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Interner Machtkampf voll entbrannt

Bei Luftangriffen im Jemen sind nach Angaben der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition die meisten Raketen im Besitz der schiitischen Huthi-Miliz und ihrer Verbündeten zerstört worden. Laut Augenzeugenberichten wurden Dutzende Waffendepots der Aufständischen in der Stadt Saada bombardiert.

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Der Koalitionssprecher General Ahmed Asseri erklärte, der Angriff auf noch verbleibende Raketen werde fortgesetzt, wo immer sie seien. Vor dem Einmarsch der Huthi-Rebellen in der Hauptstadt Sanaa verfügte die jemenitische Armee dem General zufolge über „zahlreiche Raketen und ballistische Raketen“ mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern.

Luftangriffe auf jemenitische Städte

Zuvor hatte ein ranghoher Diplomat eines Golf-Staates erklärt, die jemenitische Armee habe 300 Scud-Raketen. Von ihnen seien bei den am Donnerstag begonnenen Luftangriffen 21 zerstört worden. Der Rest könnte in die Hände der Rebellen gelangt sein. Auf Satellitenbildern seien Raketenstellungen in der Nähe zur saudi-arabischen Grenze entdeckt worden, wie der Diplomat erklärte.

Karte zu den Machtverhältnissen im Jemen

APA/ORF.at

Die von Saudi-Arabien geführte Koalition arabischer Staaten ist in der Nacht zum Donnerstag in den Konflikt im Jemen eingetreten um den Vormarsch der Huthi-Rebellen zu stoppen. Die Huthis haben in den vergangenen Monaten große Teile des Landes und die Hauptstadt Sanaa unter ihre Kontrolle gebracht. In dieser Woche stießen sie bis in die südjemenitische Stadt Aden, dem zeitweiligen Sitz der Regierung, vor. Anhänger des Ex-Präsidenten Ali Abdullah Salih unterstützen die Rebellen bei ihrem Vormarsch.

Hadi feuert Botschafter in Riad

In Aden stellen sich den Angreifern Getreue des Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi entgegen. Dabei seien seit Donnerstag 61 Menschen getötet worden, berichtete die jemenitische Nachrichtenwebsite Al-Masdar unter Berufung auf die Gesundheitsbehörde von Aden. Weitere 500 Menschen seien verletzt worden. Präsident Hadi ist aus dem Land geflohen und befindet sich derzeit in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad.

Seine erste Amtshandlung im saudischen Exil war die sofortige Entlassung des dortigen jemenitischen Botschafters. Denn den prestigeträchtigen Posten hatte der Sohn Salihs, Ahmed Ali Salih, inne. Damit ist der innenpolitische Machtkampf zwischen Hadi und Salih voll entbrannt. Hadi wirft Salih und den schiitischen Rebellen vor, vom Iran Unterstützung zu erhalten. Am Samstag forderte der jemenitische Außenminister Riad Jassin vor der Arabischen Liga den Einsatz von Bodentruppen.

Arabische Liga plant gemeinsame Streitkräfte

Der Konflikt im Jemen ist eines der Hauptthemen des zweitägigen Gipfeltreffens der Arabischen Liga im ägyptischen Scharm al-Scheich. Das sunnitische Königshaus in Saudi-Arabien will eine Ausweitung des Machtbereichs des schiitischen Iran verhindern und plant eine gemeinsame Streitmacht aus rund zehn arabischen Partnern.

USA über Krise im Jemen besorgt

Unterstützung kommt auch von den USA. Washington sicherte dem Königshaus logistische und geheimdienstliche Unterstützung für den Militäreinsatz im Nachbarland zu, auch die Entsendung von Tankflugzeugen und Awacs-Luftaufklärern ist im Gespräch. Der Konflikt am Golf von Aden droht allerdings, die Annäherung an den Iran zu durchkreuzen. Außerdem befürchtet Washington, dass das radikalislamische Terrornetzwerk Al-Kaida und die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) vom Chaos im Jemen profitieren könnten.

Bisher war die Regierung im Jemen ein Partner der USA im Kampf gegen Extremisten, seit dem Jahr 2002 flogen die US-Streitkräfte in dem Land wohl mehr als hundert Drohnenangriffe auf mutmaßliche radikale Islamisten. Nun droht ein Sicherheitsvakuum am Golf von Aden. Die US-Botschaft in Sanaa ist geschlossen, alle US-Soldaten haben das Land verlassen. „Unsere Anti-Terror-Bemühungen und die unseres Hauptverbündeten, der Saudis, haben einen bedeutenden Rückschlag erlitten“, fasste Geheimdienstexperte Bruce Riedel vom Politikinstitut Brookings die Lage für Washington zusammen.

Schatten über iranischen Atomgesprächen

Das Weiße Haus zeigte sich auch besorgt über die „iranischen Aktivitäten“ im Jemen, die zu der „Destabilisierung“ beitrügen. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats von US-Präsident Barack Obama verwies dabei auf Berichte über iranische Waffenlieferungen an die Huthi-Rebellen.

Für die USA kommt die Eskalation zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Washington will bis Dienstag eine politische Grundsatzvereinbarung über das iranische Atomprogramm unter Dach und Fach bringen. Vonseiten der US-Regierung hieß es allerdings, dass die Jemen-Krise „keine Auswirkungen“ auf die Atomverhandlungen habe. Die Gespräche im Rahmen der sogenannten 5+1-Gruppe aus den fünf UNO-Vetomächten und Deutschland drehten sich „ausschließlich um die Atomfrage“.

Länder ziehen Mitarbeiter ab

Die Vereinten Nationen (UNO) und mehrere arabische Staaten haben unterdessen begonnen, ihre Mitarbeiter aus dem umkämpften Jemen in Sicherheit zu bringen. In Sanaa begann die UNO damit, mehr als 100 Personen auszufliegen. Sie sollten auf mehrere Länder der Region verteilt werden. Die saudi-arabische Marine holte laut einem Bericht des staatlichen TV-Senders Al-Echbarija vom Samstag Dutzende Diplomaten mehrerer Länder aus Aden ab und brachte sie in die saudi-arabische Hafenstadt Dschidda.

Auch Pakistan will Hunderte von Landsleuten aus dem umkämpften Jemen zurück nach Hause bringen. Dazu würden am Sonntag zwei Großraumflugzeuge entsandt, sagte ein Vertreter des pakistanischen Verteidigungsministeriums. Die saudi-arabischen Luftfahrtbehörden hätten dafür grünes Licht gegeben. Pakistan hat sich bisher nicht festgelegt, ob es das Bündnis militärisch unterstützen wird.

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