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FMA soll Anzeige erstattet haben

Nachdem zuletzt Experten den Verdacht frisierter Bilanzen bei der früheren Kärntner Hypo nicht ganz ausgeschlossen hatten, soll den auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) hegen. Laut Berichten von „Standard“ und „Profil“ liegt eine Anzeige vor.

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Bereits seit Jänner ermittle die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf Basis dieser Anzeige, datiert mit Ende 2014. Geprüft wird laut „Standard“ (Samstag-Ausgabe), ob für das Jahr 2009 „die Beteiligungen und Finanzierungen im Jahresabschluss fehlerhaft bewertet wurden“. Außerdem stehe die Frage im Raum, „ob auf Konzernebene die Wertberichtigungen für die Leasinggesellschaften und Kredite ausreichend gewesen sind“. Basis für die Anzeige sei ein Gutachten, erstellt vom Grazer Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner, in dem dieser zu dem Schluss gekommen sei, dass seinerzeit die betreffenden Wertberichtigungen „um rund drei Milliarden“ zu gering ausgefallen seien.

Die Anzeige richte sich allgemein gegen die seinerzeitige Führungsebene der Bank, Namen nenne die FMA keine. Die potenziellen Verantwortlichkeiten sind - wie in der Causa Hypo üblich - komplex: Die Hypo Group Alpe Adria (HGAA) gehörte bis 14. Dezember 2009 mehrheitlich der Bayerischen Landesbank (BayernLB), dann folgte die Verstaatlichung. Die Bilanz wurde erst danach erstellt, am 16. März 2010 vorgelegt und vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte testiert.

„Ausschließlich unter Verantwortung der Republik“

Laut „profil“ (Montag-Ausgabe) wurde der Jahresabschluss noch vom alten Management aus der BayernLB-Ära unterfertigt. Der am 21. Jänner 2010 neu bestellte Aufsichtsrat der Hypo wurde von Johannes Ditz geleitet, weitere Mitglieder waren Kontrollbank-Vorstand Rudolf Scholten, Helmut Draxler und Alois Steinbichler. Von 1. Juni 2009 bis 24. März 2010 war Franz Pinkl Vorstandschef der Bank gewesen. Der Verlust im Hypo-Konzern hatte 2009 bei einer Bilanzsumme von knapp über 41 Mrd. Euro fast 1,6 Milliarden betragen.

Auf Anfrage habe die BayernLB dem „profil“ eine Stellungnahme der Hamburger Medienanwältin Tanja Irion übermitteln lassen. „Der Verdacht der Bilanzfälschung durch Mitarbeiter unserer Mandantin entbehrt jeglicher tatsächlicher Grundlage“, heiße es darin. Und weiter: „Die BayernLB kann zu der Bilanzlegung des Geschäftsjahres 2009 keine Aussagen treffen, da diese ausschließlich unter der Verantwortung und der alleinigen Eigentümerschaft der Republik Österreich im Jahr 2010 erstellt wurde.“

Spekulationen über „Bilanzverschönerung“

Die Debatte über mögliche frisierte Geschäftszahlen bei der Hypo war schon vor wenigen Tagen im Zusammenhang mit dem kürzlich bekanntgewordenen Milliardenloch bei der Hypo-Abbaugesellschaft Heta hochgekocht. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) wies dabei entsprechende Vorwürfe, die von der Opposition, allen voran NEOS, erhoben worden waren, zurück. Er sprach vom Versuch, „politisches Kleingeld“ mit der Causa zu machen. Allerdings zeigte auch er sich mit der Bilanzierungspraxis nicht zufrieden. Seit 2000 hätten die Zahlen „nie gestimmt“.

Der Finanzexperte Werner Doralt ortete Fehler „offenkundig in den früheren Bilanzen“, wie er am Dienstag im Ö1-Morgenjournal sagte. Wenn man erst jetzt das Loch in der „Bad Bank“ Heta entdeckte habe, dann habe das auch schon vor einem Jahr bestanden. Es sei „vollkommen klar“, dass „auch die früheren Bilanzen falsch waren“. Schließlich seien keine neuen Umstände bekanntgeworden, nach denen sich neue Bewertungen ergeben hätten - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Für Doralt ist klar, dass sich „Bilanzbehübschung“ in großen Dimensionen nicht mehr im Bereich eines legalen Spielraums bewegt. Außerdem stellte er die „dringende“ Frage, weshalb mögliche Falschbewertungen bei Prüfungen nicht erkannt worden seien.

Jahrelang „alles paletti“

Ähnlich beurteilte Kleiner, der bereits mehrere Hypo-Gutachten erstellte, die Sachlage. Noch in den Bilanzen 2009 und 2010 seien deutliche Verluste ausgewiesen worden. 2011 und 2012 sei dann „alles paletti“ gewesen. Erst bei der Erstellung der Bilanz 2013 im Vorjahr - sei „der große Aufschrei“ gekommen. „Das fällt schon auf“, so das Resümee Kleiners im Ö1-Interview. Eine Bilanz entwickle sich ziemlich stetig, und eine Bank breche nicht in einem Jahr zusammen.

Auch Kleiner ging davon aus, dass bei den vergangenen Bilanzen getrickst wurde - sprich, die Bilanz behübscht wurde, was im Fachjargon auch als „Window Dressing“ oder „Brushing“ bezeichnet wird. Um eine Bilanz zu „verschönern“, gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Eine davon ist, schlechte Aktiva - im Fall einer Bank etwa faule Kredite - an ein Tochterunternehmen auszulagern. Damit werde zwar die Konzernbilanz auch belastet, in der Einzelbilanz scheinen die schlechten Aktiva aber nicht mehr auf.

„Wir haben derzeit keine Hinweise auf eine Bilanzfälschung“, hatte dagegen letzte Woche noch FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller gesagt - und war damit in dieser Frage auf einer Linie mit Schelling. Ein „Schönrechnen“ der Bilanz der vergangenen Jahre könne er nicht ausschließen, sollte das aber stattgefunden haben, würde es den Beruf der Bilanzprüfer „noch weiter in Zweifel ziehen“.

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