Diskussionen bis zur letzten Minute
Am Dienstag startet an Österreichs allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) mit dem Fach Deutsch die mit Hochspannung erwartete Zentralmatura. Die Auslieferung der Aufgabenhefte an die Schulen erfolgte bereits vergangene Woche: Die Kuverts wurden mittels Sicherheitstransporten an die Schulen geliefert, die Lieferwagen waren mit GPS-Sendern und teilweise mit Farbpatronen bestückt.
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An den AHS wurden die Aufgabenhefte an eine dem Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) bekannte, berechtigte Person übergeben. Erst zu Prüfungsbeginn dürfen das Siegel gebrochen und die Hefte entnommen werden. Stellt sich heraus, dass etwas fehlt, gibt es die Möglichkeit, etwaige Fehlseiten vom BIFIE herunterzuladen. So sollen längere Verschiebungen der Beginnzeiten vermieden werden.
Schummeln mit Smartphone?
Die Beginnzeiten waren allerdings bis zur letzten Minute ein Diskussionsthema. Die FPÖ und Bundesschulsprecher Lukas Faymann wollten diese in ganz Österreich vereinheitlicht sehen. Die FPÖ forderte wegen etwaiger Schummeleien mit Smartphones eine einheitliche Startzeit, Faymann hingegen pochte auf das „Recht auf eine professionell geplante Matura“. Er finde es „rätselhaft, dass es das Bildungsministerium in über fünf Jahren Vorbereitungszeit nicht geschafft hat, einheitliche Startzeiten festzulegen“.
Gleichzeitig verwehrte sich der Bundesschulsprecher gegen „Unterstellungen, die davon ausgehen, dass es zu ‚Schummelaffären‘ kommen wird“. „Ich finde es unangebracht, alle Maturantinnen und Maturanten als Schummler abzustempeln“, so Faymann. Die meisten hätten hart für die Matura gelernt.
„Keine Leibesvisitationen“ bei Zentralmatura
Der Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft, Eckehard Quin (FCG), schloss das Ausnutzen unterschiedlicher Beginnzeiten der Zentralmatura für die Weitergabe von Beispielen per Smartphone praktisch aus. „Da müsste ja wer im beaufsichtigten Raum das geschmuggelte Handy aus der Unterhose rausfischen, fotografieren und versenden. Das soll mir jemand einmal vorhupfen, wie das geht“. Die Schüler müssten ihre Handys am Beginn der Matura abgeben, so Quin. Man führe aber natürlich keine Leibesvisitationen durch. „In Einzelfällen wird es irgendeine Art des Schummelns immer geben. Aber dass wer im Prüfungsraum etwas abfotografiert - nein“, so Quin.
„Österreich besteht nicht nur aus Wien“
Dass der Prüfungsbeginn nicht einheitlich vorgegeben wird, hält der Lehrervertreter für richtig: „Österreich besteht nicht nur aus Wien.“ Es gebe genug Schulen, die mit ihrem Unterricht schon vor 8.00 bzw. erst nach 8.00 Uhr beginnen - das liege an den Fahrplänen der öffentlichen Verkehrsmittel in manchen Regionen. „Alles, was sich zum normalen Ablauf ändert, ist eine Zusatzbelastung für die Schüler, die haben eh schon genug Stress. Ich halte es für durchaus sinnvoll, dass man es macht wie bisher.“
Die Beginnzeiten der österreichischen Schulen in den neun Bundesländern seien „aus gutem Grund flexibel geregelt“, so auch Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Das „Problem Smartphone“ sei ein an allen österreichischen Schulen „altbekanntes und hat daher auch für die Zentralmatura keinerlei neue Bedeutung“, so die Ministerin vergangene Woche in einer Aussendung.
Heinisch-Hosek „zutiefst“ von Gelingen überzeugt
Heinisch-Hosek zeigte sich zudem am Samstag in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“ „zutiefst überzeugt“, dass die Zentralmatura gelingen wird. Sie gehe davon aus, dass die Ergebnisse nicht von den Reifeprüfungen der vergangenen Jahre abweichen werden. Bezüglich der Vorbereitungen der Matura durch das BIFIE meinte die Ministerin, hier volles Vertrauen zu haben. Ungeachtet dessen deutete sie ein weiteres Mal an, die Zentralmatura vom Bildungsinstitut ins Ministerium zurückholen zu wollen. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Opposition sieht Nagelprobe für Bildungsministerin
Der Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, sieht die pannenfreie Durchführung der Zentralmatura allerdings als „Lackmustest“ für Heinisch-Hosek. Komme es auch diesmal zu Zwischenfällen, sei ein Rücktritt die logische Folge. Auch FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz übte Kritik an der Bildungsministerin: „Trotz der langen Pannenserie bei der Zentralmatura will sie für nichts die Verantwortung übernehmen.“ ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel forderte nach Heinisch-Hoseks Auftritt im „Journal zu Gast“ in Sachen Zentralmatura „Schluss mit fadenscheinigen Rechtfertigungen“.
BIFIE veröffentlicht Aufgaben online
Der Auftakt zu den beiden Maturawochen erfolgte am Montag ohne Zentralmatura. An diesem Tag wurden das Fach Russisch sowie an vielen Schulen Gegenstände wie Informatik, Biologie und Physik abgeprüft, für die es keine zentral vorgegebenen Aufgabenstellungen gibt.

APA/ORF.at
Das BIFIE erstellt nur für die Fächer Deutsch (bzw. die anderen Unterrichtssprachen Slowenisch, Kroatisch und Ungarisch), Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Griechisch und Latein die Aufgabentexte. Damit sind die verpflichtenden sowie die im Regelfall meistgewählten Fächer abgedeckt. In allen anderen Gegenständen erarbeiten weiter die jeweiligen Fachlehrer die Maturabeispiele und reichen diese bei den Landesschulräten zur Genehmigung ein.

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Nach der Deutschmatura am Montag folgen Englisch (6. Mai), Spanisch bzw. die Volksgruppensprachen Kroatisch, Slowenisch und Ungarisch (7. Mai), Französisch (8. Mai), Mathematik (11. Mai), Italienisch (12. Mai) sowie Latein bzw. Griechisch (13. Mai). Die Klausuren dauern 270 Minuten (Ausnahme: Deutsch bzw. andere Unterrichtssprache mit 300 Minuten), die Beispiele werden am Tag nach der Prüfung auf der Website des BIFIE veröffentlicht.
An den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) ist die Zentralmatura erst ab dem Schuljahr 2015/16 verpflichtend. Allerdings erproben an 93 BHS bereits heuer rund 7.000 Schüler im Rahmen von Schulversuchen die Zentralmatura in einem oder mehreren Fächern.
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