Hundstorfer: „Öffnung nicht vertretbar“
Das Sozialministerium hat am Mittwoch die wochenlang unter Verschluss gehaltene Studie über die Arbeitsmarktöffnung für Asylsuchende publiziert. Demnach würde eine Erleichterung des Arbeitsmarktzuganges für Asylwerber zu einem geringfügigen Anstieg der Arbeitslosigkeit führen. Doch die knapp 100-seitige Studie wurde völlig unterschiedlich interpretiert, was die Debatte zum Thema anheizte.
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Die Studie ging zum Zeitpunkt des Erstellens im April 2015 von 33.000 Asylanträgen im Jahr 2015 aus - demzufolge wären 10.000 Personen mehr auf dem Arbeitsmarkt verfügbar. Ausgewiesen wurde auf dieser Basis eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit um 0,23 Prozentpunkte. Das Sozialministerium, das sich für eine Präsentation der Studie am Tag der Veröffentlichung der Juni-Arbeitslosenzahlen entschied, rechnete weiter:
Weil nunmehr mit 70.000 Asylanträgen zu kalkulieren sei, also doppelt so vielen wie in der Studie angenommen, würde sich die Arbeitslosigkeit „noch deutlicher erhöhen“. Eine konkrete Zahl nannte das Sozialministerium nicht. Doch zumindest die in der Studie genannten 0,23 Prozentpunkte nehmen sich gegenüber dem Juni-Anstieg der Arbeitslosen von 7,7 Prozent nicht sehr markant aus.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) fühlte sich jedenfalls in seiner Linie bestätigt: „Vor diesem Hintergrund und den heute veröffentlichen hohen Arbeitslosenzahlen im Land - 381.898 Menschen sind im Juni arbeitslos oder in Schulung gewesen - ist für mich eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber nicht vertretbar“, erklärte Hundstorfer per Aussendung. Lange dauerte es nicht, bis sich Kritik aus den Reihen der Opposition regte.
Grüne: „Populistischer Alarmismus“
Die Grünen kritisierten die lange Unterverschlusshaltung der Studie durch das Sozialministerium. Diese verdiene „intensive Beschäftigung“ durch Experten statt „populistischen Alarmismus“. Die Studie zeige, dass der von der aktuellen EU-Aufnahmerichtlinie vorgesehene „effektive Arbeitsmarktzugang von AsylwerberInnen nach spätestens neun Monaten“ mit dem jetzigen, großteils vorherrschenden Arbeitsverbot nicht zu machen sei. Eine neue Regelung müsse geschaffen werden. Zudem verwiesen die Grünen darauf, dass „Verdrängungswirkungen gering ausfallen“, anders wie vom Sozialministerium dargestellt.
NEOS: Studie schürt Ängste
Auch NEOS kritisierte das Sozialministerium: Die gleichzeitige Veröffentlichung mit den Arbeitslosenzahlen sei „bemerkenswert“. Es handle sich um den Versuch, „Ängste gegenüber Asylwerbern weiter zu schüren“. „Die SPÖ zeigt mit dieser Studie und der Reaktion von Hundstorfer ihre Angst vor der FPÖ“, kritisierte NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. „Hier wird mit Ängsten der Menschen gespielt. Asylwerber werden von der Regierung zu Sündenböcken gemacht.“
Generell sei die Studie „methodisch höchst fraglich“. Österreich habe die Möglichkeit, den Arbeitsmarktzugang auch erst nach neun Monaten zuzulassen, schlug NEOS per Aussendung vor. Hundstorfer gehe in seiner Interpretation „nur auf die für den Arbeitsmarkt schlechteste Regelung" ein. Auch eine Arbeitsmarktprüfung sei möglich, das werde aber in der Studie nicht berücksichtigt. Die Studie ist in der vorliegenden Form völlig nutzlos“, so Loacker.
SOS Mitmensch will „vernünftige Diskussion“
SOS Mitmensch legt den Fokus darauf, dass das weitgehende Arbeitsverbot für Asylwerber „erhebliche integrations- und sozialpolitische Nachteile mit sich bringt“. Das zeige auch die Studie. Erschreckend sei, dass vor allem Frauen durch das jetzige System massiv benachteiligt würden, so die NGO. Generell sah sich SOS Mitmensch durch die Ergebnisse der Studie in seiner Kritik am derzeitigen System, das Asylsuchenden lediglich die befristete Arbeit in einigen wenigen, kontingentierten Bereichen ermöglicht, bestätigt.
„Wir teilen die Sorge über die hohe Anzahl an Arbeitslosen in Österreich, aber es braucht eine vernünftige Diskussion darüber, ob Asylsuchende weiterhin für viele Monate oder gar Jahre ins soziale Aus befördert werden sollen oder ob man ihnen die Möglichkeit gibt, auf eigenen Beinen zu stehen. Hier lebende Menschen zur Arbeitslosigkeit zu verdammen, ist jedenfalls kein gutes Mittel, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen“, sagte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak.
FPÖ sieht sich bestätigt
Die FPÖ fühlte sich wiederum bestätigt: Eine Ausweitung des Arbeitsmarktzugangs für Asylwerber wäre bei der derzeitigen Rekordarbeitslosigkeit „fahrlässig“, sagte FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl. Die Blauen wollen aber nicht nur Asylwerber vom österreichischen Arbeitsmarkt fernhalten, sondern auch andere Ausländer. Kickl forderte von Hundstorfer, eine „sektorale Schließung“ des österreichischen Arbeitsmarktes für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger anzugehen.
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