Ehefrau wurde befragt
Nachdem der mutmaßliche Grazer Amokfahrer einvernommen und am Montag auch dessen Ehefrau befragt worden ist, sind viele Fragen weiter offen. Bekannt ist, dass die Polizei schon öfter zu seinem Wohnort ausrücken musste - nicht nur Ende Mai, als er nach häuslicher Gewalt weggewiesen wurde.
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Schon seit Jahren mussten die Beamten Anzeigen gegen den Verdächtigen aufnehmen. Auch ein Gewehr sei einmal bei ihm sichergestellt worden, hieß es am Montag gegenüber der APA. Indessen wurde im Zuge der Befragung der Ehefrau des Tatverdächtigen bekannt, dass die Mutter zweier Kinder, die von dem 26-Jährigen getrennt lebt, zum Zeitpunkt der Amokfahrt nicht in Bosnien gewesen sein dürfte. Diese Information war von Medien kolportiert worden.
Mann dürfte Tat nicht angekündigt haben
Die Polizei hatte die Ehefrau angerufen und um eine Zeugenaussage gebeten, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Christian Kroschl, am Montag. Über ihre Angaben vor der Polizei wollen die Ermittler vorerst nichts öffentlich bekanntmachen, ihr Noch-Ehemann dürfte die Amokfahrt aber nicht bei ihr angekündigt haben, sagte Kroschl.
Die Information, wonach der Täter bei der Tat nicht zurechnungsfähig gewesen sei, konnte entgegen einem Bericht der ZIB nicht bestätigt werden. Spätestens bis Dienstag muss er dem Haftrichter vorgeführt werden. Laut Behördenangaben waren wohl psychische Probleme der Auslöser für die Tat.
Leitfaden für Pädagogen
Nach einem Vorfall von häuslicher Gewalt sei der Mann Ende Mai von seiner Familie weggewiesen worden. Unterdessen wurden Lehrer dazu angehalten, nach dem Vorfall in der Schule auf die Fragen und Ängste von Kindern einzugehen. Der Landesschulrat gab in einem Leitfaden den Pädagogen entsprechende Hinweise.
Laut der Stadt Graz stieg die Zahl der Verletzten von 34 auf 36. Zwei Menschen seien nach der Tragödie verletzt nach Hause gegangen und hätten sich erst später in Krankenhäusern gemeldet. Das konnte die Staatsanwaltschaft aber vorerst nicht bestätigten.

APA/Elmar Gubisch
An der Unglücksstelle zündeten zahlreiche Menschen Kerzen an
Zwei Opfer noch in Lebensgefahr
Von den drei Opfern, die am Sonntag noch in Lebensgefahr waren, konnte am Montag seitens des LKH Graz in einem Fall leichte Entwarnung gegeben werden. Bei einer Person habe sich der Zustand verbessert, die beiden anderen dagegen seien noch nicht „über den Berg“: Ihr Zustand sei zwar stabil, aber nach wie vor kritisch, sagte eine Sprecherin.
Hilfe für Betroffene
Das Kriseninterventionsteam (KIT) bietet kostenlos Unterstützung für Betroffene und Angehörige. Die Hotline 0316/877-6551 ist in den nächsten Tagen von 8.00 bis 20.00 Uhr besetzt. Nach 20.00 Uhr kann das Kriseninterventionsteam via Notrufnummer 130 angefordert werden.
Während der Amokfahrer in der Grazer Justizanstalt Jakomini auf seine Haftprüfung beim Untersuchungsrichter wartet, wohnen seine Eltern weiter im gemeinsamen Haus südlich von Graz. Über den Mann soll am Montag oder am Dienstag die U-Haft oder eine vorläufige Anhaltung in einer Nervenklinik verhängt werden.
Täter stellte sich nicht von sich aus
Der Mann, der nicht alkoholisiert war, hatte sich entgegen ersten Berichten vom Samstag nicht freiwillig der Polizei gestellt. Tatsächlich war das Fahrzeug offenbar vor der Polizeistation zum Stillstand gekommen, es habe mehrere Schreie gegeben: „Raus aus dem Auto!“ Der Fahrer sei „unter Aufsicht von drei Beamten mit erhobenen Händen langsam aus dem Auto ausgestiegen und wurde von zwei Beamten noch am Fahrzeug durchsucht und verhaftet“, hieß es von einem Augenzeugen.
Unter den drei Todesopfern der Amokfahrt ist ein vierjähriger Bub, der in der Herrengasse angefahren wurde. Bei den beiden erwachsenen Toten handelt es sich um einen 28-Jährigen, der bei der Synagoge vom Tatfahrzeug gerammt wurde, sowie eine 25-jährige Frau, die wie der Bub in der Herrengasse niedergefahren wurde. Das Alter der 34 Verletzten liegt im Bereich von vier bis 75 Jahren. Eine von ihnen hatte am Samstag ihren 21. Geburtstag.
Amokfahrt dauerte fünf Minuten
Laut Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter begann die Amokfahrt gegen 12.15 Uhr in der Zweiglgasse: „Er beschleunigte bis zur Kreuzung mit der Lagergasse, fuhr auf den Gehsteig und rammte zwei Personen, wobei eine davon getötet wurde.“ Anschließend fuhr der Täter Richtung Augartenbrücke und wollte auf Höhe der dortigen Synagoge einen weiteren Fußgänger anfahren. Dieser konnte sich hinter einer Säule in Sicherheit bringen und wurde nur leicht verletzt.
Danach raste der Lenker weiter in die Grazbachgasse, wo ein Paar aus einem Geschäft bei einer Grünanlage kam. Er sprang aus dem Auto und attackierte beide mit einem Messer. Dabei wurde der Mann schwer, seine Freundin leicht verletzt. Nach weiteren Attacken lenkte er in die Herrengasse ein, fuhr diese „mit hohem Tempo“ hindurch und erfasste dabei mehrere Personen, wobei zwei getötet wurden. Zudem krachte der Lenker in einen Schanigarten, wo er acht Menschen verletzte. Die Amokfahrt habe etwa fünf Minuten gedauert, hieß es von der Polizei später.

APA/ORF.at
In der Zweiglgasse begann die Amokfahrt des 26-Jährigen
Mit 100 km/h auf Passanten losgefahren
Der Täter raste laut Augenzeugen mit rund 100 km/h durch die Herrengasse auf der Höhe des Hauptplatzes, wo sich mehrere Cafes befinden. Unter den Passanten herrschte Panik, die Menschen versuchten, sich in die Gebäude zu retten. Nach der Tat wurden Rettungskräfte aus der gesamten Region in Graz zusammengezogen. 83 Rettungswagen, 110 Sanitäter und vier Rettungshubschrauber waren im Einsatz.
Trauerzug am Sonntag
Für Sonntag plant die Stadt Graz einen Trauerzug durch die Innenstadt, der teilweise der Route des Amoklenkers folgen wird. Der Gedenkmarsch soll um 18.00 Uhr beginnen, Details werden noch bekanntgegeben. Zudem kündigte die Stadt an, an den Ortseinfahrten die Tafeln mit einer schwarzen Trauerbinde zu schmücken. Der Uhrturm trägt bereits schwarze Beflaggung.
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