Themenüberblick

Unzumutbare Zustände in Traiskirchen

Zwei große Themenblöcke sind am Sonntag bei der ORF-„Pressestunde“ mit Bundespräsident Heinz Fischer im Vordergrund gestanden: Griechenland und die Flüchtlingsfrage. Während Österreich bei der Griechenland-Frage bisher kaum Position bezogen hat, sorgte das Thema Asyl zuletzt für Streit innerhalb der Koalition. Fischer mahnte die Regierung, ihre Kraft zur Problemlösung zu nutzen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Vor allem die gerechte Verteilung von Flüchtlingen war bei der letzten „Pressestunde“ vor der Sommerpause mit „Standard“-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid Thema. Wobei Fischer den Vorschlag von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), zur Flüchtlingsbetreuung Bezirksquoten einzuführen, sichtlich goutierte. Er sei der Meinung, dass Quoten bei der Lösung des Problems „unterstützend“ sein könnten.

Bundespräsident Fischer in der ORF-Pressestunde

ORF

Heinz Fischer, Fritz Dittlbacher und Alexandra Föderl-Schmid

Fischer verteidigt Asylplätze in der Slowakei

Ob die über Bezirke oder Gemeinden gingen, sei „nicht primär“, Bezirke hätten aber wohl den Vorteil, dass sie mehr Flexibilität böten. Er betonte, dass die wachsende Zahl an Flüchtlingen nur gemeinsam mit der Bevölkerung zu bewältigen sei. „Es ist eine Belastung, aber die muss man auch in Proportion mit dem Elend der Menschen sehen, die um ihr nacktes Leben laufen.“

Dass Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zuletzt 500 Asylplätze in der Slowakei organisiert hat, sieht Fischer nicht als Problem. Wenn jemand aus Syrien flüchte, sei es für ihn nicht entscheidend, ob er 30 Kilometer westlich oder östlich von der Grenze untergebracht werde: „Er will ein Dach über dem Kopf haben.“ Fischer wird sich jedenfalls bei seinem bevorstehenden Slowakei-Besuch für die Übernahme der Flüchtlinge bedanken.

Klargestellt wurde vom Bundespräsidenten, dass die derzeitigen Zustände in der Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen unzumutbar seien: „Das geht gar nicht, dass Leute im Freien übernachten müssen.“ Auch Zelte hält der Bundespräsident für keine adäquate Unterbringungsmöglichkeit.

Koalitionsstreit „unnötig“

Kritik übte Fischer an Streitigkeiten in der Regierung, auch rund um die Asylkrise. Es sei unnötig gewesen, wie bei der Parlamentsdebatte diese Woche ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka den Bundeskanzler angegangen sei, aber genauso, wie SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder gestern in Zeitungsinterviews offenbar als Revanche Innenministerin Mikl-Leitner attackiert habe. So etwas mache man untereinander abseits der Öffentlichkeit aus. „Jeder hat die Handynummer des anderen.“

Die Regierung mahnte Fischer, ihre Kraft zur Problemlösung zu nutzen: „Sonst wird sie bei der nächsten Wahl nicht reüssieren.“ Mit Neuwahlen rechnet der Bundespräsident im letzten Jahr seiner Amtszeit nicht. Er glaube, dass sich das Regierungsteam „zusammenrauft“. Personelle Wechsel erwartet der Bundespräsident ebenfalls nicht.

Chancen für Griechenland 50:50

Was die Situation mit Griechenland betrifft, hat sich Fischer nicht unbedingt zuversichtlich gezeigt. „Wir würden begrüßen, wenn Griechenland in der Euro-Zone bleiben kann“, so der Bundespräsident. „Die Chancen sind aus meiner Sicht nicht über 50 Prozent.“ Das, was die griechische Regierung bisher an Vorschlägen vorgebracht habe, werde man so nicht annehmen können.

Der Bundespräsident kritisierte die griechische Führung für ihre „unglückseligen Manöver“ wie die „überfallsartige Volksbefragung“. Man habe in der Vergangenheit unnötig viel Zeit verstreichen lassen: „Jetzt steht es Spitz auf Knopf.“ Jede Stunde für Verhandlungen sei kostbar. Fischer warnte indirekt aber auch vor einem Imageverlust für die Europäische Union für den Fall eines „Grexit“: „Es wäre für das europäische Projekt ein Erfolg, wenn das nicht schiefgeht und Europa nicht gespalten dasteht.“

„Stehen vor keiner Betonmauer“

Von zwei Gruppen, einer um Deutschland und einer um Frankreich, wollte Fischer nicht sprechen. Es gebe bei 28 EU-Staaten, davon zwei Drittel in der Euro-Zone, eben sehr viele Meinungen. Richtig sei, dass Deutschland einen Finanzminister (Wolfgang Schäuble, Anm.) habe, der sehr rigoros gegenüber den griechischen Positionen sei. Er glaube aber, dass die Position der Bundeskanzlerin (Angela Merkel, Anm.) „ein bisschen europäischer“ sei.

In Sachen Schuldenschnitt meinte Fischer, dass das Wort offenbar tabu sei. Es gebe aber Flexibilität, was die Zeit der Rückzahlung und die Zinsen betreffe. Das heißt, man stehe vor keiner Betonmauer, sondern habe eine Bandbreite an Möglichkeiten.

Links: