Themenüberblick

Harsche Kritik aus Bayern

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat am Donnerstagabend bei einer Publikumsdiskussion mit seinem österreichischen Kollegen Hans Jörg Schelling (ÖVP) in Wien im Hypo-Streit abgewiegelt. In Brüssel hatte Schäuble diese Woche erklärt, dass es in der Causa rechtliche Auseinandersetzungen geben werde.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Ein rechtliches Vorgehen Deutschlands werde aber „die vertrauensvolle Zusammenarbeit unserer Länder nicht berühren“, sagte Schäuble in Wien. „Um Himmels willen“, so der deutsche Minister: Würden rechtliche Auseinandersetzungen dazu führen, dass man nicht mehr miteinander rede, „dann müssten wir unsere Gerichte abschaffen“ und die Anwälte, die von Auseinandersetzungen lebten.

Im Interview in der ZIB2 erinnerte Schäuble später daran, dass die Hauptprobleme mit der früheren Hypo Alpe-Adria und deren Abwicklung bei Österreich liegen. Es gebe „schwierige Entwicklungen in der Bank“, die Österreich einige Probleme bereiteten, so Schäuble. Besonders sei Bayern betroffen, aber mittelbar auch der deutsche Staat.

Finanzminister sind „alle verantwortliche Menschen“

Im Milliardenstreit zwischen der früheren Hypo-Mutter BayernLB und der Republik, die die Hypo aus Bayern kommend 2009 notverstaatlicht hatte, schloss der Deutsche wie zuletzt weitere Rechtsstreitigkeiten nicht aus, indirekt auch nicht ganz neue Klagen. Auf eine Taktik oder Einzelheiten wollte Schäuble aber nicht eingehen. Die Beziehungen zwischen Berlin, München und Wien würden darunter aber keinesfalls leiden - weder politisch, noch wirtschaftlich oder menschlich.

Die drei beteiligten Finanzminister jedenfalls, also er selbst, Schelling und Bayerns Markus Söder (CSU), seien „alle verantwortliche Menschen“, betonte Schäuble. Keiner von ihnen wolle im schwierigen Thema Folgeschäden riskieren: „Das wird nicht stattfinden“, so der konservative deutsche Politiker.

Folgeschäden in Bayern möglich

Söder hatte zuvor im bayerischen Landtagshaushaltsausschuss gesagt, man spüre in der Bundeshauptstadt, dass die Angelegenheit eine „neue Dimension“ erreicht habe. Er gehe davon aus, dass das Debakel um die Hypo Alpe-Adria und ihre Abwicklungsbank Heta den bayerischen Staatshaushalt sieben Jahre nach dem Beinahekonkurs der Bayerischen Landesbank (BayernLB) erneut unter Druck bringen könnte. Zwar erwartete der Finanzminister für das laufende Jahr noch keine Probleme, wollte Folgeschäden aber nicht ausschließen.

Die verstaatlichte BayernLB führt mehrere Prozesse in München und Wien, um Kredite in Höhe von 2,4 Milliarden Euro wiederzubekommen, die sie ihrer ehemaligen Tochter Hypo Alpe-Adria gewährt hatte. Bisher war für die Forderung keine Risikovorsorge in der BayernLB-Bilanz vorgesehen, weil die Rechtsposition aus bayerischer Sicht als sicher und die Gewährleistung durch die Gebietskörperschaften in Österreich als zuverlässig galt.

„Größte Herausforderung der nächsten Jahre“

Söder wiederum ist bei der Aufstellung des Staatshaushalts von jährlichen Rückzahlungen der Staatshilfe durch die Landesbank in Höhe von 430 Mio. Euro ausgegangen, zu der sich die Bank auch gegenüber der EU-Kommission im Zuge des Beihilfeverfahrens verpflichtet hat. Ohne den Geldfluss aus Österreich würden sich im Staatshaushalt Finanzierungslücken und bei der BayernLB tief rote Zahlen ergeben. Der Streit mit Österreich um die BayernLB-Forderungen bleibe „die größte Herausforderung der nächsten Jahre“, wiederholte Söder.

Er warf der österreichischen Seite vor, nicht ernsthaft zu verhandeln. Gespräche auf einer Basis, die für die bayerische Seite auf „Totalverzicht“ hinausliefen hätten ebenso wenig Sinn wie Angebote, die bayerischen Forderungen mit Papieren befriedigen zu wollen, die „aus Regionen der Welt stammen, die man nicht als valide einstufen würde“, sagte Söder.

Kritik auch von Oppositionsseite

Auch die bayerischen Oppositionsparteien kritisierten die Zahlungsverweigerung seitens Österreichs. Der SPD-Haushaltspolitiker Harald Güller beanstandete jedoch auch das „Poltern“ von Finanzminister Söder. Aus Angst vor möglicher Verstimmung des Schuldners Forderungen gleich sein zu lassen, sei auch keine Strategie, gab Söder zurück. Auf diese Weise werde man „vom Staatsmann zum Staatsdepp“.

Der Grünen-Haushaltspolitiker Thomas Mütze nannte das Verhalten Österreichs „rechtswidrig“. Auslöser des Problems für Bayern und die BayernLB sei aber der Kauf der Hypo Alpe-Adria im Jahr 2007 und dafür wiederum „der Größenwahn der CSU“. Österreich versuche offensichtlich nach dem Vorbild Griechenlands, sich mit fragwürdigen Tricks vor seiner Verantwortung zu drücken, erklärte der finanzpolitischer Sprecher der Freien Wähler, Bernhard Pohl.

FMA werde Schritt „bitter bereuen“

Das vergangene Woche von der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Wien verkündete Schuldenmoratorium bis Mitte 2016 wird Österreich nach Ansicht Pohls „noch bitter bereuen“. Der CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch meinte, auf mittlere Sicht werde Bayern Vorteile aus dem Verhalten der FMA ziehen, weil ausländische Investoren Österreich den Rücken kehren und sich auf der Suche nach zuverlässigen Standorten in Europa unweigerlich dem Freistaat zuwenden würden.

Der CSU-Abgeordnete Karl Freller rief alle im Landtag vertretenen Parteien zum „Zusammenhalten“ auf. Gegenüber Österreich seien „klare Ansagen“ nötig. Immer wenn es „in die Hose geht“, sollten die Sozialdemokraten die Suppe mit auslöffeln, meinte der SPD-Parlamentarier Güller.

Links: