Zensur und Kontrolle durch die Alliierten
Der Wiederaufbau einer eigenständigen Medienlandschaft nach dem Zweiten Weltkrieg war in Österreich nicht einfach. Die ersten Zeitungen, die erschienen, standen unter der Aufsicht der vier Besatzungsmächte. Erst nach und nach entstanden die Parteizeitungen von ÖVP, SPÖ und KPÖ, die aber von den Alliierten kontrolliert wurden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Nach der totalitären NS-Propaganda waren die Österreicher hungrig nach Nachrichten, doch Zeitungen waren im Frühjahr 1945 Mangelware. In Westösterreich wurden nach Kriegsende zunächst sogar sämtliche Zeitungen eingestellt. Diese gab es vorerst nur in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, wo die Sowjets das Sagen hatten. Dort erschien das Blatt der Roten Armee, das sich „Österreichische Zeitung“ nannte. In der Redaktion arbeiteten sowohl österreichische wie auch sowjetische Mitarbeiter, der Chefredakteur und die Ressortleiter kamen von der Roten Armee, die Artikel wurden zumeist von Österreichern geschrieben. Ab dem 23. August 1945 wurde das Blatt zum offiziellen Organ der sowjetischen Besatzungsmacht und am 31. Juli 1955 eingestellt.
„Neues Österreich“ als erste Nachkriegszeitung
Als erste österreichische Nachkriegszeitung und als „Organ der demokratischen Einigung“ wurde am 23. April in Wien „Neues Österreich“ gegründet. Und zwar von den Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ. Allerdings unterlag die Zeitung der ständigen Kontrolle und Aufsicht durch die Alliierten. Zu ihren prominenten Herausgebern zählte unter anderem Leopold Figl (ÖVP) und der Schauspieler Paul Hörbiger. Der Kommunist Ernst Fischer war ihr erster Chefredakteur. Anfangs erfolgreich, wurde das Blatt 1963 an einen Privatverlag verkauft und mit Februar 1967 eingestellt.

picturedesk.com/Imagno/Votava
„Neues Österreich“ wurde von den Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ gegründet
Auch Besatzungsmächte brachten Zeitungen heraus
Allmählich brachten ab Sommer 1945 auch die anderen Besatzungsmächte in ihrer Zone eigene Zeitungen heraus. Die Franzosen die „Welt am Abend“ als Abendzeitung, die Briten die „Weltpresse“ als Morgenzeitung und die Amerikaner den „Wiener Kurier“ als Mittagszeitung. Wenig später durften, allerdings unter erneuter alliierter Aufsicht und Zensur, die Parteien ihre jeweils eigene Zeitung drucken. Die SPÖ die „Arbeiterzeitung“, die ÖVP das „Kleine Volksblatt“ und die KPÖ die „Volksstimme“.
In den Bundesländern gab es ab Mitte 1945 auch Zeitungen der drei Parteien, aber auch überparteiliche Organe, so wie die „Oberösterreichischen Nachrichten“, die „Salzburger Nachrichten“, die „Tiroler Tageszeitung“, die „Vorarlberger Nachrichten“, die „Kärntner Nachrichten“ und die „Neue Steirische Zeitung“. Damit versuchten die Alliierten, den Einfluss der Parteizeitungen zu reduzieren.
Journalisten waren zunächst Mangelware
Um eine demokratisch orientierte, kritische Öffentlichkeit aufzubauen, bedurfte es der Journalisten. Viele waren aber ins Exil gegangen oder in den Konzentrationslagern ermordet worden. Die Gesinnung und Erfahrung der vielen nicht aus dem Exil Heimgekehrten fehlten beim Aufbau des Journalismus ab 1945 nachhaltig. Um neue Journalisten zu gewinnen, setzte man zum Beispiel im amerikanischen Sektor einen besonderen Schwerpunkt. „In Form von Austauschprogrammen nahmen die Amerikaner Einfluss auf die Journalistenausbildung. Journalisten wie Hugo Portisch oder Hans Dichand, die davon profitierten, haben nachhaltig die österreichische Medienlandschaft geprägt“, so Zeithistoriker Oliver Rathkolb im Gespräch mit ORF.at.
Wiederbegründung der RAVAG und Radiosender
Neben den Printprodukten setzten die Alliierten 1945 auch auf das elektrische Medium Rundfunk. In allen vier Besatzungszonen sendeten Radiostationen, das Ziel der Alliierten war, eine föderalistische Struktur von Radio- und Fernsehstationen aufzubauen. Mitte April 1945, kurz nach dem Ende der „Schlacht um Wien“, wurde die Radio Verkehrs AG (RAVAG) im damals noch rein sowjetisch besetzten Wien durch Oskar Czeija wiederbegründet.
Es wurde provisorisch damit begonnen, die von den Bomben schwer beschädigten Sendeanlagen auf dem Bisamberg wieder betriebstauglich zu machen. Die erste Sendung von Radio Wien nach dem Krieg war die Übertragung der Unabhängigkeitserklärung Österreichs am 27. April durch die von den Sowjets eingesetzte Regierung unter Karl Renner. Ab Juni wurde täglich die „Russische Stunde" mit sowjetisch-kommunistischer Propaganda gesendet. Das Funkhaus in der Argentinierstraße blieb auch nach der endgültigen Einteilung der Besatzungszonen im Juli 1945 im sowjetischen Sektor Wiens.
"Besatzungsfunk“ mit Suchmeldungen und Musik
Bald darauf gründeten auch die drei westlichen Besatzungsmächte ihre jeweils eigene Rundfunkgesellschaft. In der US-amerikanischen Zone gab es den Sender „Rot-Weiß-Rot“. Der Sender der Briten in Klagenfurt und Graz nannte sich „Großrundfunksender Alpenland“, in der französischen Zone gab es die „Sendergruppe West“. Die Inhalte der ersten Monate des „Besatzungsfunks" bestanden zu großen Teilen aus Suchmeldungen und Musik. Zensur fand bei allen Sendern statt. Im November 1945 wurde die "Stunde der Alliierten" als gemeinsame Sendung aller Rundfunksender eingeführt.
Aufgrund des heraufziehenden Kalten Krieges verlagerte sich der Schwerpunkt der amerikanischen Rundfunktätigkeit in Österreich bereits um 1946 nach Wien. So wurde das ursprünglich kleine Studio von "Rot-Weiß-Rot“ in der Seidengasse in Wien-Neubau ausgebaut und immer mehr Abteilungen von der Zentrale in Salzburg nach Wien verlegt. Schon bald avancierte „Rot-Weiß-Rot“ zum meistgehörten Sender in Österreich. Mit der wiedererlangten Souveränität Österreichs nach dem Staatsvertrag im Mai 1955 wurden alle Sender zusammengeführt, und es entstand der unabhängige Österreichische Rundfunk (ORF), der im August 1955 seinen Betrieb für Radio und Fernsehen aufnahm.
Links: