Etikettenschwindel zur Gesichtswahrung
Der EU-Gipfel hat Bewegung in den festgefahrenen Schuldenstreit der EU mit Griechenland gebracht: Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) nahmen am Freitag ihre Gespräche mit Vertretern der griechischen Regierung auf. Eigentlich wollte die neue griechische Regierung mit der Troika nicht mehr zusammenarbeiten. Die Lösung des Dilemmas: Man nennt die Troika nicht mehr Troika.
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Außerhalb Griechenlands habe niemand das Bedürfnis, die drei Institutionen unter dem Begriff Troika zusammenzufassen, sagte der Vertreter der Euro-Zone. In den Verträgen komme der Begriff ohnehin nicht vor. Regierungschef Alexis Tsipras hatte beim EU-Gipfel am Donnerstag darauf gepocht, dass die Troika „nicht mehr existiert“.
Die EU-Seite sieht das gelassen und akzeptiert die „symbolische“ Begriffskosmetik, nun wird vor allem von den „Institutionen“ gesprochen. Ein europäischer Vertreter witzelte am Freitag, die Troika könne ja von nun an „TIFKAT“ genannt werden: „The institution formerly known as troika“ („Die Institution, die früher als Troika bekannt war“).
Gehasste „Männer in Schwarz“
Geschützt von Leibwächtern prüften die „Männer in Schwarz“ in den vergangenen Jahren regelmäßig, ob Griechenland die im Gegenzug für die Milliardenhilfen der internationalen Kreditgeber vereinbarten Auflagen erfüllte. Die Regierung musste der Troika ihre Bücher öffnen, Reformen erläutern und Versäumnisse etwa beim Verkauf von Staatsbesitz rechtfertigen. Anschließend verfasste die Troika Berichte, auf deren Grundlage IWF und Euro-Zone über die Auszahlung weiterer Kredittranchen entschieden.
Wegen der öffentlichen Proteste waren die Troika-Experten schon seit Juni nicht mehr im Land. Teils fanden die Treffen deshalb in den vergangenen Monaten in Paris statt, die letzte Mission liegt allerdings drei Monate zurück.
„Wie Waterboarding“
Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis verglich in einem „Spiegel“-Interview die Methoden der Troika gar mit dem „Waterboarding“ der CIA: „Kurz vor dem Herzstillstand wird uns gestattet, ein paar Atemzüge zu nehmen. Dann drückt man uns wieder unter Wasser, und alles geht von vorn los.“ Er brachte für die Verhandlungen mit den Gläubigern erneut einen Schuldenerlass ins Spiel. „Tatsächlich wäre ein solcher besser und am Ende für die Gläubiger sogar günstiger als eine Verlängerung der Kredite.“ Jeder wisse, dass Griechenland seine derzeitige Schuldenlast ohne einen neuen Vertrag niemals werde tragen können.
Auch neues Programm möglich
Dennoch ist die Troika nun wieder am Zug: Wie am Freitag in Brüssel aus Euro-Zone-Kreisen verlautete, sollen in „technischen Gesprächen“ bis zum Treffen der Euro-Finanzminister am Montag Überschneidungen und Abweichungen vom derzeitigen EU-Hilfsprogramm identifiziert werden. Es gehe darum, „harte Fakten“ auf Papier festzuhalten.
Eine Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Hilfsprogrammes sei nicht sicher, hieß es. Die Euro-Gruppe und die „Institutionen“ könnten eine Verlängerung nur prüfen, wenn ein entsprechender Antrag aus Griechenland vorliege. „Ein neues Programm ist eindeutig eine Möglichkeit“, die nicht auszuschließen sei, hieß es in Euro-Zone-Kreisen. Die politische Diskussion über das weitere Prozedere müssten die Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel führen.
Deutschland gegen OECD als Troika-Ersatz
Griechenland wollte die Troika durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ersetzen, mit der eine Vereinbarung über die Umsetzung von Reformen abgeschlossen werden sollte. Dagegen stemmte sich aber Deutschland: Die OECD kommt aus deutscher Sicht nicht für die Überprüfung der Reformen in Griechenland infrage.
„Von was wir nicht ausgehen können, ist eine Rolle der OECD im Rahmen der Troika“, sagte der Sprecher des deutschen Finanzministeriums, Martin Jäger, am Freitag. „Wir haben hier vertragliche Bestimmungen, die ganz klar vorsehen, welche Institutionen die Erfüllung, Umsetzung des Programms überprüfen“, sagte Schäfer mit Blick auf die Hilfen für das von Staatspleite bedrohte Griechenland. „Die sind definiert und festgelegt.“ In diesem Kontext sei keine Rolle für die OECD.
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