Kampfansage gegen „versteckte Epidemie“
Die Regierung in Bangladesch hat verpflichtende Schwimmkurse in den Schulen des Landes eingeführt. Damit soll die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in den unzähligen Teichen, Seen und Flüssen des Landes ertrinken, drastisch gesenkt werden. Ertrinken gilt in dem Land wegen der hohen Opferzahlen als „versteckte Epidemie“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Laut UNO sterben jedes Jahr rund 18.000 Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren, weil sie nicht schwimmen können. Das Bildungsministerium will nun ländliche Teiche und Seen für die Schwimmstunden adaptieren lassen, wie die BBC berichtete. Auch Swimmingpools von Universitäten sollen für die Schulklassen geöffnet werden.

Reuters/Andrew Biraj
Flüsse, Tümpel und Seen werden zum Schwimmen benutzt
Kaum Schwimmgelegenheiten in Städten
Doch es gibt auch Kritik. Einige Experten sind gegenüber dem Schulfach Schwimmen vor allem in den sehr dicht besiedelten Stadtgebieten skeptisch - hier fehle es eindeutig an Schwimmbecken. Viele Tümpel seien auch zugeschüttet worden, um Spielplätze daraus zu machen, so der örtliche BBC-Korrespondent.
Die Todesopfer sind meist Kinder aus den ärmeren Schichten, die nahe Flüssen, Teichen und Seen wohnen. Teils lernen die Kinder jedoch bereits in frühen Jahren schwimmen. Teiche sind für rund zwei Drittel der etwa 160 Millionen Einwohner des Landes, das im Delta des Ganges liegt, die hauptsächlichen Badeplätze.
48 Tote durch Ertrinken pro Tag
Laut Bildungsminister Nazrul Islam Khan ertrinken durchschnittlich 48 Menschen pro Tag in Bangladesch. „Das ist eine große Zahl, rund 20-mal größer als etwa in Australien“, so der Minister zur Nachrichtenagentur AFP. Der Tod eines von vier Kindern unter vier Jahre sei auf Ertrinken durchzuführen.
Laut BBC sollen die Schulen jeden Monat einen Fortschrittsbericht über den Schwimmunterricht an das Ministerium abliefern. Bisher sei die Regierung im Kampf gegen den Tod von Kindern durch Durchfall und andere Erkrankungen erfolgreich gewesen, der Tod durch Ertrinken habe allerdings bisher kaum die Aufmerksamkeit der Politik auf sich gezogen.
Arm und dicht besiedelt
Die Volksrepublik Bangladesch gehört zu den am dichtesten besiedelten Ländern der Welt. Die fast 160 Millionen Einwohner teilen sich die 150.000 Quadratkilometer des südasiatische Staates. Bangladesch zählt auch zu den ärmsten Ländern der Welt. Viele Menschen sind unterernährt, Kinderarbeit ist verbreitet. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Islam.
Nach der Entkolonialisierung war Bangladesch mehr als zwei Jahrzehnte eine pakistanische Provinz. Nach einem Bürgerkrieg wurde es 1971 unabhängig. Seit 1991 wird es demokratisch-parlamentarisch regiert, allerdings ist es von Familiendynastien geprägt. Das Land befindet sich seit geraumer Zeit in einer politischen Krise.
Billigstarbeitskräfte für Güter für den Westen
Ökonomisch hat Bangladesch einen marktwirtschaftlichen Kurs eingeschlagen. Die meisten Erwerbstätigen arbeiten in der Landwirtschaft, vorwiegend im Reisanbau. Das Pro-Kopf-Einkommen stieg in den vergangenen Jahren stark, liegt aber laut Angaben von 2013 noch immer nur bei 840 Dollar im Jahr. Hauptexportgüter sind mit etwa 80 Prozent Bekleidungsartikel, danach weit abgeschlagen Jute- und Lederwaren sowie tiefgefrorene Meeresfrüchte. Wichtigste Abnehmer sind die USA und Europa.
Gerade in der Bekleidungsindustrie kommt es immer wieder zu verheerenden Unfällen. So starben bei einem Brand in einer Textilfabrik im November 2012 über hundert Menschen. Der Großbrand in der Fabrik Tazreen Fahsion Limited war eines der schlimmsten Unglücke in der Geschichte der Textilproduktion in Bangladesch.
Links: