Ein „Architekt“ des Terrors
Wie funktioniert die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), und wie konnte sie binnen Monaten weite Landstriche im Irak und in Syrien überrennen? Zumindest ansatzweise Antworten auf diese Fragen gibt eine Recherche des deutschen „Spiegel“, der auf Strategiepapiere der Extremisten stieß.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Ein dem „Spiegel“ vorliegendes Konvolut von Strategieplänen und Organigrammen aus der innersten Führung des IS habe erstmals bestätigt, wie die Terrororganisation aufgebaut und wie ihr der Siegeszug in Syrien gelungen sei, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin zuletzt.
Stratege der IS-Offensive in Syrien
Die zumeist handschriftlichen Dokumente stammten von einem ehemaligen irakischen Geheimdienstoberst der Luftabwehr. Er habe sich 2004 der Vorgängerorganisation des IS im Irak angeschlossen und sei 2010 maßgeblich daran beteiligt gewesen, den nominellen Führer und „Kalifen“ Abu Bakr al-Baghdadi an die Spitze des IS zu bringen. Der Oberst, der unter dem Tarnnamen Hadschi Bakr bekanntgeworden sei, sei Ende 2012 nach Syrien gegangen. Er sei dort verantwortlich für die Erfolge des IS gewesen. Bakr sei im Jänner 2014 bei Gefechten von schiitischen Milizionären getötet worden.

Public Domain
Hadschi Bakr: Geheimdienstoffizier mit wenig Bezug zu religiösem Fanatismus
Prediger als Spione
In den Plänen, die der „Spiegel“ nach Recherchen in Syrien nach eigenen Angaben auswerten konnte, offenbare sich nichts von dem religiösen Fanatismus, mit dem sich der IS nach außen präsentiert. Die Dokumente enthüllten die Methoden eines hochkomplexen Geheimdienststaates, der sich auf flächendeckende Ausspionierung, Überwachung und Morde gründe. Unter dem Deckmantel islamischer Missionierungsbüros seien laut den Plänen in den Städten und Dörfern Nordsyriens als Prediger getarnte Spione ausgebildet worden. Sie sollten Machtverhältnisse und Schwachstellen der jeweiligen Orte in Erfahrung bringen.
Mörder, Entführer, Schläfer
In einem nächsten Schritt sollten charismatische Führungsfiguren und Rebellenführer von speziell etablierten Einheiten für „Ermordungen“ und „Entführungen“ beseitigt werden, um potenziellen Widerstand frühzeitig zu ersticken. Erst dann sollten militärische Angriffe erfolgen, unterstützt von „Schläferzellen“ mit Waffen und Kämpfern.
Dass diese Pläne exakt umgesetzt worden seien, hätten „monatelange Recherchen“ in verschiedenen Provinzen Nordsyriens sowie ein zweiter Aktenfund aus dem Anfang 2014 verlassenen IS-Hauptquartier in Aleppo bestätigt, so der „Spiegel“. Darin fänden sich auf Hunderten Seiten die Protokolle zur Durchführung der Ausspionierung, Überwachung und Unterwerfung eroberter Gebiete.
Link: