Leistungsschau der Elektroniker
Am Donnerstag und Freitag lassen elektronische Beats das Wiener MuseumsQuartier tanzen. Mit dem Electric-Spring-Festival verordnet sich die Stadt Wien ein Event für elektronische Musik heimischer Herkunft. Das rege Popkulturinteresse der Stadt ließ im Vorfeld auch Kritik laut werden. Der Party, die bei freiem Eintritt stattfindet, wird das wohl keinen Abbruch tun.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Dass es heute nicht mehr ausreicht, nur mit Musik aufzuwarten, wird auch bei Electric Spring offensichtlich. Versprochen ist ein Event mit viel Inszenierung. Das zeigt sich bereits zum Auftakt am Donnerstag, wenn bei Einbruch der Dunkelheit aus dem Wasserbecken des MuseumsQuartiers eine mehrere Meter hohe Fontäne wachsen wird, die der Projektionskünstler Robert Seidel farblich inszeniert und der Elektronikkünstler Richard Eigner alias Ritornell musikalisch umrahmt.

Konea Ra
Konea Ra: auch dabei im MuseumsQuartier
Dieser atmosphärische Einstieg findet dann ein abruptes Ende, wenn Hip-Hop-Aushängeschild Nazar im Anschluss den Haupthof des MuseumsQuartiers bespielt, und dabei den bösen Buben gibt, auf dessen markige Sager das Publikum genauso wartet wie auf seine international erfolgreichen Hip-Hop-Beats.
Im Fahrwasser des Popfests
Der Rest des ersten Tages bringt an mehreren Orten des MuseumQuartiers DJs und Liveformationen wie Patrick Pulsinger, Etepetete, Colostrum, Loretta Who und Konea Ra, damit das Publikum elektronisch zwischen Techno, House und Artverwandtem durch die Nacht tanzen kann. Dabei versteht sich das Festival als Plattform für „die neue, heimische Elektronik-Musik-Szene”, wie es von offizieller Seite formuliert wird. Wie nicht nur das Beispiel Nazar zeigt, bedient sich die Programmierung eines weit gefassten Elektronik- wie Novität-Begriffs, was im Vorfeld durchaus für gewisse Irritationen sorgte.
Nicht nur dass Nazar der große Headliner des letztjährigen Popfests war, das ebenso von der Stadt Wien initiiert und finanziert wird und das seit mehreren Jahren im Sommer 50.000 Menschen auf den Wiener Karlsplatz lockt. Generell war die Rede von einer gewissen Austauschbarkeit der beiden von öffentlicher Hand unterstützen Festivalveranstaltungen.

APA/Georg Hochmuth
Nazar, der Stein des Anstoßes, hier beim letztjährigen Popfest
Handgemachter Techno
Etwa auch die am zweiten Festivaltag in der Nacht auftretenden Elektro Guzzi waren Teil des letztjährigen Popfest-Line-ups. Dabei wäre das Wiener Trio, das in klassischer Bandbesetzung mit Gitarre, Bass und Schlagzeug Techno spielt, genauso wenig auf diese Präsentationsplattform angewiesen wie Nazar.
Die Band gilt bereits seit Ende der Nullerjahre aufgrund des instrumentalen Alleinstellungsmerkmals als international höchst gefragte Formation. Und ganz generell wird bei Electric Spring mit so manchen programmatischen Konventionen des als besonders cool geltenden Elektronikbereichs gebrochen.
Von Bass bis Pop
So sind es die aus der Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest einem größeren Publikum bekannten Johann Sebastian Bass, die am Freitag den pumpenden Headliner auf der Hauptbühne geben. Hier vereinen sich musikalische Welten, aber auch künstlerische Haltungen, die vor wenigen Jahren noch als nicht zu harmonisieren galten. Für alle etwas und inhaltlich möglichst breit gestreut, lautet die Devise.
Den Auftakt am Freitag auf der Open-Air-Bühne bestreitet Ankathie Koi mit Discopop, der direkt aus den 80er Jahren stammen könnte. Auch als Teil des Wiener Duos Fijuka bekannt, verfügt Koi über eine der bemerkenswertesten Gesangsstimmen im heimischen Pop, die vor allem live ihre Wirkung zu entfalten weiß.
Stadt der Visualisten
Und wer elektronische Musik sagt, muss längst auch Visuals sagen. Die projizierten Lichttapeten bilden einen weiteren Schwerpunkt bei Electric Spring, was ebenso nicht nur auf Gegenliebe stieß. Gleichzeitig zum Electric-Spring-Festival geht in Wien das international etablierte Soundframe-Festival über die Bühne, das sich schwerpunktmäßig mit diesem Aspekt elektronischer Musikkultur auseinandersetzt. Die Soundframe-Macher zeigten sich im Vorfeld medial wenig erfreut über die terminliche Legung von Electric Spring.
Elektronik als kommunale Sache
Weniger eng sieht das der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Die Nachfrage nach solchen Events sei angesichts des regen Zuzugs junger Menschen nach Wien noch nicht gesättigt, äußerte er diese Woche im Interview mit dem „Standard“.
Eine dauerhafte Unterstützung zur Etablierung des Events wurde bereits vor Monaten versichert – auch wenn sich viele daran stoßen, dass das, was ab den späten 80er Jahren die Undergroundclubs der westlichen Welt auf Trab hielt und sie in der Folge musikästhetisch eroberte, heute auch eine kommunale Angelegenheit ist.
Links: