Verschwimmende Grenzen?
Von einer Medienkrise, zumeist von einer Zeitungskrise, ist seit Jahren die Rede: Auflagen gehen zurück, mit der Wirtschaftskrise brach der Anzeigenmarkt ein, und noch gibt es kein Allheilmittel, auch im Onlinebereich genügend Geld verdienen zu können. Seit einiger Zeit boomt „Native Advertising“ - die Werbung, die im journalistischen Kleid erscheint. Das sorgt wenig überraschend immer wieder für Wirbel.
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Die lange Zeit der eisernen Regel, dass journalistische Inhalte und Werbung getrennt werden müssen, scheint vorbei. Mittlerweile wird darüber diskutiert, wie sehr Mischformen wie Advertorials als solche gekennzeichnet werden sollten. Mitten in dieser für Leser oft undurchschaubaren Grauzone gibt es jede Menge Platz für Debatten und Vorwürfe - zuletzt etwa bei der „Süddeutschen Zeitung“ und beim US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“.
Anschuldigungen gegen „Süddeutsche“
So erhob ein Ex-Mitarbeiter der „Süddeutschen Zeitung“ in einem Blog den Vorwurf der Schleichwerbung gegen die Münchner Tageszeitung. Er war 2007 kurzzeitig als Redakteur für die Sonderthemenseiten der „Süddeutschen“ tätig. Nach seinen Erfahrungen habe die „Süddeutsche Zeitung“ unter den Sonderthemen Redaktion und Werbung konsequent vermischt und darüber hinaus auch Anleitungen zur Steuerhinterziehung geliefert.
Kritik zurückgewiesen
Die „Süddeutsche“ wies die Vorwürfe gegenüber dem Branchendienst Meedia inzwischen zurück. Die Kritik treffe nicht zu, so Wolfgang Krach, stellvertretender Chefredakteur der „SZ“. Man habe auf der Sonderseite über verschiedene Anlagemöglichkeiten im Ausland berichtet, von einer „Schleichwerbung für Steuerhinterziehung“ könne keine Rede sein. Auch die Aussage, wonach die Anzeigenabteilung Texte der Redaktion abnehme, sei falsch.
Texte würden ausschließlich von der Leitung des Beilagenressorts abgenommen. Darüber hinaus monierte der Vizechefredakteur der „Süddeutschen“, dass der Ex-Mitarbeiter die Chefredaktion der Tageszeitung weder damals über angebliche Verstöße gegen journalistische Grundsätze informiert noch aktuell vor Veröffentlichung seiner Vorwürfe mit der Kritik konfrontiert habe.
Fantasievolle Kennzeichnung
Mittlerweile kommt jedenfalls kaum noch ein Medium ohne „Native Advertising“ aus - und dabei geht es nicht um Boulevardmedien, sondern auch um Qualitätstitel wie „New York Times“, „Guardian“ und „Spiegel“. Bei der Kennzeichnung wird man dann auch recht kreativ: Nicht „Anzeige“ oder „Werbung“ steht über dem Text, sondern Schlagworte wie „Sponsored by“, „Powered by“, „Ein Service von“ oder „In Kooperation mit“. Experten warnen zwar regelmäßig, dass Medien damit ihr höchstes Gut, ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den Lesern, unterwandern, an der Praxis ändert das aber nichts.
„Forbes“ mit Werbung auf Cover
Zuletzt geriet das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ in die Kritik, das „Native Advertising“ nicht nur im Blattinneren, sondern gleich auf dem Cover unterbrachte. Dort wird eine bezahlte Infografik des US-Finanzdienstleisters Fidelity zum Thema Vorsorge und Pensionen im Heft beworben, berichtete das Onlinewerbemagazin Ad Age. Allerdings ist am Titel nicht zu erkennen, dass es sich um Werbung handelt. Bei „Forbes“ verstand man die Aufregung nicht: Die Werbeinfografik im Heft sei „starker Content“ des Pensionenschwerpunkts der Berichterstattung.
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