen
Das Unternehmen betonte nicht grundlos, die Kosten für den Campus würden „sehr vorsichtig“ kalkuliert, denn derzeit hat der Maschinengigant durchaus mit den Zahlen zu kämpfen. Erst Ende Juni wurde die Entlassung von 170 Mitarbeitern in der Fertigungsanlage im Osten Peorias angekündigt. Schon im Jänner wurden dort 120 Personen verabschiedet. Als problematisch erweisen sich vor allem die niedrigen Rohstoffpreise, die sich negativ auf die Erschließung neuer Abbaugebiete auswirken und Investoren von der Anschaffung von Maschinen abhält.

AP/Scott Boehm
Caterpillars Baumaschinen tragen das charakteristische Gelb
Neue Richtung für schweres Gerät
Nicht nur wegen der Verschiebungen auf dem Rohstoffmarkt streckt die Firma ihre Fühler auch in gänzlich andere Richtungen aus. Denn Graben und Planieren ist heute längst nicht mehr alles, was Maschinen können. Es fängt bei der Fernwartung an: Schon 350.000 Caterpillar-Maschinen rund um den Globus werden von Peoria aus zentral überwacht, wie „Crain’s Chicago Business“ berichtet. Dabei geht es einerseits um die Prävention von teuren technischen Gebrechen, andererseits ums Sammeln von Daten.
Diese sind der Schlüssel, um herauszufinden, wie die Maschinenriesen in Zukunft besonders effizient und einträglich eingesetzt werden können. In weiten Teilen geht es dabei um den Ausbau von Automatisierung. „Minen können Herausforderungen für Personal und Ausrüstung sein, und Automatisierung ist eines der Mittel, um Sicherheit, Prozesskontrolle und Produktivität auszubauen“, so Caterpilllar-Pressesprecherin Barbara Cox zum „Journal Star“. 45 Geräte in Australien seien bereits vollautomatisiert im Mineneinsatz und hielten „nur zum Tanken“.
Forschung für die Zukunft
Caterpillar hat laut „Crain’s Chicago Business“ in den letzten Jahren etwa 2,14 Milliarden Dollar (1,95 Mrd. Euro) in Forschung und Entwicklung gesteckt. Das Unternehmen investierte in datenanalytische Start-ups, intensivierte die Forschung im Haus mit der Gründung einer neuen Abteilung und eröffnete an der Universität von Illinois eine Abteilung, die sich auf den Umgang mit Datenmaterial spezialisiert hat.
Im besten Fall stellen diese Maßnahmen der Region nicht nur neue Arbeitsplätze in Aussicht, sie könnten auch hochqualifiziertes Personal in den Bundesstaat locken und die Abwanderung junger Menschen verhindern. Bürgermeister Jim Ardis hofft auch auf auch das Potenzial eines Schneeballeffekts: Er verspricht sich von Caterpillars neuer Zentrale, dass sich auch andere Unternehmen in der Region ansiedeln.
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