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Mehr als nur Dracula

Christopher Lee ist im Alter von 93 Jahren verstorben, wie der „Guardian“ unter Berufung auf die Familie berichtet. Der britische Schauspieler wurde als Dracula bekannt - schaffte es später jedoch unter Mühen, sich von dieser Rolle zu emanzipieren.

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Wenn er im schwarzen Cape als Graf Dracula aus seinem Sarg stieg und nach einem zarten Frauenhals suchte, schauderte es den Zuschauer. Kein anderer Vampir der Filmgeschichte hatte seine Noblesse, seine Würde - und seine Bedrohlichkeit. Für den Gentleman unter den Vampirdarstellern war die Rolle Segen und Fluch zugleich: In „Graf Dracula“ von Terence Fisher feierte er Ende der 50er Jahre seinen internationalen Durchbruch.

Christopher Lee als Dracula

picturedesk.com/Interfoto/Friedrich

Eines der legendärsten Bilder der Filmgeschichte: Lee 1958 als Dracula

Eine Schauspielschule hatte Christopher Frank Carandini Lee nicht besucht: Nach seinem Einsatz bei der britischen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg startete er mit Hilfe eines Cousins gleich in britischen Filmproduktionen durch. Die Dracula-Rolle brachte ihm 1958 internationalen Ruhm ein, legte ihn jedoch gleichzeitig auf das Genre des Horrorfilms fest.

Emanzipation vom Blutsauger

Bis in die 70er Jahre spielte er den Dracula. Entsprechend lange dauerte es, bis sich der in London geborene Sohn eines englischen Offiziers und einer italienischen Gräfin vom Monsterrollenfach lösen konnte - neben Dracula war er auch als Frankenstein und als Fu Man Chu zu sehen.

In den 70er Jahren verlegte Lee seinen Wohnsitz in die USA - nicht zuletzt wohl deshalb, um seiner Karriere eine Wendung zu geben. Von Anfang an war er jedoch auch dort festgelegt - auf den Bösewicht vom Dienst. Das mag an der Rolle in dem James-Bond-Film „Der Mann mit dem goldenen Colt“ gelegen sein. In dem Streifen spielte Lee den Gegenspieler des britischen Geheimagenten.

Humanitäres Engagement

Privat war Lee ein ganz anderer: Jahrelang engagierte sich der Schauspieler für das Kinderhilfswerk UNICEF, für seinen Einsatz wurde er von der Organisation Cinema for Peace geehrt, von Queen Elizabeth II. wurde er 2009 zum Ritter geschlagen. Auf der Welt sterben jedes Jahr Millionen Kinder - da sei man einfach gefordert zu helfen, sagte Sir Christopher in einem Interview.

Christopher Lee und Roger Moore in "Der Mann mit dem goldenen Colt"

Corbis

Lee 1974 im Bond-Klassiker „Der Mann mit dem goldenen Colt“ als Francisco Scaramanga (l.) neben Roger Moore als James Bond

Lee spielte rund 300 Rollen - er erhielt einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde als Schauspieler mit den meisten Filmauftritten. Doch Lee brauchte viel Geduld, bis gute Angebote kamen. 1999 besetzte Arthouse-Regisseur Tim Burton ihn in seinem Gruselmärchen „Sleepy Hollow“, es folgte sein Auftritt als finsterer Zauberer Saruman im Blockbuster „Herr der Ringe“. Mit Burton und seinem Filmpartner Johnny Depp drehte er 2005 auch noch den Kassenschlager „Charlie und die Schokoladenfabrik“ und zuletzt „Dark Shadow“.

Bis zuletzt vor der Kamera

Auch als über 90-Jähriger konnte er das Schauspielern nicht lassen. Noch fertiggestellt werden konnte der Film „Angels in Notting Hill“ (2014). Heuer hätte der nächste Film gedreht werden sollen: ein 9/11-Drama von Regisseur Xavier Nemo. Lee wäre darin an der Seite von Uma Thurman und Lars Mikkelsen zu sehen gewesen.

Doch Lee hatte noch andere Talente: Der Kosmopolit sprach fließend Französisch und Italienisch und konnte sich auch auf Deutsch, Spanisch, Schwedisch und Dänisch gut verständigen. In Erinnerung bleiben wird auch seine bemerkenswerte Liebe zur Musik. Er wirkte als Sänger nicht nur bei Studioaufnahmen für Opern und Musicals mit. Als Kult gilt seine Zweitkarriere als Heavy-Metal-Musiker. Er nahm Songs mit Bands wie Manowar und Rhapsody of Fire auf und legte 2010 und 2013 sogar zwei eigene Konzept-Metal-Alben drauf, die sich inhaltlich mit Karl dem Großen befassen.

Nach vielen Jahren im Ausland lebte Lee zuletzt wieder in seiner Heimat Großbritannien. Mit seiner dänischen Frau Birgit Kroencke, einem ehemaligen Model, hatte er die gemeinsame Tochter Christina.

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