Langwierige Rettungsaktion
Nach der tödlichen, vom schweren Beben in Nepal ausgelösten Lawine auf dem Mount Everest ist die Rettung der festsitzenden Bergsteiger in den Höhencamps angelaufen. Drei Helikopter flogen ununterbrochen hinauf, twitterte der Bergsteiger Alex Gavan am Montag aus dem Basislager. Wegen der dünnen Luft in der Höhe könnten sie allerdings immer nur zwei Passagiere mitnehmen.
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Gavan schätzte, dass zuletzt mehr als 100 Bergsteiger festsaßen, weil die Aufstiegsroute zerstört war. Das Wetter auf dem höchsten Berg der Welt sei gut. Nach Angaben der indischen Armee stieg die Zahl der Toten durch die Lawine auf 22. Das Tourismusministerium Nepals sprach hingegen von 18 Toten.

AP/Azim Afif
Ein Helikopter vor seinem Rettungsflug zu Camp 1 oder 2
Helikopter brächten auch Seile und Eisschrauben nach oben, um eine neue Abstiegsroute zu legen. Die einzige Route durch den gefährlichen Eisfall, die mit vielen Leitern große Gletscherspalten überwindet, wurde durch die Lawine zerstört. Das schrieb der Bergsteiger Daniel Mazur in Nepal auf seiner Homepage.
Gespräch mit Max Santner vom Roten Kreuz
Max Santner, Leiter der internationalen Zusammenarbeit des Österreichischen Roten Kreuzes, informiert über den Stand der Rettungsbemühungen in Nepal.
Staublawine traf Basislager
Nach Einschätzung des everesterfahrenen ehemaligen Extrembergsteigers Reinhold Messner werde man sehr lange brauchen, alle Bergsteiger hinunter ins Basislager zu bringen. Der gesamte Eisbruch müsste erst wieder mit Seilen und Leitern präpariert werden. Das Basislager des Mount Everest, wo zum Start der Klettersaison zahlreiche Bergsteiger versammelt waren, war infolge des Bebens von einer Lawine getroffen worden. Das gewaltige Himalaya-Erdbeben hatte eine riesige Staublawine ausgelöst, die den Hang gegenüber dem Basislager hinabfegte. Sie traf das Lager in der Mitte und zerstörte viele Zelte.

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Die Zerstörung nach Erdbeben und Lawine
Überall im Land würden Touristen in Sicherheit gebracht, sagte Suresh Man Shrestha vom Tourismusministerium. „Wir nutzen die kleineren Helikopter der indischen Armee für die Rettungsaktionen. Wir fokussieren uns auf die Everest-Region sowie auf die am schwersten betroffenen Gebiete Gorkha, Dhading, Nuwakot und Sindhupalchok.“ Das Team Adventure Consultants teilte auf Facebook mit, alle seine Kletterer und einheimische Bergführer seien aus den Lagern eins und zwei heruntergeflogen worden.
Habeler und Messner: „Zweiklassenrettung“
Der Extrembergsteiger und Mount-Everest-Kenner Peter Habeler forderte, der Rettung der Ärmsten Priorität einzuräumen. Viele einfache Nepalesen befänden sich in einer weit schlimmeren Notlage als die im Himalaya festsitzenden Bergsteiger, sagte der 72-jährige Österreicher am Montag der Nachrichtenagentur dpa. „Diese Leute am Mount Everest zahlen viel Geld und haben alle eine Versicherung, und logischerweise werden Hubschrauber sie ausfliegen“, sagte Habeler. „Die Agenturen, die diese Hubschrauberflüge betreiben, wissen, dass sie dafür Geld bekommen. Und sie wissen auch, dass sie nichts bekommen, wenn sie irgendwo einfache Nepalesen ausfliegen, weil nämlich die Regierung kein Geld dafür hat.“
Ähnlich hatte sich zuvor Messner geäußert, mit dem Habeler mehrfach im Himalaya auf Tour war: Messner sprach im Radiosender hr-Info von einer „Zweiklassenrettung“. Habeler sagte, die Situation im Everest-Basislager auf 6.400 Meter Höhe sei viel besser als in den verschütteten Dörfern im Khatmandu-Tal. „Da fliegt der Hubschrauber drüber und sieht, dass die Häuser kaputt sind.“ Man müsse befürchten, dass es in den Tälern noch viel mehr Tote gibt als bisher bekannt.
Video von Lawine
Der deutsche Bergsteiger Jost Kobusch hielt die Momente in einem YouTube-Video fest, als die Erde bebte und die Lawine das Basislager erreichte: „Der Boden wackelt“, ruft ein Bergsteiger, bevor Chaos ausbricht und eine weiße Schneestaubwolke über die Umstehenden hereinbricht. Kurz darauf versucht Kobusch sich mit seiner Gruppe beim Küchenzelt zu sammeln - doch dieses gibt es nicht mehr.

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Ein Bild vom zerstörten Basislager
„Es war schrecklich“
„Es war schrecklich hier im Camp 1. Lawinen auf drei Seiten“, schrieb Mazur, der am Sonntag Zeuge des Lawinenabgangs wurde, auf Twitter. Der Bergsteiger Gavan berichtete auf seiner Homepage aus dem Basislager, es sei ein „riesiges Desaster“. Er sei aus seinem Zelt herausgeeilt und um sein Leben gerannt. Adrian Ballinger schrieb von der Nordseite des Everest: „Ein weiteres großes. Richtig groß. Von den Bergen um das nordseitige Basislager fielen Felsen herab.“

AP/Pasang Dawa Sherpa
Großangelegter Rettungseinsatz mit Helikopern aus unterschiedlichen Höhen
Die chinesisch-tibetische Bergsteigervereinigung bat alle Betroffenen, ins Basislager abzusteigen, bis die Nachbeben aufhören. Etliche der geschätzten rund 1.000 auf dem Everest befindlichen Bergsteiger waren zum Zeitpunkt des Bebens in höheren Camps - zudem kam es bei Nachbeben am Sonntag zu weiteren Lawinenabgängen.
Hochsaison voll im Gange
Beim bis dahin schwersten Unglück in der Geschichte des Everest-Bergsteigens waren im April des Vorjahres 16 einheimische Bergführer ums Leben gekommen. Danach sagten fast alle Teams ihre Vorhaben ab. Zum Zeitpunkt des Unglücks am Samstag war die Hauptsaison auf dem 8.848 Meter hohen Berg wieder in vollem Gange. Offiziellen Angaben zufolge bereiteten sich rund 400 Ausländer auf die Besteigung des Gipfels vor. Auch viele von denen, die im vergangenen Jahr umkehrten, kamen zurück, so auch der blinde österreichische Extrembergsteiger Andy Holzer. Er befindet sich mit seinem dreiköpfigen Team in einem Lager in 6.400 Meter Höhe in Sicherheit.
Google-Manager unter Todesopfern
Nach Angaben von Expeditionsleitern und Angehörigen sind unter den bisher geborgenen Toten ein Australier, ein US-Amerikaner und ein Chinese. Auch eine der Führungskräfte des Google-Forschungslabors Google X, der als erfahrener Bergsteiger geltende Dan Fredinburg, befindet sich unter den Toten. Die meisten Leichen seien noch im Basislager, sagte der Everest-Rettungskoordinator Ang Tshering Sherpa. Ihre Identität und Nationalität könne erst geklärt werden, wenn sie am Montag nach Kathmandu gebracht werden.
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