Kein Kontakt zu südlichen Inseln
Die Nothilfe für den von Zyklon „Pam“ verwüsteten Pazifikstaat Vanuatu läuft auf Hochtouren. Mehrere Frachtmaschinen aus Australien und Neuseeland landeten am Sonntag und Montag auf dem beschädigten Flughafen der Hauptstadt Port Vila.
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Flugzeuge der australischen Luftwaffe brachten Lebensmittel, Zelte und Medikamente, Neuseeland lieferte Kettensägen, Generatoren und Trinkwasser. Einige Geschäfte hätten bereits wieder geöffnet, berichtete der deutsche Honorarkonsul Jörg Michael Schwartze. In Port Vila funktionierte die Wasserversorgung am Montag lediglich im Stadtzentrum. Ebenfalls nur in Teilen der Stadt gab es Strom. Für die Tausenden Obdachlosen wurde mit der Errichtung von Behelfsunterkünften begonnen.
Kommunikationsnetz zusammengebrochen
Das Schicksal von Zehntausenden Menschen ist weiter ungewiss, da zu den anderen Inseln des Staates noch immer kein oder kaum Kontakt besteht. Viele der Inseln, auf denen gut 30.000 Einwohner leben, sind nur in ein oder zwei Tagesreisen per Boot zu erreichen. Erste Berichte lassen allerdings nichts Gutes erahnen. Laut der Hilfsorganisation Care sind die Schäden auf der Insel Tanna im Süden Vanuatus noch viel schlimmer als in Port Vila.

AP/UNICEF
Viele Straßen sind nicht oder nur schwer passierbar
„Wir machen uns langsam ein Bild von Port Vila, aber es gibt keine Informationen aus dem Süden“, sagte die Rotkreuz-Regionalchefin Aurelia Balpe. Die Inseln seien teilweise sehr flach, hätten nur schlecht gebaute Hütten und keine Evakuierungszentren, so Helen Szoke, die Vorsitzende der Hilfsorganisation Oxfam Australien. „Unsere Kollegen befürchten jede Menge Opfer.“ Ihr Kollege Colin Collett van Rooyan, Leiter des Oxfam-Büros in Port Vila, schloss nicht aus, dass mehr als ein Drittel der 250.000 Einwohner im ganzen Land obdachlos geworden seien. Die Zahl der Todesopfer ist weiter ungewiss. Bisher bestätigt sind mindestens acht Tote.
Das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF begann mit ersten Nothilfemaßnahmen, die Caritas richtete ein erstes Hilfskomitee ein. Neben Australien und Neuseeland sagten auch die Vereinten Nationen und die Europäische Union Hilfe in Millionenhöhe zu. „Pam“, einer der mächtigsten Zyklone aller Zeiten, war in der Nacht auf Samstag über den Südpazifik gefegt. Der Wind wehte mit Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometern in der Stunde und riss alles mit.
Schäden an neun von zehn Häusern
Laut australischem Wetterdienst änderte „Pam“ in letzter Minute die Richtung und zog näher an Port Vila vorbei als vorhergesagt. In der Hauptstadt leben rund 50.000 Menschen - etwa 90 Prozent der Häuser sollen beschädigt worden sein. „Vanuatu hat ein Desaster dieses Ausmaßes in seiner jüngeren Geschichte noch nicht erlebt“, sagte Sune Gudnitz, Chef des Pazifikbüros der OCHA. „Wir haben Tote gesehen, möglicherweise gibt es viele Tote, aber das können wir noch nicht sagen.“ Es gebe Berichte über „ausgedehnte Zerstörungen“, Trümmer auf den Straßen und großflächige Überschwemmungen.

APA/EPA/Graham Crumb/UNICEF Pacific
Manche Häuser trug der Tropensturm einfach davon
Auch Nachbarstaaten Vanuatus meldeten schwere Schäden, darunter Neukaledonien und die Salomonen-Inseln. In Tuvalu seien 45 Prozent der 10.000 Einwohner schwer getroffen, sagte Regierungschef Enele Sopoaga im neuseeländischen Rundfunk. „Wir machen uns Sorgen, ob Nahrung, Trinkwasser und Arzneimittel reichen.“ Am Montag erreichte der Zyklon die Region von Neuseeland. Hundert Bewohner von East Cape wurden vorsorglich in Sicherheit gebracht. Der Wetterdienst warnte vor Sturmfluten. Schäden wurden aber zunächst nicht gemeldet.
Präsident macht Klimawandel mitverantwortlich
Vanuatus Präsident Baldwin Lonsdale machte am Montag den Klimawandel für den verheerenden Tropensturm mitverantwortlich. „Der Meeresspiegel steigt, das Wetter ändert sich“, sagte er dem australischen Sender ABC. „In diesem Jahr hatten wir mehr Regen, die schweren Niederschläge der vergangenen Wochen waren weit mehr als das, was wir früher erlebt haben.“ Klimaexperten warnen seit Jahren, dass die Treibhausgase in der Atmosphäre regional zu intensiveren Stürmen führen können.
Bereits am Samstag hatte Lonsdale bei einer Konferenz der Vereinten Nationen zum Umgang mit Naturkatastrophen und Klimawandel im japanischen Sendai um internationale Hilfe gebeten. „Unsere Hoffnung auf eine blühende Zukunft ist zerstört“, sagte Lonsdale um Fassung ringend vor den Delegierten der UNO-Konferenz. Während der wärmeren Monate kommt es im Pazifik immer wieder zu Wirbelstürmen. Vor einem Jahr hatte der Zyklon „Lusi“ in Vanuatu schwere Schäden angerichtet, elf Menschen kamen ums Leben. Der bisher stärkste Sturm in der Region war dem Wetterdienst in Fidschi zufolge „Zoe“ im Jahr 2002.

APA/EPA/Dave Hunt
„Pam“ zog eine Schneise der Verwüstung durch die Hauptstadt Port Vila
Der Inselstaat Vanuatu liegt rund drei Flugstunden nordöstlich von Brisbane an der australischen Ostküste. Auf rund 80 Inseln leben etwa eine Viertelmillion Menschen. Anders als andere Pazifiknationen hat Vanuatu Berge und Hochplateaus. Ein Drittel des Landes liegt auf einer Höhe von mehr als 300 Metern. Die meisten Menschen wohnen aber an den Küsten. Im November 2013 war der Taifun „Haiyan“ vom Pazifik über die Philippinen hereingebrochen. Mehr als 7.000 Menschen kamen ums Leben. „Haiyan“ war der bisher stärkste Taifun, der je auf Land getroffen ist.
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