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Vieles blieb dennoch beim Alten

Die Neue Mittelschule (NMS) musste in den vergangenen Monaten viel Kritik einstecken. Selbst der vom Bildungsministerium in Auftrag gegebene Evaluierungsbericht stellte dem Schulmodell ein durchwachsenes Zeugnis aus. Aktuelle Daten der Statistik Austria rücken das Prestigeprojekt des Bildungsministeriums jedoch in ein etwas besseres Licht.

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Laut der Studie „Bildung in Zahlen 2013/14“ wechseln Schüler aus NMS häufiger an AHS-Oberstufen oder berufsbildende höhere Schulen (BHS) als Hauptschüler. „Kinder aus Neuen Mittelschulen schaffen es besser, in höherbildende Schulen überzusetzen als Hauptschüler“, so der Generaldirektor der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer, bei einer Pressekonferenz im April.

Steigerung gegenüber 2012/2013

Im vergangenen Schuljahr wechselten laut Statistik Austria rund 46 Prozent der Absolventen einer NMS an eine AHS-Oberstufe oder eine BHS, aber nur 39 Prozent der Hauptschüler. Eine merkliche Steigerung gegenüber dem Schuljahr davor: Damals machten sich rund 43 Prozent der NMS-Schüler auf den Weg Richtung Matura.

Grafik zu den Schülerströmen in Höhere Schulen

APA/ORF.at

Gegenüber Schülern in einer AHS-Unterstufe nimmt sich die Übertrittsrate freilich noch immer gering aus. Fast 93 Prozent der Schüler besuchen nach der Unterstufe eine weiterführende Schule. Und in der AHS-Oberstufe bleiben die Gymnasiasten großteils unter sich: Nur 7,6 Prozent der Hauptschüler und 9,6 Prozent der NMS-Schüler besuchen ab der neunten Schulstufe eine AHS.

Kritische Bewertungsstudie

Die Daten sind dennoch ein kleiner Lichtblick für das in der Vergangenheit heftig kritisierte Schulmodell. Anfang März hatte die Evaluierungsstudie im Auftrag des Bildungsministeriums ein deutlich pessimistischeres Bild gezeichnet.

Zum einen gebe es „keine belastbaren Hinweise, dass das Niveau der NMS im Durchschnitt über jenem vergleichbarer Hauptschulen liegt“, urteilte der Bericht. Zum anderen seien „erwartbare Begleitfolgen der NMS hinsichtlich Bidlungsgerechtigkeit und Chancengleichheit nur teilweise eingetreten“. Es gebe keine „substanziellen“ Unterschiede zur Hauptschule hieß es.

„Potenzial ist größer geworden“

Anders die Einschätzung der Statistik Austria: Die Ergebnisse würden eine „teils deutliche Verbesserung“ zeigen, so Pesendorfer. Das betreffe sowohl die Abstände zwischen Schülern mit deutscher bzw. nicht deutscher Umgangssprache als auch generell die Fähigkeiten und den Willen der NMS-Schüler, in höhere Schulen zu wechseln.

„In der Sekundarstufe I gab es offensichtlich eine Qualitätsverbesserung“, so Pesendorfer, „wenn man es als Erfolg betrachtet, dass Schüler verstärkt in Schulen mit Maturaabschluss strömen.“ Und: „Das Potenzial ist größer geworden.“ Die Evaluierungsstudie hatte von einem „geringfügigen Zuwachs“ gesprochen.

Erste Maturanten erst 2016

Die Statistik Austria erklärte die Unterschiede mit umfrangreicheren Daten. Man habe eine „längere Zeitreihe an Daten“ zur Verfügung gehabt und damit „etwas stärker abgesicherte Ergebnisse“, sagte Pesendorfer. Inwiefern die ehemaligen NMS-Schüler tatsächlich die Matura schaffen oder ein Hochschulstudium absolvieren, kann allerdings noch nicht gesagt werden: Die ersten NMS-Jahrgänge kommen frühestens 2016 zur Matura.

Die gestiegene Übertrittsrate sieht der Statistik-Austria-Direktor in der Unterrichtsform begründet. Denn im Hinblick auf die soziale Durchmischung decken sie die aktuellen Daten mit jenen der Evaluierungsstudie. Trotz NMS wechsle nach wie vor praktisch der gleiche Anteil an Volksschülern an eine AHS-Unterstufe wie vor der Einführung im Jahr 2008. Je nach Schuljahr sind es nach wie vor 33, 34 Prozent. „Es kann also nicht die Struktur sein, die zu den Ergebnissen führt“, so Pesendorfer. In anderen Worten: Die NMS schaffen es nach wie vor nicht, Schüler aus den AHS-Unterstufen abzuziehen.

„Bildungsgen weiter sehr stark am Arbeiten“

Nach wie vor keine Verbesserung zeigen die aktuellen Daten auch bei der Bildungsmobilität bzw. Bildungsgerechtigkeit: 56 Prozent der 25- bis 44-Jährigen aus einem Akademikerhaushalt erreichen einen tertiären Abschluss, aber nur sieben Prozent in dieser Altersgruppe mit Eltern, die höchstens einen Pflichtschulabschluss haben. „Das Bildungsgen ist weiter sehr stark am Arbeiten“, so Pesendorfer. Diese Korrelation habe sich in den vergangenen Jahren nicht sehr stark verändert.

Heinisch-Hosek: „Richtiger Weg“

„Handlungsbedarf“ in Sachen Bildungsvererbung ortete nach der Präsentation der Daten auch Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Der Umstand, dass 56 Prozent der Kinder von Akademikern einen tertiären Abschluss haben, aber nur sechs Prozent jener Personen, deren Eltern maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügen, spreche eine deutliche Sprache. „Wir müssen hier gegensteuern, denn wir verlieren hier unglaublich viel an wichtigem Potenzial“, so die Ministerin in einer Aussendung.

Bezüglich der NMS sieht sich Heinisch-Hosek durch die Zahlen der Statistik Austria allerdings bestätigt und das Schulmodell auf „dem richtigen Weg“. Der Umstand, dass Schüler aus NMS deutlich häufiger an eine höhere Schule wechseln als Hauptschüler, sei eine Bestätigung für die Richtigkeit und den Erfolg der Neuen Mittelschule, so die Ministerin.

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