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Christopher Lees Paraderolle

Der britische Schauspieler Christoper Lee ist im Alter von 93 Jahren verstorben, wie der britische „Guardian“ am Donnerstag berichtet hat. Seine Paraderolle war Dracula, den er ab 1957 spielte. Besonders legendär war der erste Dracula-Farbfilm aus dem Jahr 1958.

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Plötzlich war alles anders: Statt eines ältlichen Wissenschaftlers ging ein junger, dynamischer, geradezu arroganter van Helsing auf Vampirjagd. Die gruseligen Szenen spielten sich nicht im Kopf des Betrachters ab, stattdessen hielt die Kamera voll drauf, wenn der Blutsauger sein Gebiss in die Hälse der blassen, jungen Damen bohrte. Graf Dracula selbst kam als aristokratischer, charmanter und ebenso verführerischer wie grausamer Bösewicht statt als grobschlächtiger Schurke daher. Doch was noch viel revolutionärer war: Plötzlich floss das Blut in Farbe.

Christopher Lee als Dracula

Corbis

Lee als Blutsauger Nummer eins - hier jedoch in Schwarz-Weiß

Das erwies sich nicht nur für die beiden Hauptdarsteller, den im wahrsten Sinne des Wortes überragenden Christopher Lee als Dracula und seinen Widersacher Dr. van Helsing (Peter Cushing), als folgenschwer. Regisseur Terence Fisher und Drehbuchautor Jimmy Sangster läuteten mit ihrem Werk, das im Original den Zusatz „Horror of Dracula“ trägt, eine neue Ära des klassischen Vampirfilmgenres ein, die sich als zukunftweisend entpuppen sollte. Die britischen Hammer-Studios waren nach „Frankensteins Fluch“ aus dem Jahr 1957 - ebenfalls mit Lee und Cushing - fortan unwiderruflich mit dem Horrorgenre verknüpft.

Prominente Vorbilder

Dabei basiert auch die erste moderne Dracula-Verfilmung auf dem 1897 erschienen Schauerroman „Dracula“ des irischen Schriftstellers Bram Stoker. Darin ist der Graf ein blutsaugender Untoter, der als vornehmer Adeliger erst seine Heimat Transsylvanien tyrannisiert, später England. 1922 hatte sich der deutsche Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau des Stoffes angenommen und ihn als Stummfilmfassung unter dem Titel „Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens“ in die Kinos gebracht. Nach einem Theaterstück kam die erste Tonfilmfassung mit dem legendären Bela Lugosi in der Titelrolle auf die Leinwände.

Doch dann kam Fishers actionreicher und farbenprächtiger „Dracula“, den Kenner als literarisch korrekt und sorgfältig inszeniert rühmten. Doch bis auf den Vorspann in Farbe gedreht, stieß die actionreiche Verfilmung voller sexueller Anspielungen nicht bei allen Kritikern auf Begeisterung, sorgte nach deren Meinung doch Schwarz-Weiß für den angemessenen Gruselfaktor. Bei einem konservativen Publikum sorgten vor allem die eindeutig erotischen Szenen für Unmut.

Billige Effekthascherei mit Gewalt und Sex mussten sich Regisseur Fisher und die Hammer-Studios vorwerfen lassen. Doch die meisten Zuschauer waren begeistert - und strömten in die Kinos, insbesondere, um sich vor dem fast zwei Meter großen Lee in seiner Paraderolle zu gruseln.

Eleganz und Brutalität

Mit seiner stattlichen, athletischen Figur verlieh Lee der Gestalt des Blutsaugers Eleganz und Brutalität zugleich. Bis heute gilt Lee als der Vampirdarsteller schlechthin, was ihn bei manch anderer Rolle zum Verhängnis wurde. Sein Antagonist Cushing ging ebenfalls mit seiner Rolle als Vampirjäger untrennbar mit dieser Figur verbunden in die Filmgeschichte ein. Allerdings konnten weder die beiden Schauspieler noch die Hammer-Studios mit den Fortsetzungen des ersten Dracula-Farbfilms die Erfolgsgeschichte fortschreiben.

Das Genre verlor nach und nach an Popularität und animierte Filmemacher über Jahrzehnte vor allem zu Parodien und Komödien. Doch spätestens seit „Interview mit einem Vampir“ (1994) mit den Hollywood-Stars Brad Pitt und Tom Cruise gewannen die blutrünstigen Untoten wieder an Beliebtheit, die bis heute anhält. Das belegen die US-TV-Serien „Buffy - Im Bann der Dämonen“ und „True Blood“ sowie die überaus erfolgreiche, mehrteilige Vampirromanze „Twilight“.

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