Schlechtwetter an Absturzort erwartet
Einsatzkräfte haben einen der Flugschreiber der in den französischen Alpen abgestürzten Germanwings-Maschine gefunden. „Eine Blackbox wurde gefunden und wird den Ermittlungsbehörden übergeben“, sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve am Dienstagabend in der Ortschaft Seyne nahe der Absturzstelle.
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„Diese Blackbox wird in den kommenden Stunden ausgewertet werden, sie wird die Ermittlungen voranbringen.“ Der Airbus A320 mit 150 Menschen an Bord war auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf aus bisher unbekannter Ursache abgestürzt. Vermutlich überlebte keiner der Insassen, unter ihnen 67 Deutsche, die schwerste Flugzeugkatastrophe in Frankreich seit mehr als 30 Jahren.
Unglücksgebiet in schwer zugänglichem Alpenmassiv
Die Absturzstelle liegt in einem schwer zugänglichen Berggebiet wenige Kilometer entfernt von den kleinen Gemeinden Le Vernet und Prads-Haute-Bleone im Südosten Frankreichs. Das Gebiet in den Alpen ist nur aus der Luft oder zu Fuß zu erreichen. Nach den Angaben des Innenministers sind Hunderte von Soldaten der Gendarmerie sowie etwa ebenso viele Feuerwehrleute, zehn Helikopter und ein Militärflugzeug rund um den Absturzort in den südostfranzösischen Alpen im Einsatz.

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In diesem Gebiet stürzte der Airbus 320 ab
Auf ersten Fotos und Videoaufnahmen aus der Luft ist zu erkennen, dass Trümmerteile über weite Teile eines zerklüfteten Bergeinschnitts verteilt sind. Größere Wrackteile waren zunächst nicht auszumachen. Die Flugzeugreste sollen in einer Höhe zwischen etwa 1.600 und 2.000 Metern verteilt sein. Im Bereich der meist kargen Absturzstelle sind wenige Baumgruppen zu erkennen. Überwiegend ist die Gegend von Felsstücken und Schotterhängen geprägt.
Behinderungen durch Schlechtwetter erwartet
Nach der Germanwings-Flugkatastrophe droht schlechter werdendes Wetter die Arbeit der Einsatzkräfte in den französischen Alpen zu erschweren. An der Absturzstelle dürfte es bald regnen oder schneien, sagte Gendarmeriechef David Galtier am Dienstag in der Ortschaft Seyne, wo eine Einsatzzentrale eingerichtet wurde. Damit werde die Aufgabe erschwert, den Unglücksort für die Ermittlungen abzusichern.
Der französische Wetterdienst hat für den frühen Abend Schnee oder Regen in der Region vorhergesagt, wo zuvor noch gutes Wetter geherrscht hatte. Galtier verwies zudem erneut auf den sehr schwierigen Zugang zu der Absturzstelle in einem steilen Gebirgsmassiv. Die Einsatzkräfte müssten von Helikoptern aus abgeseilt werden, sagte der Gendarmeriechef. Auch sollten Beamten zu Fuß zu der Absturzstelle gelangen.
Rätselhafter Sinkflug
Der Grund für den Absturz eines Germanwings-Airbus war bis zuletzt rätselhaft. Wie Germanwings-Geschäftsführer Thomas Winkelmann bei einer Pressekonferenz sagte, begann die Maschine lediglich eine Minute, nachdem sie ihre planmäßige Flughöhe erreicht hatte, offenbar ohne Absprache mit den Fluglotsen mit einem Sinkflug. Auf einer Höhe von rund 1.800 Metern ist der Kontakt zu den Fluglotsen in Frankreich abgebrochen.

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Am Felsen zerschellt?
Einem Augenzeugen zufolge habe die Unglücksmaschine möglicherweise eine Felswand getroffen. Ein Bewohner aus der Region Alpes-de-Haute-Provence habe die Trümmer von einem Gebirgspass aus gesehen, berichtete die Zeitung „La Provence“. „Von da oben konnte ich die Trümmer sehen. Ich habe keinen Zweifel, dass das Flugzeug gegen die Felswand geprallt ist“, zitiert die Zeitung den Einwohner.
Das abgestürzte Flugzeug liegt nach Angaben eines französischen Abgeordneten komplett in Trümmern. „Das Flugzeug ist total zerstört“, teilte Christophe Castaner, Abgeordneter der Region Alpes-de-Haute-Provence, am Dienstag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Er habe die Unfallstelle gemeinsam mit Innenminister Bernard Cazeneuve überflogen. „Entsetzliche Bilder in dieser Berglandschaft. Es bleibt nichts außer Trümmern und Körpern.“
Kein Notruf abgesetzt
Der Airbus 320 wurde routinemäßig erst am Montag von Technikern der Lufthansa überprüft. Der letzte gründliche Check fand dem Sprecher zufolge „planmäßig im Sommer 2013“ statt. Die französische Flugaufsicht erklärte, dass von dem Flugzeug kein Notruf abgesetzt worden sei. Stattdessen hätten dann die Fluglotsen eine Notsituation erklärt.

