Mehr als 100.000 Häftlinge ermordet
Die Befreiung des oberösterreichischen Konzentrationslagers Mauthausen erfolgte am 5. Mai 1945 durch Soldaten der US-Armee. Als diese im Lager eintrafen, bot sich ihnen ein Bild des Grauens. Sie trafen auf rund 18.000 halb verhungerte KZ-Überlebende und Hunderte Leichen.
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Viele der teilweise bis aufs Skelett abgemagerten Häftlinge, die bei der Befreiung noch am Leben waren, starben wenige Stunden oder Tage nach der Befreiung an Entkräftung. Insgesamt kamen in Mauthausen und seinen 49 Nebenlagern, die allesamt für Terror, Schrecken, Sklavenarbeit und Massenmord in ganz Österreich standen, zwischen 1938 und 1945 rund 105.000 Menschen ums Leben. Bei insgesamt knapp 205.000 internierten Häftlingen bedeutete das die höchste Todesrate unter allen deutschen Konzentrationslagern außerhalb der Vernichtungslager.
Aufgestapelte Leichen
Als US-Offiziere am 5. Mai im Lager eintrafen, wussten sie zunächst nicht, womit sie es zu tun hatten. Richard R. Seibel, der das Lager befreite, erinnerte sich Jahre später in der ORF-Dokumentationsreihe „Österreich II": „Ich konnte es nicht fassen. Wir hatten von Konzentrationslagern gehört, aber wir wussten nicht, was sie waren. Wir hatten von Gaskammern gehört, aber wussten nicht, ob das nicht vielleicht Propaganda war. Dann sahen wir die kalten Tatsachen und die mörderische Art, wo tote Menschen wie Jagdtrophäen aufgestapelt waren.“ Die Amerikaner hielten die Bauern aus der Umgebung dazu an, die Toten wegzubringen. Die Häftlinge gehörten circa 20 Nationen an.
Hungern lassen bei schwerer Arbeit
Hinter den hohen Todesraten steckte System. Das Hungernlassen bei gleichzeitig schwerer Arbeit war eine Form der Hinrichtung durch die Nazis. Viele wurden auch erschlagen, erschossen oder vergast. Selbst Frauen, Kinder und Jugendliche wurden zu Tausenden ermordet. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Häftlings in Mauthausen, wenn er nicht eine Funktion als Lagerschreiber oder im Baubüro hatte, betrug maximal sechs Monate. Im Durchschnitt arbeiteten die Häftlinge 54 bis 60 Stunden in der Woche. Das KZ Mauthausen war das einzige Konzentrationslager der Kategorie III auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. Die Kategorie III bedeutete „Vernichtung durch Arbeit“.
Nach der Einrichtung der Nebenlager wurden die Häftlinge auch für die Rüstungsproduktion eingesetzt. Im Bunker im oberösterreichischen Redlzipf zum Beispiel wurden Triebwerke für die deutschen Raketen erprobt. Die dicken Betonmauern wurden von Insassen des KZ Mauthausen errichtet, auch dabei verloren einige ihr Leben. Nicht arbeitsfähige Menschen wurden erschlagen, durch Injektionen ermordet, in Gaskammern des Lagers oder in der Euthanasieanstalt Schloss Hartheim erstickt.
„Todesstiege“ als Ort besonderer Grausamkeit
Zu den besonders furchtbaren Grausamkeiten gehörte die „Todesstiege“, eine Steintreppe, die den Steinbruch „Wiener Graben“ mit dem eigentlichen Konzentrationslager Mauthausen verband. Die Beteiligten des Steinträgerkommandos schleppten mehrmals täglich Granitblöcke über die insgesamt 186 Stufen der Treppe 31 Meter nach oben. Die „Todesstiege“ war der Ort zahlreicher Unfälle und Morde an Häftlingen, verübt durch Kapos und die SS-Wachmannschaft.

AP/Lynn Heinzerling
Über diese Stufen wurden KZ-Häftlinge zu ihrer Exekution geführt
Todesmärsche ungarischer Juden
In den letzten Kriegsmonaten wurden Tausende ungarische Juden, die als Zwangsarbeiter für den Bau des sogenannten Südostwalls eingesetzt wurden, in Todesmärschen durch die Steiermark in das KZ Mauthausen getrieben. Nach Schätzungen kamen rund 6.000 Menschen auf diesem Weg zu Tode oder wurden umgebracht. Die Häftlinge erhielten tagelang keine Verpflegung und mussten im Freien übernachten. Hilfeleistung durch die Zivilbevölkerung wurde brutal unterbunden.
Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung
Heute erinnert am Areal des ehemaligen KZ eine Gedenkstätte an die verübten Verbrechen. Zudem bietet die Dauerausstellung „Das Konzentrationslager Mauthausen 1938–1945“ einen Überblick über die Geschichte des KZ Mauthausen und seiner Außenlager. Anlässlich des 70. Jahrestags der KZ-Befreiung findet am 10. Mai die europaweit größte und internationale Gedenk- und Befreiungsfeier in der Gedenkstätte statt. Um 11.00 Uhr startet der traditionelle Gedenkzug über den Appellplatz unter Begleitung von nationalen und internationalen Chören. Der Besuch ist kostenlos, die Veranstaltung findet bei jedem Wetter statt.
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