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„Micky-Maus-Reform“

Erwartungsgemäß kaum ein gutes Haar hat die Opposition am Mittwoch im Nationalrat an den Steuerreformplänen der Bundesregierung gelassen. Das Volumen von 4,9 Milliarden Euro wurde immerhin positiv aufgenommen. FPÖ, Grüne, Team Stronach (TS) und NEOS vermissten aber die Nachhaltigkeit und forderten Strukturreformen.

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FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache ortete lediglich eine „Micky-Maus-Reform“. Zwar gebe es eine Tarifumschichtung, doch die Menschen bekämen dadurch nur das zurück, was ihnen die kalte Progression seit 2009 weggenommen habe. Auch jetzt sei die Chance verpasst worden, dieses Problem nachhaltig auszuschalten. Im Übrigen müsse der Staat bei sich selbst zu sparen anfangen.

„Problematische“ Finanzierung

Enttäuscht von Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte sich die grüne Klubchefin Eva Glawischnig, weil die Reform jeglichen ökologischen Lenkungseffekt vermissen lasse. Der Minister rede sich auf Maßnahmen im europäischen Gleichklang aus, doch Österreich stehe beim Klimaschutz im Europa- und auch im OECD-Vergleich schlecht da. Niedrig- und damit Fraueneinkommen profitierten zu wenig von der Reform, zudem würden große Erbschaften und Stiftungen nicht angegriffen.

Heinz Christian Strache am Rednerpult im Parlament

APA/Herbert Pfarrhofer

Strache eröffnete den ersten Schlagabtausch im Parlament

Waltraud Dietrich (TS) bewertete die Finanzierung der Reform als „absolut problematisch“ und rieb sich an den geplanten Betrugsbekämpfungsmaßnahmen etwa durch die Registrierkassenpflicht. Kritik am „automatischen Inkassobüro namens kalte Progression“ übte auch NEOS-Klubchef Matthias Strolz. Der Regierung gebühre ein „Nicht genügend“, denn der Abgabendruck werde wieder steigen, es werde nicht in Bildung, Innovation und Forschung investiert.

„Notorisches Schlechtreden“

Bei den Regierungsfraktionen ließ man all das nicht gelten. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder erinnerte an das Volumen der Reform und die breite Entlastung der Arbeitnehmer und auch Pensionisten. Reinhold Lopatka (ÖVP) verwies auf weitere geplante Reformschritte und sah keinen Anlass für das „notorische Schlechtreden“ durch die Opposition.

„Eine beachtliche Leistung“

Kanzler Werner Faymann (SPÖ) präsentierte zuvor die Reformpläne und hielt im Rahmen der Nationalratssitzung unter anderem fest: „Eine Senkung der Lohnsteuer in der Höhe von 17 Prozent - in einer Zeit, in der Europa noch immer in der Krise steckt - ist eine beachtliche Leistung.“ Jetzt gehe es Faymann zufolge darum, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Wichtig sei zudem, dass die Entlastung für die Bevölkerung auch individuell spürbar sei.

„Mit dieser Steuerreform beleben wir die Konjunktur, entlasten die Bürgerinnen und Bürger und schaffen zusätzlich eine budgetneutrale Vorgangsweise“, so Mitterlehner. Dem Vizekanzler zufolge würden die Selbstständigen und die Arbeitnehmer und auch die Pensionisten und Familien von der Reform profitieren: „Es ist daher keine Steuerreform für eine Partei, sondern für Österreich.“

Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner

APA/Herbert Pfarrhofer

Die Kritik trifft auf wenig Verständnis bei der Regierungsspitze

„Betrug darf kein Geschäftsmodell sein“

Die spätere Kritik vorwegnehmend wies der Vizekanzler in seiner Stellungnahme die Kritik der Opposition zurück. So konnte der ÖVP-Chef nicht nachvollziehen, was denn an der Registrierkassenpflicht so schlecht sei. Jeder kenne die Frage: „Brauchen Sie eine Rechnung?“ In Österreich sei das immer toleriert worden, was nun eben geändert werde: „Es kann doch nicht Schwarzarbeit oder Betrug ein Geschäftsmodell sein.“

Auch dass für die Familien zu wenig getan werde, stimmt für den Vizekanzler nicht. Mitterlehner erinnerte daran, dass ja jüngst die Familienbeihilfe erhöht worden und auch die Kinderbetreuung stark ausgebaut worden sei. Die Regierung habe hier also einen Ansatz gewählt, der weit über die Steuerreform hinausgehe.

„Nachrechnen, überlegen“

Dass es keine ökologische Steuerreform wurde, sieht der Wirtschaftsminister der Wettbewerbsfähigkeit geschuldet. Diese könnte nur durchgeführt werden, wenn sie international akkordiert sei. Und wer sich daran stößt, dass die Grunderwerbssteuer erhöht wird, dem riet Mitterlehner: „Nachrechnen, überlegen, bewerten wäre ganz gut.“ Denn hier erwarte die Regierung nur 35 Millionen, während SPÖ-Wünsche wie Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer sich in einem Bereich von 500 Millionen bewegt hätten.

Gleichzeitig mit der Nationalratssitzung hatte sich Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zu einem ersten Gespräch mit Vertretern aller Parlamentsparteien getroffen. Schelling sprach von einem „konstruktiven“ Gespräch - die Regierung ist für die Lockerung des Bankgeheimnisses ja auf die Stimmen von FPÖ oder Grünen angewiesen. Die Opposition kritisierte, dass es bisher nichts Konkretes gebe, und forderte von Schelling, möglichst rasch Gesetzesentwürfe vorzulegen. Die Regierung will die Steuerreform im Juli, bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause, vom Nationalrat beschließen lassen.

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