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Neun Milliarden Dollar für Bomben

Mit einer „nuklearwaffenfreien Welt“ hat US-Präsident Barack Obama noch vor sechs Jahren Wahlkampfwerbung gemacht. Gegen Ende seiner zweiten Amtszeit scheint von der Vision des Präsidenten freilich wenig übriggeblieben. Die globale Abrüstung schreitet langsamer voran als geplant - und auch die USA selbst beabsichtigen, wieder mehr Geld in ihre Atomwaffen zu investieren.

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Im Budgetvorschlag des Weißen Hauses für 2016 sind nicht nur die Militärausgaben ganz generell gestiegen, sondern auch die speziellen Kosten für das Atomwaffenarsenal der USA. Das mag auf den ersten Blick kaum verwundern. Bereits im November vergangenen Jahres hatte der damalige Verteidigungsminister Chuck Hagel angekündigt, die in die Jahre gekommenen Nuklearstreitkräfte der USA zu modernisieren. Allerdings war damals vor allem von „systematischen Problemen“ die Rede. Diese gelte es in den kommenden Jahren zu lösen, so Hagel. Die Maßnahmen dafür lassen sich auch in dem Anfang Februar dem Kongress vorgelegten US-Budget für 2016 finden.

Arsenal „auf Jahrzehnte erhalten“

Doch die geplanten Investitionen dürften deutlich über das Lösen systematischer Probleme hinausgehen. Obama werde auch als der Präsident in Erinnerung bleiben, dessen Pläne das derzeitige US-Atomwaffenarsenal auf Jahrzehnte hinweg erhielt, schreibt Kingston Reif von der Arms Control Association (ACA) in einer Stellungnahme zum Budgetvorschlag.

Fast neun Milliarden Dollar sollen kommendes Jahr in die Erhaltung und Erneuerungen der US-amerikanischen Atomwaffen fließen - das ist ein Anstieg von über acht Prozent zum diesjährigen Budget. Im Gegensatz zu vielen anderen Punkten im Budgetvorschlag dürften diese Vorstellungen kaum auf Ablehnung der republikanischen Abgeordneten treffen.

Aus konventionell wird nuklear

Noch nicht eingerechnet in diese Summe sind allerdings jene Ausgaben, die nur unmittelbar mit Atomwaffen zu tun haben. 33,6 Millionen Dollar sollen etwa laut Budgetvorschlag in die Entwicklung einer neuen Luft-Boden-Rakete mit erhöhter Reichweite (Long-range Standoff, LRSO) fließen. Der neue Marschflugkörper der US-Air-Force soll ab 2027 zum Einsatz kommen.

Nach den Plänen des Pentagon soll die neue Waffe immun gegenüber jeglicher gegnerischer Luftverteidigung sein. „Das LSRO-Waffensystem wird hochentwickelte Luftverteidigungssysteme aus sicherer Distanz durchdringen können, um strategische Ziele zu verfolgen“, heißt es in dem Budgetvorschlag. Die LRSO soll aber nicht nur mit konventionellen, sondern auch mit nuklearen Sprengköpfen ausgerüstet werden können.

Modernisierung der Bestände

195 Milliarden Euro sind im Budgetvorschlag für die Runderneuerung des W80 genannten nuklearen Sprengkopfs vorgesehen. Über 1.000 Stück davon lagern seit Jahrzehnten im Arsenal der US-Armee. Bereits vergangenes Jahr kündigte die zum Energieministerium gehörende US-Verwaltung für Nationale Sicherheit (National Nuclear Security Administration, NNSA) an, Milliarden Dollar in die Modernisierung des Waffensystems zu stecken.

Noch größere Summen fließen bereits seit Jahren in die Modernisierung der letzten von der USA entwickelten taktischen Kernwaffe. B61-12 lautet die Bezeichnung für die jüngste Modifikation der Waffe, die schrittweise alle strategischen und taktischen Atombomben der USA ablösen soll. Im kommenden Jahr will die NNSA mehr als 643 Millionen Dollar in das Modernisierungsprogramm investieren.

Budgetiertes Geheimnis

Eines der Flugzeuge, das in zehn bis 15 Jahren sowohl mit der LRSO als auch der aktualisierten B61-Bombe bestückt werden soll, ist der in Planung befindliche neue Tarnkappenbomber der US-Air-Force. 550 Millionen Dollar soll der Long-range Strike-Bomber (LRS-B) laut dem ehemaligen US-Verteidigungsminister Robert Gates kosten. Wie das Militärportal Defense News schreibt ist noch kaum etwas über das „sprichwörtlich geheime“ Flugzeugprojekt bekannt - noch nicht einmal, welche Firma den Auftrag für den Bau erhalten soll.

Bekannt ist aber, was die Entwicklung des Bombers laut Pentagon-Vorstellungen im kommenden Jahr kosten soll: 1,2 Milliarden Dollar Entwicklungskosten sieht der Budgetentwurf für 2016 vor. Geradezu mickrig macht sich dagegen das Budget für die Entwicklung neuer Interkontinentalraketen aus. Knappe 40 Millionen Dollar sind 2016 dafür eingeplant. Laut einem Bericht des Nachrichtenblogs Daily Beast plant die Air Force in den kommenden Jahren Investitionen - obwohl selbst Hagel dagegen gewesen sein soll.

Vergleicht man die 40 Millionen für die neue Interkontinentalrakete mit einer anderen Summe, dann wirkt das veranschlagte Entwicklungsbudget freilich gar nicht mehr so gering. 48 Millionen Dollar will die NNSA 2016 für die Demontage und Entsorgung alter Atomwaffen aufwenden. Der Budgetpunkt sinkt seit Jahren. 2015 waren es immerhin noch 50, im Jahr davor 54 Millionen Dollar. Für eine Welt, „in der es keine Atomwaffen mehr gibt“, ist das eine verhältnismäßig kleine Summe.

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