Angeblich 400.000 Euro als Honorar
Der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) soll laut dem deutschen Magazin „Spiegel“ für ein Honorar von 400.000 Euro im Jahr mit Erfolg versucht haben, renommierte ehemalige europäische Staatsmänner als Berater für den kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew zu gewinnen. Aus Sicht Gusenbauers stellt sich das freilich ganz anders dar.
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Neu ist das Kasachstan-Engagement Gusenbauers nicht, denn bereits 2011 hatte er ein solches selbst bestätigt. Laut dem „Spiegel“-Bericht, der die Coverstory der aktuellen Ausgabe ist, soll Gusenbauer aber für das Independent International Advisory Council (IIAC) den deutschen Altkanzler Gerhard Schröder, den ehemaligen italienischen Premier Romano Prodi, den polnischen Ex-Präsidenten Alexander Kwasniewski und den spanischen Ex-Außenminister Marcelino Oreja „eingekauft“ haben, wie der „Spiegel“ schreibt.
Unterlagen aus Kanzlei Lansky
Dem „Spiegel“ liegt nach eigenen Angaben umfangreicher Schriftverkehr in dieser Causa vor - ausgerechnet aus der Wiener Anwaltskanzlei Georg Lansky, die in der Causa Rachat Alijew aktiv ist. Alijew, kasachischer Ex-Geheimdienstchef und mutmaßlich in Ungnade gefallener ehemaliger Schwiegersohn von Staatschef Nasarbajew, war im Februar in Wien in U-Haft unmittelbar vor seiner Zeugenaussage vor Gericht verstorben.
Er war wegen des Mordes an zwei kasachischen Bankern angeklagt. Die Kanzlei Lansky vertritt die Interessen der Witwen der Ermordeten. Im Umfeld der Causa Alijew gab und gibt es viele offene Fragen und immer wieder wurde der Verdacht laut, der kasachische Staatsapparat habe auf verschiedenen Wegen versucht, Verfahren in Österreich zu beeinflussen.
Der „Spiegel“ berichtet nun, Gusenbauer selbst habe den „Club der Freunde Kasachstans“ angeführt, wobei den Deal - schenkt man dem Magazin Glauben, das aus einem persönlich an Nasarbajew gerichteten Schreiben zitiert - der Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky eingefädelt haben soll.
„Einfluss in Europa steigern“
Den von Gusenbauer verschickten Vertragsentwürfen zufolge sollten die Politpromis für Nasarbajew und dessen Regierung „Kontakte auf höchstmöglicher Ebene anregen“, deren „politischen Einfluss in Europa steigern“ sowie mit ihrem Auftreten als Regierungsberater „das Image Kasachstans und seiner offiziellen Vertreter auf internationalem Parkett stärken“.
Laut „Spiegel“ soll sich Schröder allerdings daran gestoßen haben, dass Gusenbauer dafür mehr als er selbst verdiente - der deutsche Ex-Kanzler soll nur 300.000 Euro erhalten haben, so der „Spiegel“ unter Berufung auf eine Honorarnote bzw. eine E-Mail aus der Kanzlei Lansky, Ganzger und Partner (LGP).
Schröder, der im März 2011 aus dem Beratergremium ausgestiegen war, räumte dem Magazin zufolge ein, zu zwei IIAC-Treffen geflogen zu sein. Er habe jedoch kein Geld bekommen. Oreja behauptet, er habe seit 2010 kein Geld mehr angenommen. Kwasniewski, Prodi und Gusenbauer wollten sich zu ihren Honoraren gegenüber dem „Spiegel“ nicht äußern.
Gusenbauer verteidigt Tätigkeit
Gusenbauer nahm allerdings in einer Presseaussendung Stellung, die von Lansky unter der Bezeichnung „Sekretariat des IIAC“ verbreitet wurde. Darin hält Gusenbauer - explizit auch im Namen von Prodi und Kwasniewski - fest, das IIAC berate „die Regierung und den Präsidenten Kasachstans in Fragen internationaler Politik und Wirtschaft“.
Die Mitglieder des Komitees hätten „in den zahlreichen Jahren ihrer Tätigkeit nicht im Geheimen gewirkt, sondern waren immer wieder in Konferenzen und sonstigen Veranstaltungen wie auch in Beratungssitzungen im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, der Stabilität des Landes und der Region tätig“.
Sie hätten Kasachstan bei Fragen der Integration in die Welthandelsorganisation (WTO) und in die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ebenso beraten wie bei Fragen der Annäherung an die EU. In „Anerkennung dieser Initiativen und der Reformschritte Kasachstans“ habe die EU Anfang 2015 mit Kasachstan als einzigem Land der ehemaligen Sowjetunion ein „erweitertes Partnerschafts- und Kooperationsabkommen“ geschlossen.
„Stabilitätsanker“ in Zentralasien
Gusenbauer verwies weiters darauf, das IIAC unterstütze Kasachstan dabei, seine „Rolle als Stabilitätsanker in Zentralasien wahrzunehmen“ und „rechtsstaatliche, demokratiepolitische Reformen durchzuführen“. Und weiter: „Dieser Weg Kasachstans zur Stärkung von Demokratie und Menschenrechten wird international anerkannt und respektiert. Mit Ausnahme des ‚Spiegels‘ verstehen die wesentlichen europäischen Medien diese Rolle Kasachstans.“
Gegen Gusenbauer war von der Staatsanwaltschaft Wien wegen geheimer nachrichtendienstlicher Tätigkeit zum Nachteil Österreichs (§ 256 StGB) ermittelt worden. Das Verfahren war Anfang 2014 eingestellt worden. Ein in dieselbe Richtung laufendes Verfahren gegen Lansky und Mitarbeiter seiner Kanzlei ist noch offen, wurde in der Zwischenzeit aber von Wien nach Linz delegiert. Gusenbauer und Lansky bestritten stets die wider sie erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe stets.
Schily betont Tätigkeit als Opferanwalt
Gusenbauer betonte in seiner Aussendung, dass seine Tätigkeit für Kasachstan nichts mit der Causa Alijew zu tun habe. Der ehemalige deutsche Innenminister Otto Schily - er amtierte unter Schröder - betonte wiederum am Sonntag, er sei in der Causa Alijew nicht für die kasachische Regierung tätig gewesen. Er sei vielmehr auf Betreiben der Wiener Anwaltskanzlei LGP als Opferanwalt für die Witwen von zwei entführten und ermordeten kasachischen Bankern eingeschritten.
„Meine Aufgabe als Opferanwalt war und ist es, zu der vollständigen Aufklärung der Rachat Alijew und den Mitbeschuldigen zur Last gelegten Kapitalverbrechen sowie der Zerschlagung des bis nach Deutschland reichenden Geldwäschesystems beizutragen. Dazu gehörte auch, mich dafür einzusetzen, dass sich Alijew nicht der Strafverfolgung entziehen kann“, reagierte Schily auf die „Spiegel“-Titelgeschichte, die er in einer Presseaussendung als „tendenziös“ und „massiven Diffamierungsversuch“ zurückwies. Für seine rein anwaltliche Tätigkeit sei er angemessen honoriert worden. Die Behauptung, er habe Journalisten zu instrumentalisieren versucht, entbehre jeder Grundlage, so Schily.
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