Kritik an Anti-Pornografie-Gesetz
Der freizügige Auftritt einer Sängerin in Unterwäsche in einem Musikvideo hat in Uganda zur Anwendung des Anti-Pornografie-Gesetzes geführt. Die Regierung Ugandas hatte in den letzten Jahren eine Reihe repressiver Gesetze erlassen, um „die Kultur des Landes zu verteidigen“. Zuletzt stand das Land wegen seiner - derzeit ausgesetzten - schwulenfeindlichen Gesetzgebung in der Kritik.
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Bei ihren Fans kam das Video der 21-jährigen Sängerin Jemimah Kansiime zwar gut an, der ugandische Minister für Ethik und Anstand, Simon Lokodo, reagierte jedoch schockiert auf die „obszöne und vulgäre“ Inszenierung. Kansiime, die in dem Clip nach dem Vorbild internationaler Musikstars wie Nicki Minaj mit „Anaconda“ in knapper Unterwäsche ihre weiblichen Rundungen lasziv in Szene setzt, drohen nun zehn Jahre Haft.

picturedesk.com/AFP/Isaac Kasamani
Kansiime hat in Uganda viele Fans
„Ich wusste, dass einige Teile der Gesellschaft sehr konservativ sind,“ so Kansiime gegenüber dem britischen „Guardian“. Sie habe aber nicht gedacht, dass ihr Musikvideo „Ensolo Yange“ gegen das Gesetz verstoße. Während ihr Produzent dank einem Geständnis mit einer Geldstrafe von umgerechnet 60 Euro davonkam, plädierte Kansiime - deren Künstlername Panadol wa Basajja übersetzt „Medizin für Männer“ heißt - auf nicht schuldig. Nach ihrer Verhaftung im November kam sie daher fünf Wochen ins Gefängnis, bevor sie die Kaution zur Freilassung bis zur Gerichtsanhörung aufbringen konnte. „Meine Recht auf freie Meinungsäußerung und meine künstlerische Freiheit wurden mit Füßen getreten,“ so die 21-Jährige.
Tragen „provozierender“ Kleidung verboten
Das im Februar 2014 in Kraft getretene Sittengesetz Ugandas trifft vor allem junge Frauen. Es verbietet ganz allgemein das Tragen „provozierender“ Kleidung sowie „jedes Zeigen sexueller Körperteile einer Person zur sexuellen Erregung“. Die Regelung ist ein Teil einer wachsenden antiliberalen Politik des Landes. Ein Großteil der überwiegend christlichen Bevölkerung steht dabei hinter der Regierung.
Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International üben heftige Kritik an dem Gesetz mit seiner schwammigen Definition von Pornografie. So wurden unter anderem Übergriffe gegen Frauen verzeichnet, die einen Minirock in der Öffentlichkeit trugen. Eine Partnervermittlungssendung im Fernsehen wurde von dem Ministerium für Ethik und Anstand als Prostitution eingestuft.
Ablenkung von Korruption
Ihr Anwalt sieht den Fall als Test für alle Kreativen des Landes, sich frei auszudrücken. „In einer offenen und freien Gesellschaft muss auch für erotische Unterhaltungsangebote Platz sein“, so der Rechtsvertreter. „Alle Formen von Pornografie und Nacktheit pauschal zu verbieten, ist haarsträubend.“ Ugandas Präsident Yoweri Museveni, ein strenggläubiger evangelikaler Christ, wolle mit dem rigorosen Pornobann nur von echten Problemen wie der anhaltenden Korruption und Armut in Uganda ablenken.
Entrüstung über Anti-Homosexuellen-Gesetz
Zuletzt war das Land wegen seiner - derzeit ausgesetzten - homophoben Gesetzgebung international in der Kritik gestanden. Das Parlament in Kampala hatte Anfang 2014 ein Gesetz verabschiedet, das langjährige Haftstrafen für Schwule und Lesben vorgesehen hatte: Gleichgeschlechtlicher Sexualverkehr sollte mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft werden. Auch diejenigen, die Homosexuelle unterstützen oder homosexuelles Verhalten von Freunden und Bekannten nicht anzeigen, sollten vor Gericht gestellt werden.
Nach einem internationalen Aufschrei und der und Androhung von wirtschaftlichen Sanktionen hatte das Verfassungsgericht das Gesetz im vergangenen August annulliert. Allerdings nur aus formalen Gründen: Bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament im Dezember seien zu wenig Abgeordnete anwesend gewesen, so das Gericht. Damit will sich Präsident Yoweri Museveni, ein strenggläubiger evangelikaler Christ, aber nicht abfinden. Der 71-jährige Politiker, der in Uganda seit 29 Jahren an der Macht ist, will das Gesetz erneut in einer neuen Fassung im Parlament zur Diskussion einbringen.
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