Reuters/Jean-Paul Pelissier
Militär, Gendarmerie und Feuerwehr sind im Einsatz
Derzeit wird nach den Worten des französischen Premierministers Manuel Valls keine Unglücksursache ausgeschlossen. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann keine Hypothese ausgeschlossen werden“, sagte Valls am Dienstagnachmittag im französischen Parlament.
Österreichische Behörden überprüfen Passagierliste
Ob sich auch Österreicher an Bord des Unglücksflugs 4U-9525 befanden, war am Dienstagnachmittag noch unklar. Der Sprecher des Außenministeriums, Martin Weiss, sagte am Dienstag auf Anfrage der APA, es habe sich um einen Schengen-Flug gehandelt, die Passagiere seien daher nicht zur Ausweisleistung verpflichtet gewesen. Man sei daher dabei, die Passagierliste des Airbus durchzuarbeiten.
Das Außenministerium sei mit den Krisenstäben in Frankreich und Deutschland sowie mit Germanwings in Kontakt. Der Sprecher bat Angehörige von möglichen Opfern, sich bei der Hotline des Bürgerservice unter der Telefonnummer 0501150-4411 zu melden.
Keine Hinweise auf terroristischen Hintergrund
Zur Frage, ob es sich um einen Terroranschlag handelt, gab es von französischer Seite keine offiziellen Aussagen. Das Weiße Haus in Washington geht nicht von einem terroristischen Hintergrund aus. „Es gibt derzeit keine Anzeichen für einen Zusammenhang mit Terrorismus“, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Bernadette Meehan.
Auch deutschen Sicherheitsbehörden zufolge gibt es keinen Hinweis auf einen terroristischen Anschlag. Zur Absturzursache hätten die französischen Kollegen zunächst nichts mitgeteilt, sagte ein Sprecher der deutschen Flugsicherung. Laut dem spanischen Flughafenbetreiber Aena war die Germanwings-Maschine um 9.55 Uhr in Barcelona gestartet.
Polizei prüft Videos vom Einstieg der Passagiere
Die spanische Polizei hat in Barcelona mit der Überprüfung der Videoaufzeichnungen vom Einstieg der Passagiere in die Unglücksmaschine begonnen. Das gehöre zu den Ermittlungen im Zusammenhang mit der Katastrophe, verlautete aus Polizeikreisen. Die Überprüfung der Aufzeichnungen der Sicherheitskameras solle dazu beitragen, möglichst viele Details, die Klarheit über das Unglück bringen könnten, zu beschaffen.

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Pressekonferenz mit der spanischen Verkehrsministerin Ana Maria Pastor Julian, Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve, Umweltministerin Segolene Royal und dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier
Einige Germanwings-Crews traten Dienst nicht an
Der Vorstandschef der Lufthansa, Carsten Spohr, reagierte im Kurznachrichtendienst Twitter entsetzt auf den Absturz der Maschine der Tochtergesellschaft Germanwings: „Wenn unsere Befürchtungen sich bewahrheiten, ist heute ein schwarzer Tag für die Lufthansa. Mein tiefstes Mitgefühl gilt den Familien und Freunden unserer Passagiere und Besatzungsmitglieder“. „Wir wissen noch nicht, was mit Flug 4U9525 passiert ist“, hieß es in Spohrs Stellungnahme weiter. Der Flughafen Düsseldorf wie auch die Fluglinie Germanwings haben Hotlines eingerichtet.
Am Abend bestätigte Lufthansa einen Bericht von „Spiegel online“, nachdem einige Germanwings-Crews am Dienstag ihren Dienst nicht angetreten hatten. Sie hätten aber ausschließlich persönliche Gründe genannt, sagte ein Lufthansa-Sprecherin in Frankfurt. Wie viele Beschäftigte es waren und an welchen Flughäfen, war zunächst unklar. Der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit war nicht bekannt, dass sich Crews geweigert hatten, zu fliegen.
Trauer und Fassungslosigkeit
Frankreichs Innenminister Cazeneuve wollte sich an die Unglücksstelle begeben. Präsident Hollande versicherte der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel seine Anteilnahme. Sie selbst sicherte den Betroffenen „Hilfe und Beistand“ der Bundesregierung zu - mehr dazu in iptv.ORF.at
Das spanische Königspaar Felipe VI. und Letizia brach seinen gerade begonnenen Staatsbesuch in Paris ab. Der König sprach von einer „fürchterlichen Katastrophe“ und drückte allen betroffenen Familien sein aufrichtigstes Beileid aus. Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy äußerste sich „schockiert“ über den Absturz. Es handle sich um eine „Tragödie“, so Rajoy auf Twitter. „Wir arbeiten eng mit den französischen und deutschen Behörden zusammen.“
EU-Spitze kondolierte Opferfamilien
Die EU-Spitzen kondolierten den Opferfamilien. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte am Dienstag in Brüssel, die Nachricht habe ihn tief bestürzt: „Mein Herz ist bei den Familien und Freunden der Opfer. Diese Tragödie trifft besonders die Hinterbliebenen, aber sie trifft auch uns alle.“ Er sprach den Menschen in Deutschland, Frankreich und Spanien sein Beileid aus. EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach den Familien am Dienstag im Namen der Europäischen Union das tiefste Beileid aus. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck reagierte bestürzt.
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