„Programm für spannungsfreie Welt“
Mit mehr als 35.000 Gleichgesinnten hat der indische Premierminister Narendra Modi in Neu-Delhi am Weltyogatag Yogaübungen unter freiem Himmel abgehalten. Auch dass dieser Tag überhaupt ins Leben gerufen wurde, ist auf die Bemühungen Modis zurückzuführen, schließlich überzeugte der Yogafanatiker die Vereinten Nationen (UNO) von der Sinnhaftigkeit dieses Anlasses.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Entsprechend war alles inszeniert: Nach einer kurzen Ansprache, in der Modi den von der UNO auf seinen Vorschlag hin eingeführten Weltyogatag als Beginn einer „neuen Ära des Friedens“ pries, nahm er in der Früh (3.30 Uhr MESZ) auf einem großen Boulevard in der indischen Hauptstadt selbst auf einer Yogamatte Platz. Das Massenspektakel, von dem die Organisatoren sich einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde erhoffen, dauerte eine gute halbe Stunde.

APA/EPA/Harish Tyagi
Der indische Premier Modi inszenierte sich als Vorturner
„Yoga ist mehr als nur körperliche Fitness“, sagte Modi zu der Menge mit den bunten Matten auf dem Rajpath-Boulevard zwischen Präsidentenpalast und India Gate. „Wir feiern heute nicht nur einen Tag, sondern trainieren den menschlichen Geist, um eine neue Ära des Friedens zu beginnen.“ Er dankte der UNO, dass sie seine Anregung zur Einführung des Weltyogatages aufgegriffen habe. „Das ist ein Programm für menschliches Wohl, eine spannungsfreie Welt und ein Programm zur Verbreitung der Botschaft des Wohlwollens“, sagte der yogabegeisterte Regierungschef.
An der Spitze der Massenbewegung
Zur Überraschung der Menge stieg der Premier, der laut Ankündigung eigentlich nur eine kurze Rede halten sollte, von der Bühne, nahm seine Brille ab und nahm einen Platz an die Spitze der Massenbewegung ein, um an den Übungen teilzunehmen. Auf Luftbildern der Veranstaltung waren Tausende Menschen zu sehen, wie sie sich gleichmäßig nach den Yogainstruktionen auf Englisch oder Hindi bewegten. Das Massenereignis fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Das Zentrum Neu-Delhis war abgeriegelt, Teilnehmer an dem Yoga-Open-Air mussten einen von Dutzenden Metalldetektoren passieren.

APA/EPA/Harish Tyagi
Zehntausende Inder nahmen an dem Spektakel teil
Indiens Botschaften organisierten Veranstaltungen
Aus vielen Landesteilen reisten die Menschen zu dem Ereignis in die Hauptstadt. Etwa zwei Millionen Soldaten und Kadetten auf dem Subkontinent stimmten nach offiziellen Angaben mit in die Übungen ein - egal, ob sie auf einem Flugzeugträger im Meer stationiert waren oder auf einem Gletscher in den Himalaya-Bergen. Auch Beamte, Schulkinder und Bürger in jeder größeren Stadt wurden dazu angehalten, die 35-minütige Performance nicht zu verpassen. Die Übung endete mit einer kurzen Meditation und einem Friedensgebet.
TV-Hinweis
Jeden Samstag und Sonntag ist in Sport + das „Yoga-Magazin“ zu sehen. Jeweils um 8.15 Uhr, 9.15 Uhr und 10.15 Uhr stellen geprüfte Yogalehrer neue Übungen vor.
Indiens Botschaften hatten Veranstaltungen in weiteren 191 Ländern organisiert. So kamen Yogaliebhaber etwa unter dem Eiffelturm, in einer Sporthalle in Singapur, auf dem Dschingis-Khan-Platz im mongolischen Ulan-Bator, vor dem Angkor-Wat-Tempel in Kambodscha und im Inselstaat Malediven zusammen. An diesem Tag würden 24 Stunden lang Menschen irgendwo auf der Welt die Sonne begrüßen, sagte Modi.
UNO: „Ansatz für Gesundheit und Wohlbefinden“
Die UNO hatte im vergangenen Jahr auf den Vorschlag Indiens hin den 21. Juni zum Weltyogatag erklärt. Damit soll die indische Lehre als „ganzheitlicher Ansatz für Gesundheit und Wohlbefinden“ gewürdigt werden, heißt es in einer Resolution, der die UNO-Mitgliedsstaaten Ende des Vorjahres in New York mit großer Mehrheit zustimmten. Im September hatte Modi einen solchen Tag vor der Generalversammlung angekündigt. Die UNO will sich weltweit für mehr Informationen über Yoga einsetzen.

APA/EPA/Harish Tyagi
In Indien spielt Yoga auch in der Politik eine wichtige Rolle
Yogaminister im Amt
Doch nicht nur außerhalb Indiens findet Modis Yogaoffensive statt, denn zugleich mit der UNO-Resolution ernannte der Premier einen Yogaminister für sein Land. Das neue Ressort soll die traditionelle Meditations- und Bewegungslehre fördern, wie die Regierung erklärte. Neben Yoga kümmert sich das Ministerium auch um die Weiterverbreitung von Ayurveda und Homöopathie. Zum Chef des neuen Ressorts hatte Modi den vormaligen Umweltminister Shripad Yesso Naik erklärt.
In Indien erntete der Vorstoß der hindu-nationalistischen Regierung auch Kritik. Vor allem muslimische Gruppen meinten, mit Yoga zusammen werde auch der Hinduismus propagiert. „Yoga gehört zu keiner Religion“, stellte Außenministerin Sushma Swaraj daraufhin klar. Auch wurde das meditative „Om“ für den Tag gestrichen. Bei den Yogaübungen waren - trotz Fastenzeit - viele Muslime zu sehen.
Links: