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3,4 Mio. Euro Belohnung

Der Ausbruch des mexikanischen Drogenbosses Joaquin Guzman alias „El Chapo“ rückt die weit verbreitete Korruption in Mexiko in den Fokus. Denn nur mit Hilfe von innen ist eine derartige von langer Hand geplante Flucht durchführbar. Das räumte Innenminister Miguel Angel Osorio Chong am Montag ein.

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In einer ersten Maßnahme wurde der Gefängnisdirektor entlassen. Auch der Leiter der Strafvollzugsbehörde sowie weitere hochrangige Beamte wurden ihrer Posten enthoben. Nachlässigkeit seitens der Regierung schloss der Innenminister allerdings aus. Die Hochsicherheitshaftanstalt entspreche internationalen Standards.

Flucht „beschämt uns alle“

Ein Großteil des Gebäudes werde mit Videokameras überwacht, zudem habe „El Chapo“ eine elektronische Fessel getragen. Trotz der höchsten Sicherheitsstufe sei Guzman die Flucht geglückt. „Dieser Fehler beschämt uns alle“, sagte Osorio Chong. Gleichzeitig räumte er ein, in der Zelle habe es „zwei tote Winkel“ gegeben, die über die Kameras nicht eingesehen werden konnten. Die Fußfessel habe zudem nur innerhalb der Gefängnismauern funktioniert.

Tunnel

APA/AP

Durch diesen Ausgang verließ Guzman den Tunnel

Durch 1,5 Kilometer langen Tunnel geflüchtet

Guzman war am Samstag durch einen heimlich gegrabenen Tunnel aus der Haftanstalt im zentral gelegenen Bundesstaat Mexico entkommen. Der unterirdische Gang war nach Angaben der Behörden rund 1,70 Meter hoch, 80 Zentimeter breit und verfügt über eine Luftzufuhr sowie Beleuchtung. Der Ausgang des Schachts befand sich auf einer 1,5 Kilometer entfernten Baustelle.

Der Coup zeigt, wie weit der Arm des Drogenbosses auch noch aus dem Gefängnis reichte und wie korrupt die Sicherheitskräfte des Landes anscheinend sind. „Er hat alles Geld der Welt und viele Leute, die bereit sind, ihm zu helfen“, sagte der ehemalige Chef der US-Anti-Drogen-Behörde DEA, Peter Bensinger, der Zeitung „USA Today“. Der Tunnelbau war ein Großprojekt: Nach Berechnungen der Zeitung „Reforma“ wurden in einer Bauzeit von sechs, sieben Monaten insgesamt 3.250 Tonnen Erdreich mit einem Motorrad, das auf Schienen fuhr, aus dem Tunnel abtransportiert.

Weltweite Fahndung läuft

Wie Generalstaatsanwältin Arely Gomez mitteilte, wurden inzwischen 34 Gefängnismitarbeiter und 17 Häftlinge von den Ermittlern befragt. Unter den Befragten waren nach Angaben aus Justizkreisen die für Guzmans Zelle zuständigen Wächter und die Gefängnismitarbeiter, die die Videoüberwachung auswerteten. Vorgeladen wurden zudem zwei Anwälte Guzmans und andere Besucher sowie der Besitzer des Gebäudes, in dem der Fluchttunnel endete.

Der mexikanische Drogenboss Joaquin „El Chapo“ Guzman

APA/EPA/Sáshenka Gutiérrez

Die Staatsanwältin zeigt das Fahndungsfoto von Guzman

Tausende Polizisten und Soldaten suchen im ganzen Land nach Guzman. Über die internationale Polizeibehörde Interpol wurde der Drogenboss weltweit zur Fahndung ausgeschrieben. Für Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen, lobte die Generalstaatsanwaltschaft eine Belohnung in Höhe von umgerechnet 3,4 Mio. Euro aus.

Bereits zweite gelungene Flucht

Es ist bereits die zweite Flucht von Guzman aus dem Gefängnis. In einem Wäschewagen versteckt entkam er 2001. Erst 2014 wurde Guzman wieder gefasst. Die damalige Flucht ließ er sich angeblich 2,5 Millionen Dollar kosten. Der Direktor und 33 Wächter des Gefängnisses wurden damals festgenommen. Seine Geschäfte hatte Guzman selbst in der Haft praktisch unbehelligt weiterführen können.

Hochsicherheitsgefängnis Altiplano in Mexiko

Reuters/Edgard Garrido

Altiplano soll eines der sichersten Gefängnisse Mexikos sein

Guzman gilt als der Kopf eines der mächtigsten und gefährlichsten Drogenkartelle weltweit. Sein Spitzname bedeutet übersetzt „der Kleine“ und bezieht sich auf seine Körpergröße von 1,68 Meter. Die US-Behörden bezeichnen Guzman als den mächtigsten Drogenboss der Welt und als Herr über ein „kriminelles Imperium“. Sinaloa soll laut einem Bericht der Zeitung „El Universal“ allein mit Drogenhandel jährlich rund drei Milliarden Dollar (2,7 Mrd. Euro) umsetzen. Außerdem ist es in Produktpiraterie, Menschenhandel und Schutzgelderpressung verwickelt.

Rückschlag für Präsidenten

Die neue Flucht von „El Chapo“ ist ein herber Rückschlag für die Sicherheitsstrategie von Präsident Enrique Pena Nieto. Seit Beginn seiner Amtszeit Ende 2012 wurden 93 der 122 meistgesuchten Verbrecher des Landes getötet oder gefasst. Die Festnahme von Guzman im vergangenen Jahr war ein großer Erfolg für die Regierung. Eine weitere Flucht von „El Chapo“ wäre „unverzeihlich“, sagte Pena Nieto damals.

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